Fake
Theater Installation in der Galerie Kullukcu FAKE von Rohtheater
Das Geschäft mit Gott
Kullukcu Kaun Obalski stehen für eine eigenwillige ungewöhnliche Umsetzung von Weltsicht in künstlerische Performance. In „FAKE“ beschäftigen sie sich mit dem Thema „Lüge und Fälschung“, es wird als „.. die wunderbare Verheißung der Identität mit sich selbst“ angekündigt. Die unterschiedlichen Wahrnehmungen der Welt im einzelnen Subjekt führen nicht erst seit dem Beginn der Geschichtsschreibung zu ebenso unterschiedlichen Wahrheiten. Die Grenzen zwischen gläubiger Annahme und vorsätzlicher Fehlinterpretation sind fließend. Illusion und Realität überlagern einander. Gibt es Grenzen und wenn ja, wo sind die Grenzen?
„Die Projektion von Illusion ist das Geheimnis der Manipulation.“, sagte Peter Greenaway. Und eben die Manipulation ist es, die aus dem Einzeller, der Urmasse, einen aus Milliarden Zellen bestehenden, komplexen Organismus entstehen ließ. Verdammenswert, eine gute Idee, oder gar der Weisheit letzter Schluss?
Es sind die Bilder, die uns bewegen, in denen wir uns bewegen. Ein Meer von bunten Lichtpunkten, Sternen, zierte die Wände am Beginn des Stückes. Über Kamera und geschickte Finger tauchte daraus ein graues Meer von menschlichen Köpfen und Gliedmaßen auf, wogte wie im Wind. Die futuristisch anmutende, 1953 entstandene Erzählung „Alle Namen Gottes“ von Arthur C. Clarke führte aus dem Meer in die sauerstoffarme Luft in einem Lama-Klosters im Himalaya. Viele Varianten der vergangenen Vorstellungswelten tauchten auf, ein Vogel, eine römische Büste, ein Bär, ein Totempfahl, einige Krieger und dann wieder Berggipfel. Es war der Versuch die Welt umfassend im Bewusstsein der Zuschauer zu beleben und die Formen in Erinnerung zu rufen. Der künstlerische Einfallsreichtum im Bezug auf die Ausbreitung von Bildern über Projektion ist eine der bemerkenswerten Fähigkeiten der Rohteateraktivisten. Mit passenden Klängen untermalt, von markanten Sätzen unterbrochen, entfalteten sie nicht nur durch einzelne Objekte eine verworren erscheinende Welt. Ihren Höhepunkt erreichte diese, als ein Tisch im Raum aufgebaut wurde, der Akteur Kullukcu und seine Bewegungen mit dem Hintergrund verschmolzen. Auf dem Tisch lag ausgebreitet das Spiel „Mensch ärgere dich nicht“, ebenso wie eine Reihe anderer Zeitvertreibe mit überlieferten Bedienungsregeln. Die Ernsthaftigkeit mit der das Spiel betrieben wird, stand Kaun unübersehbar in seinen Gesichtszügen. Die Spannung stieg, stieg, stieg ... in dieser anregenden aufschlussreichen erlebenswerten Performance!
c Christina Maria Pfeiffer |
Ob auch die folgenden Worte dem in der Erzählung genannten Kalkulator entstammen, bleibt offen. Geld und Gott. Beide Worte bestehen in der deutschen Sprache aus vier Buchstaben und beginnen mit dem G. Sind also leicht in Bezug zu setzen und zu verwechseln. Beide Worte haben einen Stellenwert in der Welt geschaffen, den es zu bedienen gilt. Koste es, was es wolle. Geopfert werden Menschenleben in Glaubens- und Wirtschaftskriegen und das bereits seit Tausenden von Jahren und auf der gesamten Erde. Oh Gott, oh Geld. „Die Zeit hat den Weg des Kapitals eingeschlagen.“ Und ...?
Die „Moral der Geschichte“: Sogar am „Dach der Welt“, also auf höchster, von Menschen eigenständig betretbarer Ebene, werden Geschäfte gemacht, Maschinen eingesetzt, um den Menschen zu ersetzen. Der Mensch, der im Technik- und Expansionswahn sich selbst abschafft, ist längst Realität. Er akzeptiert in diesem, seinem Aktionskreis keine Grenzen. In der Glaubens- und Verherrlichungskultur des Digitalen geht er auf, findet er scheinbare Erfüllung. Kein neuer Vorgang. Gilt es doch Mönche als Geisteswesen, als Verdränger des natürlichen Lebensalltags zu verstehen, als Beweger der Wirklichkeit. Damit stehen sie in direktem Bezug zu statisch agierenden Rechnern, in deren Kreisläufen ebenfalls Daten geriert werden. Über die Sinnhaftigkeit der einzelnen Daten ließe sich lebenslang streiten, und das sicherlich ohne eindeutiges Ergebnis!
Die Anregung aus der Performance kann darin gründen, den eigenen Schaffensdrang zu differenzieren, kanalisieren und ausgeglichener, verantwortungsbewusster damit umzugehen. Gott zu Ende bringen und sich als Teil in einer Welt bewegen, die wir gestalten. Wenn wir es wirklich wollten, wäre diese Welt morgen eine andere. Hierin liegt ein neuer Anfang. Die Sterne sind weg, die alten Illusionen haben sich aufgelöst. Was wollen wir morgen sehen?
C.M.Meier
Weitere Vorstellungen: 18.,19.,20.11. um 20.30 Uhr ... Schillerstraße 23 / 3.Stock
FAKE
Eine hypnotische Theaterinstallation nach Texten von Arthur C. Clarke, Alejandro Jodorowsky u.a.
Bülent Kullukcu, Anton Kaun, Dominik Obalski Idee/Konzept: Bülent Kullukcu |