Komödie am Max II Die Witwen von Ludwig Thoma
Witwenreigen
Heiratsvermittlung ist ein beliebtes Thema in Komödien und auch im Stück "Die Witwen" von Ludwig Thoma geht es um nichts anderes. Der dramatische Erstling Thoma's entstand 1899 und atmet noch ganz den Geist der Jurisprudenz, der sich der Autor bis auf den Vortag verschrieben hatte. Ort der Handlung ist die von Bühnenbildnerin Monika Cleres funktional und verhalten stimmungsvoll gestaltete Kanzlei des Anwalts Dr. jur. Hans Stein. Dieser integere, zutiefst moralisch sprechende und auch handelnde Mann ist unbeweibt, was seine ammenhafte Haushälterin Victor (Luise Deschauer) und deren Anverwandten und professionellen Heiratsvermittler Baptist Weber (Norbert Heckner) auf den Plan ruft. Wie nicht anders zu erwarten, hat Herr Weber auch prompt die Witwe Warmbüchler (Barbara de Koy) parat, die sich hervorragend in das Arrangement einpassen ließe. Doch da es eine Komödie ist, die zunehmend von Missverständnissen lebt, läuft die Geschichte schnell aus dem Ruder. Anwalt Stein, facettenreich und souverän von Stefan Reck gegeben, verweigert sich einer derartig "anrüchigen" Praxis strikt. Als ihn eine andere Witwe wegen eines tatsächlichen Rechtsstreites konsultiert, brüskiert er diese irrtümlich, in dem er Ihre Moral, sich auf einen solchen Kuhhandel einzulassen, in Frage stellt. Die Dame weiß natürlich von nichts. Dennoch steht für alle Anwesenden auf und vor der Bühne fest, dass nur sie die zu Erwählende sein kann. Sonja Bastians Witwe Werneck hat etwas von einer Madonnenerscheinung und viel mehr gibt diese Rolle auch nicht her. Doch ihr Auftritt gelingt so überzeugend, dass der heftige Pawlowsche Reflex bei Anwalt Stein glaubhaft und logisch ist. Der illustre Reigen um den inzwischen liebesleidenden Anwalt wird durch den Sekretär Singer und den Hofbauern, einen Klienten, komplettiert. Singer, ärmelschonerbewehrtes Bürofaktotum, ist ganz auf die ökonomischen Belange der Kanzlei fixiert und immer auf der Suche nach dem "großen Fisch". Frank Jacobsen als Singer brauchte eingangs ein paar Minuten, um sich deutlich für seinen norddeutschen Dialekt entscheiden zu können. Sein Spiel war weniger pomadenhaft und schillernd als seine Erscheinung. Markus Völlenklees Hofbauer entzieht sich beinahe einer Bewertung mittels theatralischen Vokabulars. Am besten ließe er sich mit einer Naturerscheinung vergleichen. Seine bajuwarisch-derben Auftritte sind erdrutschartig und mitreißend. Die Gründe seiner Auftritte sind es ebenso, denn als Klient hat er sich wegen Körperverletzung nach dem Genuss größerer Mengen Biers zu verantworten. Wenig glaubhaft versucht der Hofbauer seine Tat mit "Notwehr" zu begründen. Notwehr war übrigens auch das Thema von Thoma's Doktorarbeit, die lediglich mit "rite" bewertet wurde, was dem Zuschauer vielleicht tiefer gehende Exkurse ersparte.
Heiratsvermittlung ist ein beliebtes Thema in Komödien und auch im Stück "Die Witwen" von Ludwig Thoma geht es um nichts anderes. Der dramatische Erstling Thoma's entstand 1899 und atmet noch ganz den Geist der Jurisprudenz, der sich der Autor bis auf den Vortag verschrieben hatte. Ort der Handlung ist die von Bühnenbildnerin Monika Cleres funktional und verhalten stimmungsvoll gestaltete Kanzlei des Anwalts Dr. jur. Hans Stein. Dieser integere, zutiefst moralisch sprechende und auch handelnde Mann ist unbeweibt, was seine ammenhafte Haushälterin Victor (Luise Deschauer) und deren Anverwandten und professionellen Heiratsvermittler Baptist Weber (Norbert Heckner) auf den Plan ruft. Wie nicht anders zu erwarten, hat Herr Weber auch prompt die Witwe Warmbüchler (Barbara de Koy) parat, die sich hervorragend in das Arrangement einpassen ließe. Doch da es eine Komödie ist, die zunehmend von Missverständnissen lebt, läuft die Geschichte schnell aus dem Ruder. Anwalt Stein, facettenreich und souverän von Stefan Reck gegeben, verweigert sich einer derartig "anrüchigen" Praxis strikt. Als ihn eine andere Witwe wegen eines tatsächlichen Rechtsstreites konsultiert, brüskiert er diese irrtümlich, in dem er Ihre Moral, sich auf einen solchen Kuhhandel einzulassen, in Frage stellt. Die Dame weiß natürlich von nichts. Dennoch steht für alle Anwesenden auf und vor der Bühne fest, dass nur sie die zu Erwählende sein kann. Sonja Bastians Witwe Werneck hat etwas von einer Madonnenerscheinung und viel mehr gibt diese Rolle auch nicht her. Doch ihr Auftritt gelingt so überzeugend, dass der heftige Pawlowsche Reflex bei Anwalt Stein glaubhaft und logisch ist. Der illustre Reigen um den inzwischen liebesleidenden Anwalt wird durch den Sekretär Singer und den Hofbauern, einen Klienten, komplettiert. Singer, ärmelschonerbewehrtes Bürofaktotum, ist ganz auf die ökonomischen Belange der Kanzlei fixiert und immer auf der Suche nach dem "großen Fisch". Frank Jacobsen als Singer brauchte eingangs ein paar Minuten, um sich deutlich für seinen norddeutschen Dialekt entscheiden zu können. Sein Spiel war weniger pomadenhaft und schillernd als seine Erscheinung. Markus Völlenklees Hofbauer entzieht sich beinahe einer Bewertung mittels theatralischen Vokabulars. Am besten ließe er sich mit einer Naturerscheinung vergleichen. Seine bajuwarisch-derben Auftritte sind erdrutschartig und mitreißend. Die Gründe seiner Auftritte sind es ebenso, denn als Klient hat er sich wegen Körperverletzung nach dem Genuss größerer Mengen Biers zu verantworten. Wenig glaubhaft versucht der Hofbauer seine Tat mit "Notwehr" zu begründen. Notwehr war übrigens auch das Thema von Thoma's Doktorarbeit, die lediglich mit "rite" bewertet wurde, was dem Zuschauer vielleicht tiefer gehende Exkurse ersparte.
Stefan Reck und Norbert Heckner © Anita Pingera |
Regisseur Peter Bernhardt organisierte das Spiel sensibel und maßvoll. Er verzichtete auf vordergründiges Türenschlagen und setzte die Pointen treffsicher. Die Vorlage tief auslotend, finden sich gelegentlich sogar poetische Momente. Im zweiten Teil offenbaren sich dann aber die dramaturgischen Schwächen des Stücks. Auch Georg Lohmeier, der für die Uraufführung im Jahr 1958 eine Bearbeitung schuf, konnte diese nicht gänzlich überwinden. Selbst die Einführung einer dritten Witwe half da wenig, wenn gleich Heide Ackermann als Witwe Mayer ein unvergessliches visuelles Erlebnis ist! Die rhythmischen Unausgewogenheiten im Fortgang der Geschichte führen schließlich zu Verkürzungen, die den Zuschauer weitestgehend um sein eigenes Sentiment bringen, das "Happy end" lustvoll zu genießen. Der Komödienzuschauer hat ein Recht darauf, dem geliebten Protagonisten das Ende, welches ja jeder kennt, in Gedanken soufflieren zu dürfen. Hier wurde er, ehe er sich's versah, von der Geschichte überholt.
Wolf Banitzki
Wolf Banitzki
Die Witwen
von Ludwig Thoma
In einer Fassung von Georg Lohmeier Heide Ackermann, Sonja Bastian, Luise Deschauer, Lance Girard, Norbert Heckner, Frank Jacobsen, Barabara de Koy, Stefan Reck, Markus Völlenklee Regie: Peter Bernhardt |