Komödie am Max II Hotel Mimosa von Pierre Chesnot


 

 

 
Was wäre die Welt ohne Lüge?

Wenn in Südfrankreich die Mimosen blühen ist es die hohe Zeit der Liebe. Im Garten von Magali blühen die Mimosen besonders schön - und, wo könnte die Liebe schöner sein als in fremden Gärten. So jedenfalls denkt Jean-Francois, seines Zeichens fantasievoller Fernsehregisseur und Ehemann der leider an den Rollstuhl gefesselten Cecile. Er hält sich zur Vorbereitung seines nächsten Films in der Villa Magalis auf, deren Ehemann U-Boot Kommandant und abgetaucht ist. Ein perfektes Liebesnest, jedenfalls so lange bis Cecile auf die Idee kommt, ihren Mann im "Hotel Mimosa" zu besuchen. Jean-Francois, pfiffig, gestaltet das Haus in ein Hotel um und Cecile, durch ein Wunder von Lourdes geheilt, erscheint - ohne Rollstuhl. Jean-Francois muss nach und nach immer mehr Register ziehen, um sich und Magali und die Realtiät vor der Entdeckung zu bewahren. Er tut dies bravourös und bravouröser und muss, zumal sich weitere Hotelgäste einstellen, zu Höchstform auflaufen. Die Realität gerät zunehmend aus den Fugen.

Es ist ein wenig sehr offensichtlich wohin diese Geschichte führt, welchen Lauf die Verwicklungen nehmen werden und doch ist es dem Autor Pierre Chesnot gelungen, die Handlung durch immer weitere Verstrickungen turbulent auf eine absolute Spitze zu treiben. Die Komik in den einzelnen Situationen lässt keine Wünsche offen. Die Dialoge sind spritzig und voller Pointen. Regisseurin Karin Boyd verstand es ausgezeichnet, dem Text ausreichend Raum zu geben und den Witz zur Entfaltung zu bringen. Die Inszenierung verzichtet auf aufwendige künstlerische Elemente und stellt neben der Komik die Charaktere in den Vordergrund, das Menschliche sozusagen. Die Rollen sind stimmig besetzt und die Leistung des Ensembles durchaus beachtenswert. Sebastian Goder gibt einen jeder Situation gewachsenen Jean-Francois, allzeit mit vollem Einsatz dabei. Cecil (Ulla Wagener), seine Ehefrau, die mit der Pistole im Gepäck anreiste, gibt klar und unmissverständlich die Prioritäten vor. Marie Munz Magali durchlebt vom erotischen Moment, über Frust, Lüge und Verzweiflung bis hin zum Kater nach einem Alkoholexzess die ganze Bandbreite der Gefühle, die einen Seitensprung begleiten. Besonders hervorgehoben sei Herman van Ulzen, der als Hotelgast Monsieur Legris nie zum Zuge kommt oder am rechten Ort ist. Erst als er von Paquerette, dem Münchner Original Petra Perle, "erlöst" wird, kann er in Frieden das "Hotel Mimosa" verlassen.
 

Marie Munz, Sebastian Goder

© Edith Lauenstein

 

Wie eine Lüge die nächste gebiert, die zwansläufig weitere nach sich zieht ... Schicksale verweben sich zu einem gordischen Knoten und die Verstrickung erreicht eine Dichte, der nur noch durch den Knall oder eine weitere spitzfindige Lüge aufgelöst werden kann. Wer kennt diese Erfahrung nicht aus dem eigenen Leben? Wohl jeder hat schon einmal, mit größerem oder kleinerem Erfolg, versucht seinen Kopf auf diese Weise aus einer Schlinge zu ziehen. Wohl jeder hat die Erfahrung gemacht, dass es, ist man involviert in die Geschichte, nichts zu lachen gibt und schon aus dem Grunde sollte man sich den amüsanten Genuss dieser Komödie gönnen. Zumal, wenn ein weltweit bekannter französischer Komödienautor als Garantie für heitere kurzweilige Stunden steht.

 
C.M.Meier

 

 


Hotel Mimosa

von Pierre Chesnot

Sebastian Goder, Marie Munz, Ulla Wagener, Petra Perle, Michael Seyfried, Herman van Ulzen, Susanne Odermatt, Manuel Löwensberg, Sibylle Bertsch, Adrian Scherschel, Wulf Schmid Noerr

Regie: Karin Boyd

Komödie am Max II Schwarzgeld für weiße Tauben von Pierre Sauvil



 

Hochbrisant

Es ist eine Komödie und es sollte gelacht werden, gelacht werden über ein Thema, das dem "kleinen Mann" nur allzu häufig sauer aufstößt: Korruption, Bestechung, Amtsmissbrauch durch Politiker.


Pierre Sauvil zeigt auf unterhaltsame Weise, dass die Mächtigen, auch nur Menschen, nur "Gefangene des Systems" sind, in dem Erpressung, Bestechung,Intrige die Tagesordnung bestimmen, die es zu bedienen gilt. Als zutiefst menschlich stellt er die Aspekte heraus, die so ein öffentliches Amt begleiten und in die, als wären es Fallen, der auf dem politischen Parkett Agierende, geradezu hineinstolpern muss. Es lebe das Klischee, das mittlerweile die sich selbst erfüllende Prophezeiung ersetzt.


Der Schauplatz, das Wohnzimmer im Landhaus, gestaltet von Gert B. Venzky, spiegelt Seriosität und moderne Gediegenheit wieder. Es ist der ideale Raum, aus dem heraus Minister agieren. Und das tut Volker Brandt als Minister für Soziales, der mit seinem Sekretär Thibaut die Vorgehensweise für seinen Auftritt am nächsten Parteitag entwirft. Ein Knaller für die Partei und ein Spektakel für die Medien soll die Rede werden. Man übt sich im inhaltslosen Politjargon und in modernen Strategiephrasen, als der Abgeordnete Bouladon durch das Fenster eindringt. Er hat sich heimlich über die Mauer, den Garten, unter Umgehung der Maulwurfshügel, herangepirscht, um seinen Freund und Parteigenossen auf dessen Verfehlungen aufmerksam zu machen und daraus seine eigenen Vorteile zu ziehen. Man könnte diesen Vorgang auch Erpressung nennen. Bouladon strebt nach dem Posten eines Botschafters in einem sonnigen Land und fordert perfider Weise überdies eine Woche Urlaub in der Karibik mit der Frau des Ministers. Andernfalls würden die vernichtenden Informationen an die Medien weitergereicht. Der Wunsch zur Berufung als Botschafter wäre einfach zu erfüllen, kein Problem, doch der Urlaub ist ein sehr hoher Preis, so scheint es. Der Minister, in dieser Rolle brilliert Volker Brandt, zieht alle ihm zur Verfügung stehenden Register. Er feilscht und windet sich und ergibt sich schließlich zähneknirschend scheinbar in sein Schicksal. Kurzum, keine Facette des Menschlichen ist ihm fremd.


Es ist ein Spiel um Schein, Anschein und allzumenschliche Tatsachen, das Regisseur Celino Bleiweiss ohne große Schnörkel trefflich in Szene setzte. Geradezu realistisch mutet es an. Die Darsteller, allesamt von Bühne und Fernsehen bekannt, meistern die Verwicklungen bravourös. Agathe (Susanne Meikl), Mitarbeiterin und ehemalige Gespielin des Ministers, kann ihre Erfahrungen aus ihrer Geheimdienstzeit einsetzten und vermutlich hätte selbst James Bond seine Freude an ihr gehabt. Pauline, zu Beginn die tugendhafte Gattin und Vertreterin der Moral, kürzt im Laufe des Spiels ihre Kleider als sichtbares Zeichen für die innere Wandlung, der Sibylle Nicolai überzeugend Gestalt verlieh. Auch Thibaut, der Sekretär, ein junger aufstrebender Mann, erhält seine große Chance. Nur der Abgeordnete Bouladon geht am Ende fast leer aus. Doch wahre Gerechtigkeit waltet auch in seinem Falle nicht.
Dank der schauspielerischen und der inszenatorischen Leistungen ist es ein kurzweiliger Abend, der zudem Scheinmoral entlarvt. Das Lachen über eine Komödie enthebt jedoch keinesfalls eines eigenen kritischen Standpunktes. Bestenfalls hilft es, die menschliche Natur zu durchschauen und zu einer differenzierteren Sicht auf die Dinge zu kommen.

C.M.Meier

 

 


Schwarzgeld für weiße Tauben

von Pierre Sauvil

Volker Brandt, Sibylle Nicolai, Roland Peek, Susanne Meikl, Rudolf Otahal

Regie: Celino Bleiweiss

Komödie am Max II Die Witwen von Ludwig Thoma


 

 

 
Witwenreigen

Heiratsvermittlung ist ein beliebtes Thema in Komödien und auch im Stück "Die Witwen" von Ludwig Thoma geht es um nichts anderes. Der dramatische Erstling Thoma's entstand 1899 und atmet noch ganz den Geist der Jurisprudenz, der sich der Autor bis auf den Vortag verschrieben hatte. Ort der Handlung ist die von Bühnenbildnerin Monika Cleres funktional und verhalten stimmungsvoll gestaltete Kanzlei des Anwalts Dr. jur. Hans Stein. Dieser integere, zutiefst moralisch sprechende und auch handelnde Mann ist unbeweibt, was seine ammenhafte Haushälterin Victor (Luise Deschauer) und deren Anverwandten und professionellen Heiratsvermittler Baptist Weber (Norbert Heckner) auf den Plan ruft. Wie nicht anders zu erwarten, hat Herr Weber auch prompt die Witwe Warmbüchler (Barbara de Koy) parat, die sich hervorragend in das Arrangement einpassen ließe. Doch da es eine Komödie ist, die zunehmend von Missverständnissen lebt, läuft die Geschichte schnell aus dem Ruder. Anwalt Stein, facettenreich und souverän von Stefan Reck gegeben, verweigert sich einer derartig "anrüchigen" Praxis strikt. Als ihn eine andere Witwe wegen eines tatsächlichen Rechtsstreites konsultiert, brüskiert er diese irrtümlich, in dem er Ihre Moral, sich auf einen solchen Kuhhandel einzulassen, in Frage stellt. Die Dame weiß natürlich von nichts. Dennoch steht für alle Anwesenden auf und vor der Bühne fest, dass nur sie die zu Erwählende sein kann. Sonja Bastians Witwe Werneck hat etwas von einer Madonnenerscheinung und viel mehr gibt diese Rolle auch nicht her. Doch ihr Auftritt gelingt so überzeugend, dass der heftige Pawlowsche Reflex bei Anwalt Stein glaubhaft und logisch ist. Der illustre Reigen um den inzwischen liebesleidenden Anwalt wird durch den Sekretär Singer und den Hofbauern, einen Klienten, komplettiert. Singer, ärmelschonerbewehrtes Bürofaktotum, ist ganz auf die ökonomischen Belange der Kanzlei fixiert und immer auf der Suche nach dem "großen Fisch". Frank Jacobsen als Singer brauchte eingangs ein paar Minuten, um sich deutlich für seinen norddeutschen Dialekt entscheiden zu können. Sein Spiel war weniger pomadenhaft und schillernd als seine Erscheinung. Markus Völlenklees Hofbauer entzieht sich beinahe einer Bewertung mittels theatralischen Vokabulars. Am besten ließe er sich mit einer Naturerscheinung vergleichen. Seine bajuwarisch-derben Auftritte sind erdrutschartig und mitreißend. Die Gründe seiner Auftritte sind es ebenso, denn als Klient hat er sich wegen Körperverletzung nach dem Genuss größerer Mengen Biers zu verantworten. Wenig glaubhaft versucht der Hofbauer seine Tat mit "Notwehr" zu begründen. Notwehr war übrigens auch das Thema von Thoma's Doktorarbeit, die lediglich mit "rite" bewertet wurde, was dem Zuschauer vielleicht tiefer gehende Exkurse ersparte.
 

Stefan Reck und Norbert Heckner

© Anita Pingera

 

Regisseur Peter Bernhardt organisierte das Spiel sensibel und maßvoll. Er verzichtete auf vordergründiges Türenschlagen und setzte die Pointen treffsicher. Die Vorlage tief auslotend, finden sich gelegentlich sogar poetische Momente. Im zweiten Teil offenbaren sich dann aber die dramaturgischen Schwächen des Stücks. Auch Georg Lohmeier, der für die Uraufführung im Jahr 1958 eine Bearbeitung schuf, konnte diese nicht gänzlich überwinden. Selbst die Einführung einer dritten Witwe half da wenig, wenn gleich Heide Ackermann als Witwe Mayer ein unvergessliches visuelles Erlebnis ist! Die rhythmischen Unausgewogenheiten im Fortgang der Geschichte führen schließlich zu Verkürzungen, die den Zuschauer weitestgehend um sein eigenes Sentiment bringen, das "Happy end" lustvoll zu genießen. Der Komödienzuschauer hat ein Recht darauf, dem geliebten Protagonisten das Ende, welches ja jeder kennt, in Gedanken soufflieren zu dürfen. Hier wurde er, ehe er sich's versah, von der Geschichte überholt.

Wolf Banitzki

 

 


Die Witwen

von Ludwig Thoma

In einer Fassung von Georg Lohmeier

Heide Ackermann, Sonja Bastian, Luise Deschauer, Lance Girard, Norbert Heckner, Frank Jacobsen, Barabara de Koy, Stefan Reck, Markus Völlenklee

Regie: Peter Bernhardt

Komödie am Max II Geliebter Feigling von Françoise Sagan


 

 

 

Zu viel Lärm um wenig

Françoise Sagans Leben und Werk war skandalumwittert. Und sie war Französin bis ins Mark. Sie liebte den Rausch, die Eleganz und lebte exzessiv. Als sie im vergangenen September starb, hielt diese Tatsache das Land Frankreich nicht ab, eine tiefe Verbeugung zu machen. Hinter Sagans Geschichten steckt immer eine gehörige Portion Realismus, ein Realismus, der bigotte Geister schreckt.


Unumwunden fabuliert die Autorin in "Geliebter Feigling" über das, was Frau und Mann am heftigsten bewegt, nämlich Sex. Die Helden stammen aus Sachsen, Preußen und Österreich, was ein wenig verwundert, denn gerade deren Mentalitäten unterscheiden sich von denen der Franzosen gehörig, zumindest, wenn man die Klischees befragt. Aber vielleicht offenbarte sich hierin nur die Vorstellung einer Französin von deutschen Menschen in Bezug auf dieses Thema. So war alles ein wenig grobschlächtig und unverblümt. Zumindest in der Inszenierung von Yves Jansen erschien es so. Wenn man genauer auf den Text schaut, so ist das ganz und gar nicht zutreffend und das Spiel um Eros hätte auch anders klingen können, diffiziler, feinsinniger und eleganter. Diese Inszenierung mutet an wie bayerisches Bauerntheater, derb und schrill. Ohne Zwischentöne zu intonieren, zielte der Regisseur auf das Zwerchfell der Gäste, die so zahlreich nicht erschienen waren. Die einen mochten es und die anderen waren dann doch peinlich berührt.


Die Geschichte ist schnell erzählt. Ein junger Offizier lässt sich beim Stelldichein mit einer Dame von deren Ehemann ertappen. Der, seine Pistole ziert eine Menge Kerben, fordert ihn selbstredend zum Duell. Um dem sicheren Tod zu entgehen, flieht der "Feigling" nach Baden-Baden, wo er erfolgreich um die Hand der jüngferlichen, viel älteren Schwester des Herausforderers anhält. Deren Sexus, durch den jungen Charmeur entfacht, ufert aus und ist bald vom schlappen Ehemann nicht mehr zu befriedigen. Am Ende wird der Feigling geadelt und alle sind glücklich.


Monika Baumgartner gab die ältliche Nymphomanin bis zum Ende preußisch herb und fuhr damit wenig Lorbeeren ein. Ihr Bühnenbruder, gespielt von Alexander Pelz, fand trotz allen Klamauks am ehesten das Maß der Expression und blieb weitestgehend unbeschädigt. Dascha Poisel als seine Ehefrau hingegen chargierte gelegentlich so heftig, dass es peinlich wurde. Gerade bei diesen Darstellern wird deutlich, dass sie eher Opfer der Regie wurden, denn man kennt sie aus besseren Tagen. Stefan Roschy, frisch von der Hochschule, hätte als Feigling einer führenden Hand bedurft. Allzu oft wurde deutlich, dass ihm die Mittel zu tieferer Gestaltung noch fehlen. Ein Lichtblick war die Darstellung Sven Tjabens als Konrad von Klickenberg, dem immerhin ansatzweise eine originelle Figur als jüngferlicher Fürst und Möchtegerndichter gelang. Neben den stimmigen Kostümen im Stil Wiens anno 1914 von Anke Friedrich war das Bühnenbild von Hans Winkler zwar schön anzuschauen, doch die Umbauten erinnerten an die überlangen Werbepausen im Privatfernsehen. Auf die Kosten kam nur, wer es wirklich derb mag. Mehr als fraglich war schließlich das Ende, als der Thronfolger von der Wand geschossen wurde. Ein teurer Lacher, angesichts der geschichtlichen Konsequenzen dieses Schusses, wie ich finde.

Wolf Banitzki

 

 


Geliebter Feigling

von Françoise Sagan

Monika Baumgartner, Stefan Roschy, Alexander Pelz, Dascha Poisel, Marcus Widmann, Sven Tjaben, Michael Tschernow, Florian M. Odendahl

Regie: Yves Jansen
  Komödie am Max II

 

 

Das Theater wurde 2006 geschlossen.




  • Die Witwen von Ludwig Thoma - Premiere am 16.09.04

 

 

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