Theater im Marstall Ein Triptychon von Edna O'Brien


 

 

Gruppenbild mit unsichtbarem Mann


Die irische Autorin Edna O´Brien bescherte dem Theater mit "Ein Triptychon" tatsächlich ein dreigeteiltes Bild mit den Porträts dreier Frauen. Im Mittelpunkt steht mehr oder weniger Pauline, eine permanent betrogene Ehefrau, die verzweifelt um ihren Lebensanspruch kämpft, der weitestgehend auf den Mann reduziert zu sein scheint. Daneben agieren ihre Tochter Brandy, ein Teenager, auf ebenso verzweifelter Suche nach dem Sinn von Liebe und Partnerschaft, und Clarissa, Schauspielerin und die Geliebte des Ehemanns von Pauline.

Das Bühnenbild von Kazuko Watanabe orientierte sich an der Vorgabe aus dem Bereich der Bildenden Kunst und enthielt drei Parallelorte, ein Kinderzimmer, einen Salon und eine Schauspielergarderobe. Die Orte sind nicht voneinander abgetrennt, so dass ein Hinüberwechseln einfach und keineswegs störend ist. Den Hintergrund dieses Triptychons bildet der allgegenwärtige unsichtbare Henry, Objekt der Begierden aller drei Frauen. Über eine und eine dreiviertel Stunde wird ein Beziehungsgeflecht zwischen den Frauen ausgebreitet, das am Ende im Nichts strandet. Es war auch nicht das Anliegen der Autorin, eine befriedigende Lösung zu finden. Wie im Programmheft nachzulesen ist, wäre ihr eine solche Lösung realitätsfremd. "Ich habe Frauen in einsamen, verzweifelten und oft auch erniedrigenden Umständen geschildert, Frauen, die häufig Opfer von Männern waren und fast immer nach einer emotionalen Katharsis gesucht haben, die niemals kam."

Wenn dieser Abend einigermaßen kurzweilig geriet, war das in erster Linie den Darstellerinnen zu danken. Ihnen gelang durchweg eine starke Gestaltung von Charakteren. Lena Dörrie agierte mit dem Ungestüm der Jugend, trommelte und tanzte sich aggressiv den Frust aus dem jugendlichen Leib und fand nebenher auch leise, sehr berührende Töne. Anna Riedl gab eine defensiv handelnde Geliebte, die dennoch, vielleicht einer verborgenen Romantik folgend, auf ihr Lebensglück beharrte, das sie zu einigen Opfern zwang. Dominiert wurde die Szene jedoch von Krista Posch als Pauline, der dauerhaft betrogenen Ehefrau. Ihr Wechsel von kämpferischer Alphafrau (im Heim und am Herd) und einer zutiefst Verzweifelten, die mit dem Mann allen Halt einbüßt, war so sprung- wie glaubhaft.
 
   
 

Krista Posch, Anna Riedl, Lena Dörrie

© Thomas Dashuber

 

 

Die Regie von Harald Clemen blieb dezent und somit weitestgehend unbemerkt. Unambitioniert und geschickt verwob er die Texte über die natürlichen Grenzen der Handlungsorte hinweg. Die Inszenierung und die Darstellung waren organisch und ohne Makel und dennoch war es kein befriedigender Abend. Die Sicht Edna O´Briens auf das Problem erscheint zu eng fokussiert, so dass die Aussage sehr begrenzt bleibt. Die weibliche Psyche ist stark reduziert, fast simpel, und leistet damit möglicherweise einer machohaften Männersicht Vorschub. Wer will es Henry nach dieser Geschichte verargen, dass er sich so hemmungslos auslebt? Wenn die Frauen am Ende des Stückes den Totalverlust des geliebten Mannes konstatieren müssen, wird dieser endgültig zur Überfigur stilisiert, der alle drei nur verfallen waren. Wie es aussieht, stößt die Autorin in diesem Stück an Ihre eigenen Grenzen, die aus der selbst gewählten und verteidigten Einsamkeit resultieren. So blieb die Geschichte unterm Strich zu klein, was durch den eher peinlichen Schluss besiegelt wird. Henry erliegt einer märchenhaften Sirene und wird auf die tosende See gelockt.

Aber vielleicht ist das alles nur ein geschlechtsspezifisches Missverständnis? Edna O´Brien: "Ich fürchte, ich verschrecke Männer mit den Signalen, die ich ihnen sende." Wie wahr.

 
Wolf Banitzki

 

 


Ein Triptychon

von Edna O'Brien

Anna Riedl, Krista Posch, Lena Dörrie


Regie: Harald Clemen
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