Metropol Theater I Furiosi nach Nanni Balestrini
Das ist Kult
In ausgezeichneter künstlerischer Umsetzung wurden die Themen Fußball und Erscheinungsformen der Gewalt von Jochen Schölch auf die Bühne des Metropol Theaters gebracht. In dem sehens- und erlebenswerten Spektakel "I Furiosi - Die Wütenden" nach dem Roman von Nanni Balestrini findet "Mann" sich wieder. Der italienische Neo-Avangardist Nanni Balestrini, für den intensive Auseinandersetzung, wie seine Biografie zeigt, zum Leben gehört, beschreibt in seinem Werk die Erlebnisse einer Gruppe von Hooligans die dem AC Milano huldigen. Realistisch erzählt er von den gemeinsamen Abenteuern, bezieht dabei tatsächliche Begebenheiten mit ein und beleuchtet das Schicksal von Einzelnen. Die Bühnenfassung, eine Anlehnung an das aristotelische Theater, von Silvia Stolz und Jochen Schölch folgt keiner dramatischen Sprachgestaltung sondern behält die Erzählstruktur bei, welche die Gewalttätigkeit der Inhalte deutlich hervortreten lässt.
"Unsere Gewalt befriedigt uns, denn sie dient keinem Zweck. Unsere Gewalt ist ziellos." Durch diese Aussage entlarvt sich die Dekadenz in der Zeit.
Der Wunsch nach Aufrechterhaltung archaischer Rituale ist es, der die Männer ans Spielfeld treibt, der sie in Clans um das moderne Totem, den Fußball, vereint und gemeinsam in lauten Chören den Namen des verehrten Clubs skandieren lässt. Wie in den Jägerkulturen finden sowohl Individualitäts- als auch Gruppenbildung über diesen Weg statt, und die Bedrohung durch den Feind schweißt die Männer zusammen. Das Faustrecht, die Macht des Stärkeren, lebt hier fort und hebt die komplizierten neuzeitlichen Gesellschaftsregeln auf. Sieger und Besiegte sind klar erkennbar. Die entstehende mächtige innere Spannung baut den Zwang zur Wiederholung auf, die in Tötungs- und Todesbereitschaft gipfelt. Die immer weiter reichende Unterdrückung und Ausgrenzung bestimmter Formen von Männlichkeit in dem allgemeinen gesellschaftlichen Kontext fördert die Aktivitäten in und um die Arenen. Der Fußball wird dabei zur Marginalie. Die scheinbar kontrollierten Vorgänge erfordern seit einiger Zeit Sperrgitter, sowie weitreichende Sicherheitsmaßnahmen. Ausschreitungen und eine Spirale der Gewalt sind an der Tagesordnung.
In ausgezeichneter künstlerischer Umsetzung wurden die Themen Fußball und Erscheinungsformen der Gewalt von Jochen Schölch auf die Bühne des Metropol Theaters gebracht. In dem sehens- und erlebenswerten Spektakel "I Furiosi - Die Wütenden" nach dem Roman von Nanni Balestrini findet "Mann" sich wieder. Der italienische Neo-Avangardist Nanni Balestrini, für den intensive Auseinandersetzung, wie seine Biografie zeigt, zum Leben gehört, beschreibt in seinem Werk die Erlebnisse einer Gruppe von Hooligans die dem AC Milano huldigen. Realistisch erzählt er von den gemeinsamen Abenteuern, bezieht dabei tatsächliche Begebenheiten mit ein und beleuchtet das Schicksal von Einzelnen. Die Bühnenfassung, eine Anlehnung an das aristotelische Theater, von Silvia Stolz und Jochen Schölch folgt keiner dramatischen Sprachgestaltung sondern behält die Erzählstruktur bei, welche die Gewalttätigkeit der Inhalte deutlich hervortreten lässt.
"Unsere Gewalt befriedigt uns, denn sie dient keinem Zweck. Unsere Gewalt ist ziellos." Durch diese Aussage entlarvt sich die Dekadenz in der Zeit.
Der Wunsch nach Aufrechterhaltung archaischer Rituale ist es, der die Männer ans Spielfeld treibt, der sie in Clans um das moderne Totem, den Fußball, vereint und gemeinsam in lauten Chören den Namen des verehrten Clubs skandieren lässt. Wie in den Jägerkulturen finden sowohl Individualitäts- als auch Gruppenbildung über diesen Weg statt, und die Bedrohung durch den Feind schweißt die Männer zusammen. Das Faustrecht, die Macht des Stärkeren, lebt hier fort und hebt die komplizierten neuzeitlichen Gesellschaftsregeln auf. Sieger und Besiegte sind klar erkennbar. Die entstehende mächtige innere Spannung baut den Zwang zur Wiederholung auf, die in Tötungs- und Todesbereitschaft gipfelt. Die immer weiter reichende Unterdrückung und Ausgrenzung bestimmter Formen von Männlichkeit in dem allgemeinen gesellschaftlichen Kontext fördert die Aktivitäten in und um die Arenen. Der Fußball wird dabei zur Marginalie. Die scheinbar kontrollierten Vorgänge erfordern seit einiger Zeit Sperrgitter, sowie weitreichende Sicherheitsmaßnahmen. Ausschreitungen und eine Spirale der Gewalt sind an der Tagesordnung.
Christian Baumann, Atef Vogel, Felix Kuhn, Pablo Sprungala, Klaus Meile © Hilda Lobinger |
Das Bühnenbild mit Tribüne und Gitter, gestaltet von Hannes Neumaier, versetzte das Publikum direkt vor die Südkurve ins Auge des Sturms. Hier sangen, schrieen, jubelten, heulten und kämpften Martino, Tuffetto, Falco, Zigolo, Nibbio, Occhione, der kräftige Bubo, Picchio und sein kleiner Bruder Luì, durchweg im gesellschaftlichen Leben Gescheiterte. Sie rüttelten an den Gittern und trugen Kämpfe aus, die wie rituelle Tanzszenen wirkten, verdammt echt und überzeugend. Atef Vogel zeichnete für deren Choreographie verantwortlich. Die Darstellung der Schauspieler war durchwegs intensiv und hochkonzentriert, was zweifelsohne erheblich zur Steigerung des Geschehens beitrug. Mit dieser hohen Grundspannung schlugen sie die Zuschauer in Bann. Der Betrachter wurde unweigerlich in das mörderische Treiben hineingezogen und physisch berührt. Das war große Theatermagie bei beachtlicher schauspielerischer Leistung, besonders von den fünf Studenten des 2. Jahrgangs an der Münchner Theaterakademie.
In der Länge eines Fußballspiels (incl. Pause), eine Stunde und fünfundvierzig Minuten, ging es in einer authentischen Umsetzung um Gewalt und die damit verbundene Faszination, perfekt choreographiert und mit hoher Präzision vorgetragen. Die Inszenierung erzielte damit kathartische und zugleich ästhetisierende Wirkung. Ob sich dadurch etwas ändert an: "Im Felde allein ist der Mann noch was wert.", wie Friedrich Schiller in Wallenstein äußerte, bleibt zu hoffen und abzuwarten.
C.M.Meier
In der Länge eines Fußballspiels (incl. Pause), eine Stunde und fünfundvierzig Minuten, ging es in einer authentischen Umsetzung um Gewalt und die damit verbundene Faszination, perfekt choreographiert und mit hoher Präzision vorgetragen. Die Inszenierung erzielte damit kathartische und zugleich ästhetisierende Wirkung. Ob sich dadurch etwas ändert an: "Im Felde allein ist der Mann noch was wert.", wie Friedrich Schiller in Wallenstein äußerte, bleibt zu hoffen und abzuwarten.
C.M.Meier
I Furiosi
nach Nanni Balestrini
Theaterfassung Silvia Stolz und Jochen Schölch Klaus Meile, Christian Baumann, Atef Vogel, Felix Kuhn, Pablo Sprungala, Raffaele Bonazza, Tristan Seith, Philipp Moschitz, Sven Hussok Regie: Jochen Schölch |