Tartuffe

Pasinger Fabrik Tartuffe von Moliére


 

 

Glänzend, blendend

... und das, wie gewohnt, im Rahmen der Scheinheiligkeit in einer dem Feudalismus huldigenden Gesellschaft. Vor etwa 400 Jahren gestaltete man mit Blattgold die Rahmen der Bilder in denen man sich zur Schau stellte, die Verzierungen an den Wänden und Tischen, die Griffe der Türen, die sich die Aristokraten in die Hand gaben und die von Dienern geputzt werden durften. Die Komödie um einen Betrüger, die Vorspiegelung von eitler Selbstgefälligkeit und das in einer Zeit in der so viele Wände von Spiegeln geziert werden, die die Aufmerksamkeit einfangen, lenken und die von Dienstleistern geputzt werden dürfen, heute zu spielen drängt sich geradezu auf.

Im Hause einer wohlhabenden Bürgerfamilie wird Tartuffe, ein verarmter Adeliger aufgenommen. Seine umfassende Frömmigkeit überzeugt den Hausherren Orgon, der geblendet bis zum Äußersten geht und dem Mann nicht nur das Haus überschreibt, sondern auch die Tochter Mariane zu Frau geben will. Doch Mariane liebt Valére und Tartuffe ist an Orgons Gattin Elmire interessiert. Und schon dreht sich das Karussell. Elmire erkennt Tartuffes glänzend kaschierte Absichten, doch um Orgon von den unlauteren Absichten zu überzeugen braucht es Beweise. Doch, was, wenn sich die Neigungen verschieben und Mariane Valére für Tartuffe verlassen würde? Und wäre da nicht die Dienerin Dorine mit dem Herz am rechten Fleck, so fehlten Leichtigkeit und Fröhlichkeit. Denn mitten im Spiel trat die Regisseurin Katalin Fischer vor das Publikum und erklärte, dass die Rolle des Cléante, die Stimme der Vernunft, aus Kostengründen nicht besetzt werden konnte. Es sei immerhin nur eine kleine Nebenrolle, also entbehrlich. Das Publikum möge ein Einsehen haben ... Zu Beginn zündete Dorine, Yasmin Afrouz, ganz pflichtbewusst die Kerzen des fulminanten Leuchters an, welcher die Raummitte schmückte, im Zentrum des, im Lichte erstrahlenden, Rahmens hing, der die Bühne bildete. Andreas Kloker hatte mit Einfallsreichtum und Improvisationstalent die ultimative Kulisse entworfen – es glänzte, blendete. Als Tartuffe, Fabian Weiß auftrat, wirkten Spiel und Requisite geradezu perfekt zusammen. Allein für dieses Bild hätte sich der Besuch der Vorstellung schon gelohnt. Doch damit nicht genug. Klaus Wächter spielte Orgon als  bigotten Gläubigen, dem die Regungen in ihrem raschen Wechsel nur allzu deutlich ins Gesicht geschrieben standen. Zumal wenn sich seine sittsame Frau Elmire, Gabi Fischer, von ... sichtlich angetan, gerne von ihrem Korsett befreien ließ. Allein Mariane, Bettina Setoodeh-Balg, war und blieb die Unschuld bis zum Ende auf die rot geschminkten Backen geschrieben. So hatte es die Regie verstanden alle Darsteller glänzend in Position zu setzen und das mit einem wahrhaft echten Text, der Interpretationen geradezu herausfordert.

  TartuffeNoah-Cohen  
 

Gabi Fischer, Klaus Wächter

© Noah-Coen

 


Die Scheinheiligkeit mit der Worte, Heilsätze, zu Egotrips dienen, hat eine lange lange Tradition. Das Selbstverständnis mit dem in barocker Kostümierung zeitlose Gesellschaftsprobleme angespielt wurden, war blendend. Die erkennbare Scheinheiligkeit mit der erlauchte Haltung, die als gottgegebene Lebensregel demonstriert wurde und in der sich doch nur Egomanen hervorstellen (die Frauen bestimmte Rollen zugestehen) wirkte glänzend. Kurzum, der amüsante Zauber einer Komödie wurde als gelungener Angriff auf das Zwerchfell des Zuschauers entfaltet.

 

C.M.Meier

Weitere Vorstellungen 29. + 30. Mai ...

 


Tartuffe

von Moliére

Die Virtuelle Companie

Yasmin Afrouz, Bettina Setoodeh-Balk, Gabi Fischer, Fabian Weiß, Klaus Wächter

Konzept und Regie: Katalin Fischer