Pasinger Fabrik True Bavarian Blood von Anton Zinkl/Hans Schlicht
Biss-Gefahr
Der roter Samtvorhang, ein schlankes Damenbein und der Nebel des Geheimnisses sind die Attribute zur Verführung. Und ist man erstmal neugierig, so ist man ebenso schnell in das Geschehen verstrickt, es gibt kein Entkommen. Kommt Ihnen bekannt vor?
Ein paar einführende Klänge von der Klampfe und er nahm Gestalt an, der nächtlichen Alptraum des Bürgermeisters Alois Pleitling. Im Rathaus der Gemeinde Plattling in Niederbayern beratschlagt man tags darauf über einen Ausweg aus dem finanziellen Debakel. Der Makler Johann Hackl steht mit dem Sponsor in Kontakt und denkt laut darüber nach weitere Verbindungen zu knüpfen. Die leere Lagerhalle der Fabrik soll in ein Erlebnisland verwandelt werden. „Vampir statt Papier.“, so lautet der Slogan der Geld verspricht. Indes arbeitet Mike, der junge Kreative, an der Gestaltung des Eventraumes und Hackl macht sich mit einem besonderen Mitbringsel auf den Weg nach Rumänien, zur Heimat der Nachtgestalten. Doch auch hier hat die Neuzeit Einzug gehalten. Der Graf musste sein Schloss an einen russischen Oligarchen verkaufen und die Familie in eine marode Autobahnraststation umziehen. Die Gruppe hungert in dieser ausgestorbenen Region. „Kein frisches Blut mehr im Land.“ Es kommt, wie es kommen muss!
Denn, so unterschiedlich wie die Menschen es gerne hätten, sind sie dann doch nicht. Graf Vlad (Sepp Schmid) war arm, doch die adlige Haltung unverkennbar. Souverän verstand er es die Lage für sich und die Seinen zu nutzen. Beispielhaft mutierte der erst unsichere Hackl (Hans Schlicht) vom Naiven über den Wenigen zum Tollwütigen. Er erklomm die Erfolgsleiter bis zur Spitze. Während Bürgermeister Pleitling (Anton Zinkl) sich in Rechtschaffenheit übte und schließlich doch geopfert wurde. Erlösung ist eine Mär. Seine Frau, die nette Miezi (Barbara Wankerl) suchte die Lage stets zu bessern, und sei es auch nur fürsorglich mit warmem Kaffee. Auch dem stilgemäßen Chor der Vampire (Simone Pichler, Jonathan Noé, Jestina Schamberger, Isabell Schlicht) war warmes Blut offensichtlich lieber. Und der Bock Woife (Christian Auras), ein echter wilder Hund, rockte starmäßig, verführte das Publikum zu spontanem Applaus.
Der Liebe kam in dem Singspiel der ihr zustehende Raum zu. Zwischen dem jungen kreativen Mike (Daniel Kupp) aus Platting und Smeralsda (Zeybeo Tunc), der aufmümpfigen Tochter des Grafen, entspann sich eine bestsellerverdächtige Romanze. Doch die große wahre Liebe erfuhr ihre Prüfung, auch wenn in der Dunkelwelt der Glaube an Erhabenheit ebenso groß ist, wie im ganz normalen Leben. Tradition ist ansteckend. Will man dazugehören, so … Kunterbunt. Es kommt nicht wie gedacht … „True Bavarian Blood“ … Blut mit reinem Gerstensaft kann durchaus zu einer Droge werden, ebenso wie der eigenwillige Humor.
Anton Zinkl © |
Der Bühnenort Plattling stand für den aufstrebenden Freistaat mit den geschäftstüchtigen Leuten, sozusagen beispielhaft für alle Staaten, die doch ganz im amerikanischen Traum in einem Nachahmungsmodus agieren und die von der Filmindustrie verbreiteten Illusionen in Realität verwandeln. Es funktioniert, wirkt doch die Macht des Refrains ungebrochen. Man muss nur wiederholen, wiederholen, wiederholen und unbedingt daran glauben, glauben, glauben, …
Von Romantik bis Sentimentalität, von Pathos bis Heimatliebe reichte das Spektrum der Tollhaus Theater Companie, die eine strahlende geschlossene Ensembleleistung bot. Unterhaltsames Draculand - alles voller Blutsauger - die Vampire sind auf dem Vormarsch. Den Autoren Hans Schlicht und Anton Zinkl gelang mit dem Stück eine wundervolle vielfältige Lebens-Show, im besten Sinn des Wortes. Gespart wurde keinesfalls an den passenden politischen Anspielungen in einer geradezu erheiternden Doppeldeutigkeit. Mit dem richtigen Biss lassen sich alle Menschen in Wiedergängern verwandeln.
Und die Moral von dem Singspiel: Nicht mit Knoblauch oder Kruzifix, sondern letztlich nur mit der gesunden Bodenständigkeit in unmissverständlicher Tonlage lassen sich Geld- und Blutvampire vertreiben, zurück in die einsame Finsternis ihrer Höllen, äh Höhlen. Und wer die Wiedergänger zuvor erleben möchte, kann sich in „True Bavarian Blood“ dem Schauer und Kitzel aussetzen. Gänsehaut und Lachen garantiert!
C.M.Meier
True Bavarian Blood
Ein gar grausiges Singspiel von Anton Zinkl/Hans Schlicht
Musik von Michael Raab Anna-Verena Ruth, Simone Pichler, Jonathan Noé, Jestina Schamberger, Isabell Schlicht, Anton Zinkl, Barbara Wankerl, Hans Schlicht, Daniel Kupp, Sepp Schmid, Ulrike Auras, Zeynep Tunc, Christian Auras Regie: Christian Auras |