Die Nachtigall mit der Kettensaege

TamS Die Nachtigall mit der Kettensäge von Anette Spola / Lorenz Seib


 

 

Sommerwind und die Bilder vom blauen Sternenhimmel

Ein Abend in Schwabing, die Sonne stand tief, die Luft war mild warm, kleine weiße Wolken drifteten über den Himmel und Publikum betrat den Vorgarten der Künstler. So wie das Leben ein Theater ist, findet auch im Theater Leben statt. Die Kantine ist der Treffpunkt für Sänger, Schauspieler, Musiker und alle üblicherweise Unsichtbaren. Doch diesmal war es anders, der Zuschauer durfte den TRaum betreten und war unmittelbar in der anderen Welt aufgenommen.

Die Soubrette Elly gab zum Empfang ein Chanson aus ihren erfolgreichen Tagen zum Besten und die Souffleuse kramte in der Kiste nach Stücktexten wie nach Erinnerungen. Der Musiker konnte wie immer das Bier nicht bezahlen und der Garderobiere hantierte nicht nur mit der großen Schere, sondern hatte auch sichtlich Schwierigkeiten die volle Kleiderstange durch die Türe zu bugsieren. Ein Abend voller Hindernisse und überraschender Wendungen wurde entfaltet von einem künstlerisch fabelhaft ausgewogenen Ensemble. „Schön und gut ...“  Wären da nicht die Nachtigall mit der Kettensäge und ihr Lied „What you help the money ...“, sowie auf der Theke die goldene chinesische Katze mit der winkenden Tatze.

Es waren die kleinen Gesten durch welche Lächeln auf die Gesichter gezaubert wurde, es waren die subtilen Momente in denen sich allzu Bekanntes als zauberhaftes Schauspiel entlarvte. Das Stück von Anette Spola und Lorenz Seib, gespickt mit wunderbaren Tricks aus der Theaterkiste, enthüllte einen Kosmos und viele mehr ... Die Nachtigall zwitscherte aus dem Lautsprecher, vor dem Tor stand der Mann mit der Kettensäge.

  KettensaegeHilda-Lobinger  
  © Hilda Lobinger
 

Der Aufbruch des Theaters ins ....  Eine Arche wurde gefüllt, nur diesmal blieben die Tiere zurück, weil die Requisiten und die zahlenden Abonnenten in dieser Zeit wichtiger sind als das Leben per se. Hauptsache die Logistik stimmt, die Inhalte sind durchaus subjektiv verhandelbar und können auch aus selbstgemalten Bildern des blauen Sternenhimmels naiver Romantik bestehen. In rasender Fahrt ging es weiter voran, verfolgt von dem Mann mit der Kettensäge, dessen wichtigste Aufgabe wohl Kahlschlag heißt oder der den Baum der Tradition zu fällen bereit ist. Dann, ein Unfall und das Publikum wurde gebeten den ihm zugedachten Platz, den Zuschauerraum zu verlassen um im Foyer zu warten, zu warten auf seinen nächsten Einsatz. Durch einen Nebeneingang, vorbei an einer Verletzten mit blutender Hand – der künstlerischen Sphäre u.a. – trat es anschließend auf die Bühne.

Geboten wurden eine Fülle von Bildern und eine wahre Geschichte, die auf leichte Weise unterhielten. Darin der unverzichtbare Blick auf die Vergangenheit, die Nostalgie, deren Glorifizierung mittlerweile nur noch langweilt, ausgebreitet und  am Ende unaufdringlich vermittelt - Aufklärung ist etwas anderes als Exhibitionismus – das sich selbst zur Schau stellen, dem allgemein gesellschaftlich gehuldigt wird. Der Applaus dazu kam aus der Konserve, als Schauspieler und Publikum auf der Bühne standen und gemeinsam in den leeren schwarzen Zuschauerraum blickten, sich vor leeren Stühlen und der schwarzen Luft verbeugen sollten.

Einblick gewähren ist eine Aufgabe an deren Beginn das verbindende Gespräch in einer Sommernacht stehen kann, in dem sich Träume, Gedanken und Realität zu neuen Bildern formen. Was würden Sie sehen, erleben, sagen?

 

C.M.Meier

 

 


Die Nachtigall mit der Kettensäge
von Anette Spola / Lorenz Seib

Charlotte von Bomhard, Stephanie Heyl, Dagmar Koch, Isabel Kott, Astrid Polak, Sophie Wendt, Kukas Baueregger, Burchard Dabinnus, Helmut Dauner, Niko Schabel, Zoltan Sloboda

Konzept/Regie: Anette Spola, Lorenz Seib