Teamtheater Tankstelle Fasten Seat Belts von Jaan Tätte
Keine Angst vor Jaan Tätte
Der estnische Dramatiker Jaan Tätte, international mit seinem Stück "Bungee Jumping" bekannt geworden, setzt neue Maßstäbe im Komödientheater. Mit "Fasten Seat Belt", zu sehen im Teamtheater Tankstelle, schuf er einen Text, der unterhaltsam ist, auf äußerst unkonventionelle Weise Konventionen hinterfragt und sich dabei der ästhetischen Mitteln des Grotesken, z.T. sogar des Absurden bedient. Es gibt in der modernen Dramenliteratur kaum etwas Vergleichbares.
Erzählt wird die Geschichte eines Paares, das seit siebzehn Jahren glücklich verheiratet ist. Das bedeutet: sie leben nur noch einhellig nebeneinander her. Eingeleitet wird das Stück mit einer kleinen Parabel. Anna, Freundin und seit vielen, zu vielen Jahren Nachbarin von Fred und Anett, wird von Fantasien geplagt. Was ist, wenn Außerirdische auf der Erde landen und Anna erwählen, um sie mit ins All zu nehmen. Sie würde mit ihnen sprechen, keinesfalls aber mitreisen. Doch was ist, wenn sie auf magische Weise mit den Fingern locken? Sie weiß, dass ihr Wille dieser Geste nicht standhalten wird. Am Ende wird dem Zuschauer bewusst, dass diese Parabel eine Metapher für die magische, alles überwindende (ideale) Liebe ist, der letztlich niemand widerstehen kann, weil jeder sich nach ihr sehnt. Im Fall Anna ist Fred Objekt ihrer Begierden, der Freund und Nachbar, der sie nicht erhört, ja nicht einmal wahrnimmt, wie sie sich ihm darbietet.
Anett kommt von einer Dienstreise nach Hause und erklärt ihrem Gemahl, dass sie auf eine Art und Weise verliebt ist, wie sie es nie zuvor im Leben erfahren hatte. Fred seinerseits braucht ein Weilchen, um zu kapieren, dass diese geradezu überirdische Liebe nicht ihm gilt. Manfred ist der Erwählte, mit dem sie seit einem Tag "eins im Geist ist". Körperlich ist da noch nichts gelaufen, doch die Vorfreude ist Anett ins Gesicht geschrieben. Und um gleich Nägel mit Köpfen zu machen, hat sie den neuen Mann gleich dabei. Mehr verraten wäre frevelhaft. Nur soviel, alle möglichen Varianten deuten sich an. Das Ende ist dann eher profan. Selbst der Papst würde es mögen. Die Frage: Wer hat Angst vor Jaan Tätte? stellt sich nicht.
Der estnische Dramatiker Jaan Tätte, international mit seinem Stück "Bungee Jumping" bekannt geworden, setzt neue Maßstäbe im Komödientheater. Mit "Fasten Seat Belt", zu sehen im Teamtheater Tankstelle, schuf er einen Text, der unterhaltsam ist, auf äußerst unkonventionelle Weise Konventionen hinterfragt und sich dabei der ästhetischen Mitteln des Grotesken, z.T. sogar des Absurden bedient. Es gibt in der modernen Dramenliteratur kaum etwas Vergleichbares.
Erzählt wird die Geschichte eines Paares, das seit siebzehn Jahren glücklich verheiratet ist. Das bedeutet: sie leben nur noch einhellig nebeneinander her. Eingeleitet wird das Stück mit einer kleinen Parabel. Anna, Freundin und seit vielen, zu vielen Jahren Nachbarin von Fred und Anett, wird von Fantasien geplagt. Was ist, wenn Außerirdische auf der Erde landen und Anna erwählen, um sie mit ins All zu nehmen. Sie würde mit ihnen sprechen, keinesfalls aber mitreisen. Doch was ist, wenn sie auf magische Weise mit den Fingern locken? Sie weiß, dass ihr Wille dieser Geste nicht standhalten wird. Am Ende wird dem Zuschauer bewusst, dass diese Parabel eine Metapher für die magische, alles überwindende (ideale) Liebe ist, der letztlich niemand widerstehen kann, weil jeder sich nach ihr sehnt. Im Fall Anna ist Fred Objekt ihrer Begierden, der Freund und Nachbar, der sie nicht erhört, ja nicht einmal wahrnimmt, wie sie sich ihm darbietet.
Anett kommt von einer Dienstreise nach Hause und erklärt ihrem Gemahl, dass sie auf eine Art und Weise verliebt ist, wie sie es nie zuvor im Leben erfahren hatte. Fred seinerseits braucht ein Weilchen, um zu kapieren, dass diese geradezu überirdische Liebe nicht ihm gilt. Manfred ist der Erwählte, mit dem sie seit einem Tag "eins im Geist ist". Körperlich ist da noch nichts gelaufen, doch die Vorfreude ist Anett ins Gesicht geschrieben. Und um gleich Nägel mit Köpfen zu machen, hat sie den neuen Mann gleich dabei. Mehr verraten wäre frevelhaft. Nur soviel, alle möglichen Varianten deuten sich an. Das Ende ist dann eher profan. Selbst der Papst würde es mögen. Die Frage: Wer hat Angst vor Jaan Tätte? stellt sich nicht.
Ulla Wagener, Heiko Dietz |
Das Stück lebt in erster Linie von den ungewöhnlichen, sehr glaubhaft vorgetragenen Prämissen. In der Beantwortung der daraus resultierenden Fragen ergibt sich dann die Entlarvung aller Personen in ihrer sehr menschlichen Kleinbürgerlichkeit. Und trotzdem werden tradierte Werte wie Zusammengehörigkeitsgefühl und Verantwortung, beispielsweise für die Kinder, nicht in den Orkus geschüttet.
Die Inszenierung war eine Hatz durch unterschiedlichste Gefühlsebenen. Am brillantesten vermochte Cécile Bagieu als Anna dabei bestehen, obgleich ihr Part umfänglich am geringsten ausfiel. Regisseur Oliver Zimmer hatte die Rolle mit einer zauberhaften und selbstvergessenen Naivität angelegt. Im Innern der bis über beide Ohren verliebten Frau tobte ein Vulkan, der sie äußerlich in berückend zwanghaftes Verhalten trieb. Ulla Wageners Anett war hingegen viel facettenreicher angelegt. Im Beginn die euphorisch Liebende, zu artistischen Kapriolen fähig, wandelte sie sich im Bedarfsfall schnell zur kalkulierenden Megäre, die am Ende dann doch zur "Vernunft" (im spießigsten Verständnis) zurückkehren konnte. Notgedrungen, versteht sich, denn der Supermann war längst auf einem anderen Trip. Dieser wurde von Johannes Haag gegeben. Es war vielleicht die interessanteste Rolle, weil voller Überraschungen. Leider gelang es Johannes Haag nicht in jeder Situation, das komische Vermögen der Rolle auszuschöpfen. Ganz anders Heiko Dietz, der durchgängig als der gebeutelte, bevormundete und vernunftverhaftete Ehemann agierte. Seine Rolle war in Fragen Komik vom Autor nicht unbedingt gesegnet. Doch Darsteller Dietz verstand es, das Spiel der KollegInnen kongenial zu unterstützen und sich selbst komische Momente zu erspielen, wo sie nicht zwingend vorgegeben waren.
Claudia Weinhart, die für Bühne und Kostüme verantwortlich zeichnete, hatte einen Theaterraum geschaffen, der funktional und unverbindlich war. Die Bühne war nicht mehr und nicht weniger als ein Tableau, Ausstellungsraum für komödiantisches Ereignis und genügte vollauf. Die Bühnenbildnerin konnte ihre Herkunft aus der Architektur mit diesem Bild nicht verleugnen. Auf diesem Tableau wurde dem Publikum ein Abend voller Heiterkeit mit sehr nachdenklichen Momenten geboten, der überraschte und weitestgehend unvorhersehbar geriet. Sehenswert! "Fasten Seat Belt" - Doch keine Bange, Jaan Tätte ist kein Außerirdischer.
Die Inszenierung war eine Hatz durch unterschiedlichste Gefühlsebenen. Am brillantesten vermochte Cécile Bagieu als Anna dabei bestehen, obgleich ihr Part umfänglich am geringsten ausfiel. Regisseur Oliver Zimmer hatte die Rolle mit einer zauberhaften und selbstvergessenen Naivität angelegt. Im Innern der bis über beide Ohren verliebten Frau tobte ein Vulkan, der sie äußerlich in berückend zwanghaftes Verhalten trieb. Ulla Wageners Anett war hingegen viel facettenreicher angelegt. Im Beginn die euphorisch Liebende, zu artistischen Kapriolen fähig, wandelte sie sich im Bedarfsfall schnell zur kalkulierenden Megäre, die am Ende dann doch zur "Vernunft" (im spießigsten Verständnis) zurückkehren konnte. Notgedrungen, versteht sich, denn der Supermann war längst auf einem anderen Trip. Dieser wurde von Johannes Haag gegeben. Es war vielleicht die interessanteste Rolle, weil voller Überraschungen. Leider gelang es Johannes Haag nicht in jeder Situation, das komische Vermögen der Rolle auszuschöpfen. Ganz anders Heiko Dietz, der durchgängig als der gebeutelte, bevormundete und vernunftverhaftete Ehemann agierte. Seine Rolle war in Fragen Komik vom Autor nicht unbedingt gesegnet. Doch Darsteller Dietz verstand es, das Spiel der KollegInnen kongenial zu unterstützen und sich selbst komische Momente zu erspielen, wo sie nicht zwingend vorgegeben waren.
Claudia Weinhart, die für Bühne und Kostüme verantwortlich zeichnete, hatte einen Theaterraum geschaffen, der funktional und unverbindlich war. Die Bühne war nicht mehr und nicht weniger als ein Tableau, Ausstellungsraum für komödiantisches Ereignis und genügte vollauf. Die Bühnenbildnerin konnte ihre Herkunft aus der Architektur mit diesem Bild nicht verleugnen. Auf diesem Tableau wurde dem Publikum ein Abend voller Heiterkeit mit sehr nachdenklichen Momenten geboten, der überraschte und weitestgehend unvorhersehbar geriet. Sehenswert! "Fasten Seat Belt" - Doch keine Bange, Jaan Tätte ist kein Außerirdischer.
Wolf Banitzki
Fasten Seat Belts
von Jaan Tätte
Cécile Bagieu, Ulla Wagener, Heiko Dietz, Johannes Haag Regie: Oliver Zimmer |