Theater imHaus der Kunst Natürliche Auslese von Paul Jenkins


 

 

 

Das ist Gegenwart

In die letzten scheinbar vergessenen Winkel der Erde und die letzten Geheimnisse der Menschheitsgeschichte dringen sie nun vor, die Wissenschaftler. In ihrem Schlepptau folgen die Medien und die Ökonomie. Was immer sich zur Schlagzeile machen lässt wird aufgegriffen, was immer sich als Entertainment-Point in die Welt setzen lässt wird aufgebaut. Verwertung und Konsum, das ist Gegenwart.

Der britische Autor Paul Jenkins hat sein kritisches Auge auf die Menschen in diesem Umfeld geworfen und typische Charaktere und Situationen heraus gegriffen. Es sind moderne Prototypen, die er humorvoll in seinem Werk vorführt. Seine Sprache ist zeitgemäß und voller Pointen. Psychoanalyse, Konsumverhalten, Geschlechterkampf, Extremismus, Kleinkriminalität, Gentechnik, Leihmutterschaft, Archäologie, Ökonomie, Arbeitsmarkt, Behinderung, Globalisierung heißen die Themen, mit denen die auf Individualitätssuche befindlichen Figuren im Alltag beschäftigt werden. Das Stück, welches in kurze Szenen gegliedert ist, beginnt und endet, wie könnte es heute anders sein, mit einem Therapeutengespräch. Hier wird über Glück und Unglück, Sein oder Nichtsein entschieden, hier werden die Weichen für das Leben gestellt.

 

Ulrike Arnold, Stefan Hunstein, Helmut Stange

© Thomas Dashuber

 

Mr. Brain schildert der Therapeutin seine Probleme vor dem Supermarktregal bei der Wahl von Nudeln und passender Sauce. Da wird es nur zu verständlich, dass seine Partnerin bei der Auswahl des rechten Anzugs für ein Bewerbungsgespräch zur Mithilfe gefordert ist und auch der fachkundige Rat des Verkäufers ist von Nutzen. Stefan Hunstein gab einen modernen Mann, der ganz im Banne seiner Partnerin stand. Seine Mimik Gestik und Artikulation trafen ins Schwarze, sein Schauspiel war brillant und vielfältig. Ulrike Arnold stellte seine schauspielerisch durchaus ebenbürtige Partnerin dar, die einen Mann zur Versorgung suchte und einen Vater für das, für sie von Leihmutter Mash ausgetragene Kind. Mash, lebendig gespielt von Lena Dörrie, war die jüngere Schwester eines walisischen Brüderpaares, die den vom Vater begonnen Widerstand gegen die Engländer fort führten. Bombenattentate und Taschendiebstahl waren das Metier von Johannes Allmayer (Vlad) und Jan-Peter Kampwirth (Joseph), die überzeugende schauspielerische Leistungen boten.

Joseph hatte für die Archäologin Helen (Marina Galic) den Hominiden Grant ausgegraben, der zum Mittelpunkt des neuen Kulturzentrums in Wales erkoren worden war. Wales, der rückständige Westen Englands, wurde zum Schauplatz des wirtschaftlichen Aufschwungs. Tom Schenks treffendes Bühnenbild charakterisierte die vom Kohlebergbau lebende Region mit einem wandlungsfähigen schwarzen Berg, der gegen Ende die geänderten Verhältnisse widerspiegelte.

"Natürliche Auslese", in der Inszenierung von Antoine Uitdehaag, ist ein unterhaltsames Stück Zeitgeschichte in der Tradition englischen Humors. Anregend und komödiantisch hält es dem Zuschauer einen Spiegel vor, indem er sich ohne Betroffenheit wiederfinden kann.



C.M.Meier

 

 


Natürliche Auslese

von Paul Jenkins

Stefan Hunstein, Eva Gosciejewicz, Johannes Allmayer, Jan-Peter Kampwirth, Lena Dörrie, Helmut Stange, Ulrike Arnold, Marina Galic, Marco Massafra, Sebastian Winkler

Regie: Antoine Uitdehaag

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