Theater Viel Lärm um Nichts Der Dandinger Schorsch (nach "George Dandin" von Moliere)


 

 

 
Mit der Weißwurst in der Hand!

- So könnte das Motto des Abends gelautet haben. Zumindest einer führte diese Insignie bayerischer Lebensart mehr als glaubhaft in die Geschichte ein: Claus Steigenberger, im Stück der Moritatensänger. Fast mochte man meinen, er wäre die legitime Reinkarnation Karl Valentins.

Was hat nun bayerische Denkungs- und Lebensart mit Molière zu tun? Die Antwort darauf liegt nicht in Bayern, sondern im Genie Molières, der Stücke schuf, die nach dreihundertfünfzig Jahren immer noch taufrisch, weil allzu menschlich sind. Josef Parzefall machte sich daran, das als Auftragswerk von Molière mit heißer Feder geschriebene Stück "George Dandin oder der betrogene Ehemann" auf die bayerische Alm zu verpflanzen.

Der nicht unvermögende Dandinger Schorsch (Josef Parzefall) hat den fatalen Fehler begangen, eine adlige Dame aus verarmtem Hause mit dem verheißungsvollen Namen Angélique (Ala Freyberg) zu ehelichen. Die Mesalliance fällt natürlich zu seinen Ungunsten aus, denn bald schon scharwenzelt der Graf von Kitzling (Wolf Friedrich) um die geneigte Ehefrau herum. Sein Protest wird von der müßiggängerischen Familienblase derer von Bläh-Fröschl als impertinent abgetan. Die Wirrungen nehmen ihren Lauf und am Ende, obgleich die Schandtat für alle sichtbar, ist Dandinger der gelackmeierte. Der Schuss im Off lässt böses ahnen.

Der kleine Spielraum wurde mit einem einzigen, von Ausstatter Ernst Klünner gestalteten Prospekt in eine klischeehafte Almidylle verwandelt. Regisseur Andreas Seyferth ließ derb bayerisch spielen. Da wurde es schon mal recht laut mit Watschenschall. Konterkariert wurde das naturbayerische Flair durch die blaublütige Herrschaft, die durchweg hochdeutsch sprach und recht hölzern daherkam. Balbina Brauel und Adolf Adam als Freiherrschaftliche agierten wie siamesische Zwillinge und unterschieden sich leider auch im Spiel in keiner Nuance. Windschlüpfrig und schmierig hingegen überzeugte Wolf Friedrich als Graf auf Freiersfüßen. Komisch, weil sehr direkt und deppenhaft war ebenso sein Liebesbote Luck. Richard Oehmann gab überzeugend einen käuflichen und immer den eigenen Vorteil suchenden Dorfrüpel. Eva Wittenzellner trat gelegentlich leider zu burschikos auf, was die Figur der Magd Claudia nicht selten platt erscheinen ließ. Ala Freybergs Reiz lag weniger in der Rollengestaltung, denn ihr schrieb der Dichter oder Übersetzer kaum mehr als ein paar Stichworte ins Rollenbuch. Ihr Part bestand vielmehr darin, die Begehrlichkeiten des Ehemanns und des Nebenbuhlers mit weiblichen Reizen glaubhaft zu machen und das gelang ihr unbestritten. Lasziv und dümmlich machte sie den Grafen von Kitzling augenrollen, was dem Ehemann Ringe vor dieselben projizierte. Josef Parzefall als Dandinger leistete viel, zu viel, möchte man meinen, denn er spielte leider Identifikationstheater. Mit großem emotionalem und gestischen Aufwand lebte er das Leiden des Dandingers vor, weshalb die Figur eher als Tragödienfigur erlebbar wurde. Letztlich ist aber auch er eine komische Figur, die ein selbstverschuldetes Dilemma erleidet. Ein wenig mehr Abstand zur Rolle hätte dem Publikum mehr Raum gegeben, das Leid dieses armen Tropfes hemmungsloser zu genießen. Immerhin war der Abend ein gelungenes Experiment. Parzefall hatte den Beweis der Bühnentauglichkeit bayerischer Mundart in Klassikern mit seiner leider viel zu wenig beachteten "Elektra in Niederbayern" bereits erbracht. Bleibt zu hoffen, dass er sich auch fürderhin nicht von derartigen Projekten abbringen lässt.

 
Wolf Banitzki

 

 


Der Dandinger Schorsch

(nach "George Dandin" von Moliere)

Übersetzung von Josef Parzefall

Josef Parzefall, Balbina Brauel, Adolf Adam, Ala Freyberg, Wolf Friedrich, Richard Oehmann, Eva Wittenzellner, Claus Steigenberger

Regie: Andreas Seyferth
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