Theater Viel Lärm um Nichts Sankt Diredare von Josef Parzefall


 

 

 
Lachen als therapeutische Maßnahme

"Ja, viele Schriftsteller, Prosaiker sowohl als Dichter, die von Natur nicht erhaben, vielleicht sogar ohne Anlage zur Größe waren, erreichten es dennoch, indem sie größtenteils gewöhnliche, im Volksmund gangbare und nichts Hervorragendes verratende Wörter gebrauchten, durch die bloße Verbindung und harmonische Fügung derselben, dass sie gar prächtig und hervorragend und nicht niedrig erschienen, so unter vielen andern Philistos, Aristophanes in gewissen Stellen, (...)." Das zu ästhetischen Fragen der Sprachgestaltung des Aristophanes von einem gewissen Herrn Pseudo-Longinos (297-349).

"... Dass sie gar prächtig und hervorragend und nicht niedrig erschienen, (...)" Will meinen: auch wenn es niedrig ist, erscheint es doch dank der Sprachgestaltung als "prächtig und hervorragend". Was aber ist niedriger, profaner, von einer kulturellen Warte betrachtet ästhetisch verwerflicher, als über Geld zu reden? Nichts!

Doch genau das geschieht in "Sankt Diredare" von Josef Parzefall im Theater Viel Lärm um Nichts. Inspiriert durch Aristophanes "Plutos" schuf er eine Mundartposse, die für den Liebhaber bairischer Mundart nichts offen lässt. Aristophanes, ein Mann der die Demokratie verabscheute, der Sokrates verleumdete und der Euripides verhöhnte, erzählte in seiner Geschichte vom Gott des Reichtums von den verheerenden Folgen, die eine moralische Betrachtung des Problems nach sich zieht. Plutos, von Blindheit geheilt, verteilt Reichtum jetzt nach moralischer Integrität. Das Ergebnis: Nun sind die Guten reich und die Bösen arm. Das Problem ist nicht aus der Welt.

Es würde wenig bringen, sich in die Diskussion um Reichtum und Moral einzubringen, denn es handelt sich um einen antagonistischen Widerspruch. Im Übrigen macht das neoliberale System (und die Politiker als seine Vollzugsbeamten) keine Anstalten, diesen Widerspruch aus der Welt zu schaffen. In zynischer Verachtung des Menschen definieren sie das "Problem" als Garant für Leistung (sagen die Reichen) und Moral (bleibt den Armen). Keine Bange, es werden keine tiefergehender Wahrheiten über den Kapitalismus verbreitet, in Frage gestellt wird er auch nicht wirklich.
 

Josef Parzefall, Claus Steigenberger, Hannes Berg

© Hilda Lobinger

 

Josef Parzefall hat die Geschichte um den blinden Gott des Reichtums nach Untergiesing verlegt. Achat Kachatzer, quirlig und dynamisch von Parzefall selbst gespielt, wird infolge eines Rates ("Häng dich an den ersten, der dir über den Weg läuft.") einer Figur habhaft, die in erbärmlicher Verfassung ist. Schlotternd und blindpanisch gegen alle Hindernisse prallend, von scheinbar existenzieller Angst ergriffen, gabt Claus Steigenberger den Sankt Diredare, eine Randfigur, wie sich im Verlauf der Farce herausstellte. Der von Hannes Berg schlaksig und temperamentvoll gestaltete Kare, Geselle vom Kachatzer, schlug sich, in Aussicht auf Reichtum, auf des Meisters Seite. Der Spechtl(Herbert Frei), ein Nachbar, fand sich ein und gemeinsam mit den schräg musizierenden und singenden alten Untergiesingern (Florian Burgmaier und Special Guest (?)) zog man nach Lourdes um eine Wunderheilung herbeizuführen. Der Streich gelang und Sankt Diredare brachte sehenden Auges den ehemals Gebeutelten Wohlstand. Auf der Strecke blieben die schlechten Menschen, die korrupten, moralisch verdorbenen.

Autor Parzefall schrieb eine bairische Farce, bestehend aus einzelnen Szenen, die, in sich relativ geschlossen, lehrhafte Dispute über das Problem beinhalteten. Regisseur Parzefall verwob diese Szenen zu einem gängigen, nicht selten derben Spektakel, das mittels Musik gut verleimt war. Der Witz resultierte aus deutlichen Zeitbezügen (das Jahr 2008 wird wohl als Jahr des Geldes in die Geschichte eingehen), wobei sich Parzefall nicht scheute Namen und Hausnummern zu nennen, und der bairischen Mundart, der der Zuschauer unbedingt mächtig sein sollte.

Neues erfuhr man nicht. Es war auch kein erhabenes Werk, das Nachhaltigkeit oder gar Moral erzeugen wollte, unterhaltsam war es allemal. Insofern war es "gar prächtig und hervorragend und nicht niedrig". Die Komik, eine Mischung aus frappanter Unfassbarkeit der gesellschaftlichen Zustände, aus unterschwelliger Angst vor der Zukunft, die wenig Gutes verheißt, und aus einer zutiefst menschlichen Sicht auf die Dinge, die nicht selten an Valentin erinnerte, befreite für eine und eine halbe Stunde. Der Volksmund sagt, dass Lachen die beste Therapie sei. Der Abend im Theater Viel Lärm um Nichts steigerte das Wohlbefinden unbestritten.

 
Wolf Banitzki

 

 


Sankt Diredare

von Josef Parzefall

nach ARISTOPHANES' Satire "PLUTOS" auf Bairisch

Hannes Berg, Florian Burgmayr, Herbert Frei, Karin Neumayr, Josef Parzefall, Claus Steigenberger

Regie: Josef Parzefall