Volkstheater Rum und Wodka von Conor McPherson
Der Krug geht so lange zum Munde, bis man bricht
Ein junger Mann, er bleibt namenlos und wird somit gleichermaßen Repräsentant einer Generation, fällt aus einem bürgerlichen Leben heraus, das er nie wollte. Jung verheiratet mit zwei Kindern, Eigenheim und Hypotheken, brennen ihm an einem ganz normalen Freitag die Sicherungen durch. Er schleudert seinen Computer durch das Fenster und verkündet seinen Mitkollegen, dass dieser Befreiungsakt längst überfällig war. Er hatte sein Leben ohnehin nur noch mit einem Übermaß von Alkohol ertragen können. Doch was folgt ist kein Neuanfang, sondern ein Absturz. Drei Tage säuft er exzessiv, gerät, wie in einem surrealen Roadmovie, in die fremde Welt des Reichtums und endet schließlich am Bett seiner Töchter, die er, voll des Katzenjammers, betrachtet.
Mit Conor McPhersons "Rum und Wodka" kam ein Text auf die kleine Bühne des Volkstheaters, der den Ungeist der Zeit reflektierte, ohne über diesen hinaus zu gelangen. Wieder einmal handelte es sich bei McPhersons literarischem Entwurf um einen Monolog, ein eher episches Werk. Darin wurde versucht, die Psychologie der Haltlosigkeit eines Alkoholikers sicht- und fühlbar zu machen. Eine gewisse Koketterie mit dem Habitus des Underdogs war unübersehbar. Leider wurde nicht unterschieden zwischen Trinker und Trinker in Dublin, wo das Trinken einen durchaus anderen Stellenwert besitzt als in Berlin oder Paris. Doch diesen Unterschied kann ohnehin nur nachvollziehen, wer Wilde, Joyce, Behan oder Beckett verinnerlicht hat.
Ein junger Mann, er bleibt namenlos und wird somit gleichermaßen Repräsentant einer Generation, fällt aus einem bürgerlichen Leben heraus, das er nie wollte. Jung verheiratet mit zwei Kindern, Eigenheim und Hypotheken, brennen ihm an einem ganz normalen Freitag die Sicherungen durch. Er schleudert seinen Computer durch das Fenster und verkündet seinen Mitkollegen, dass dieser Befreiungsakt längst überfällig war. Er hatte sein Leben ohnehin nur noch mit einem Übermaß von Alkohol ertragen können. Doch was folgt ist kein Neuanfang, sondern ein Absturz. Drei Tage säuft er exzessiv, gerät, wie in einem surrealen Roadmovie, in die fremde Welt des Reichtums und endet schließlich am Bett seiner Töchter, die er, voll des Katzenjammers, betrachtet.
Mit Conor McPhersons "Rum und Wodka" kam ein Text auf die kleine Bühne des Volkstheaters, der den Ungeist der Zeit reflektierte, ohne über diesen hinaus zu gelangen. Wieder einmal handelte es sich bei McPhersons literarischem Entwurf um einen Monolog, ein eher episches Werk. Darin wurde versucht, die Psychologie der Haltlosigkeit eines Alkoholikers sicht- und fühlbar zu machen. Eine gewisse Koketterie mit dem Habitus des Underdogs war unübersehbar. Leider wurde nicht unterschieden zwischen Trinker und Trinker in Dublin, wo das Trinken einen durchaus anderen Stellenwert besitzt als in Berlin oder Paris. Doch diesen Unterschied kann ohnehin nur nachvollziehen, wer Wilde, Joyce, Behan oder Beckett verinnerlicht hat.
Markus Brandl © Andrea Huber |
Es steigert die Potenz des Textes allerdings auch nicht, wenn, wie auf dem Flyer zur Inszenierung geschehen, auf Charles Bukowski (Ein Deutscher aus Andernach!) verwiesen wird, der von einer unbestimmten aber fundamentalen Sehnsucht sprach, auf deren Erfüllung man nur warten kann. McPherson erreichte in seinem Text kaum die inhaltlich-qualitative Ebene Bukowskis, dessen Alkoholismus sein Credo war. Der Poet der Underdogs ließ sein lebenslang kultiviertes Alterego Henry Chinaski im Film "Barfly" zum Thema Alkoholismus verkünden: ‚Alkoholiker sind starke Menschen, denn sie müssen Ausdauer haben.' Henry Chinaski seinerseits konnte warten, trinkend warten. Dabei schuf er ein Monument des genialen Säufers im Sediment der Gesellschaft. Der in "Rum und Wodka" gezeigte junge Mann zeichnete sich nicht durch Genialität, vielmehr durch seine Schwäche, seine Handlungsunfähigkeit, seinen permanenten Fluchtreflex aus.
Alkoholismus als Weltanschauung hat Bedeutung, Alkoholismus in seinen banalen Auswirkungen ist lediglich Realismus. Dieser schmuddelige, "abgefahrene", "verfickte" Realismus überkam das Publikum im Volkstheater dennoch wie ein Hurrikan.
Dass die Inszenierung von Florian Helmbold trotz mangelnder Aussagekraft des Textes das Publikum für sich gewinnen konnte, hatte zwei Gründe. Helmbolds Inszenierungsansatz, den horriblen Dreitagetrip als Blues zu inszenieren, verlieh dem Ganzen eine tragfähige Ästhetik. Luke Cyrus Goetze begleitete das Spiel sensibel und dialogisierend. Die musikalischen Ein- und Auslassungen kamen teilweise aus der Konserve. Musiker Goetze fragmentierte, mischte und kolportierte die Stücke, und verlieh ihnen somit eine neue eigenständige Qualität. Oder aber er ergriff mit seiner Gitarre das Wort. Dabei wirkte er zwar distanziert, war aber ständig beredter Partner von Markus Brandl.
Die schauspielerische Darstellung von Markus Brandl war der zweite Grund für das Gelingen. Brandls beinahe zweistündiges Spiel beeindruckte erst einmal durch die enorme physische Leistung. Es trieb ihn ständig zwischen Exzess und Innehalten hin und her. Dabei kommunizierte er unentwegt mit dem Publikum, was der Inszenierung bis zu einem gewissen Grad das ausschließlich Narrative nahm. Markus Brandl zeigte sowohl seine artistisch-tänzerischen Qualitäten, überzeugte aber auch mit sprachlich-suggestiver Eindringlichkeit. Er zeigte allerdings auch den "Rest", was vom Text keineswegs gefordert war. Ohne Zweifel wird sich der Zuschauer noch lange an dieses entfesselte Spiel von Markus Brandl erinnern.
Ob dem Zuschauer aber auch die Geschichte im Bewusstsein bleiben wird, ist fraglich. Im Grunde ist der Plot billig, wenn es den Ausreißer tränengefüllten Auges ans Bett seiner Kinder zurück treibt. Zudem erfuhr man wenig Aussagekräftiges beispielsweise über die Ursachen für Komasaufen, eigentlich ein brisantes Thema. Bedrückend war letztendlich die resignative Haltung des Autors und auch der Inszenierung. In einer Gesellschaft, in der die unteren Schichten von Ängsten beherrscht werden, in der gerade die Menschen aus diesen Schichten durch permanente Suchterzeugung zu Konsumenten und Abhängigen gemacht werden, ist Sucht kein Phänomen, sondern unausweichlich. Die Koketterie mit diesem Thema und seiner schönschaurigen Ästhetik geht, wenn der Autor und der Regisseur keinen Ausweg anbieten kann, leider auf Kosten der Betroffenen. An diesem Punkt stellt sich wieder einmal die Frage nach der Verantwortung..
Alkoholismus als Weltanschauung hat Bedeutung, Alkoholismus in seinen banalen Auswirkungen ist lediglich Realismus. Dieser schmuddelige, "abgefahrene", "verfickte" Realismus überkam das Publikum im Volkstheater dennoch wie ein Hurrikan.
Dass die Inszenierung von Florian Helmbold trotz mangelnder Aussagekraft des Textes das Publikum für sich gewinnen konnte, hatte zwei Gründe. Helmbolds Inszenierungsansatz, den horriblen Dreitagetrip als Blues zu inszenieren, verlieh dem Ganzen eine tragfähige Ästhetik. Luke Cyrus Goetze begleitete das Spiel sensibel und dialogisierend. Die musikalischen Ein- und Auslassungen kamen teilweise aus der Konserve. Musiker Goetze fragmentierte, mischte und kolportierte die Stücke, und verlieh ihnen somit eine neue eigenständige Qualität. Oder aber er ergriff mit seiner Gitarre das Wort. Dabei wirkte er zwar distanziert, war aber ständig beredter Partner von Markus Brandl.
Die schauspielerische Darstellung von Markus Brandl war der zweite Grund für das Gelingen. Brandls beinahe zweistündiges Spiel beeindruckte erst einmal durch die enorme physische Leistung. Es trieb ihn ständig zwischen Exzess und Innehalten hin und her. Dabei kommunizierte er unentwegt mit dem Publikum, was der Inszenierung bis zu einem gewissen Grad das ausschließlich Narrative nahm. Markus Brandl zeigte sowohl seine artistisch-tänzerischen Qualitäten, überzeugte aber auch mit sprachlich-suggestiver Eindringlichkeit. Er zeigte allerdings auch den "Rest", was vom Text keineswegs gefordert war. Ohne Zweifel wird sich der Zuschauer noch lange an dieses entfesselte Spiel von Markus Brandl erinnern.
Ob dem Zuschauer aber auch die Geschichte im Bewusstsein bleiben wird, ist fraglich. Im Grunde ist der Plot billig, wenn es den Ausreißer tränengefüllten Auges ans Bett seiner Kinder zurück treibt. Zudem erfuhr man wenig Aussagekräftiges beispielsweise über die Ursachen für Komasaufen, eigentlich ein brisantes Thema. Bedrückend war letztendlich die resignative Haltung des Autors und auch der Inszenierung. In einer Gesellschaft, in der die unteren Schichten von Ängsten beherrscht werden, in der gerade die Menschen aus diesen Schichten durch permanente Suchterzeugung zu Konsumenten und Abhängigen gemacht werden, ist Sucht kein Phänomen, sondern unausweichlich. Die Koketterie mit diesem Thema und seiner schönschaurigen Ästhetik geht, wenn der Autor und der Regisseur keinen Ausweg anbieten kann, leider auf Kosten der Betroffenen. An diesem Punkt stellt sich wieder einmal die Frage nach der Verantwortung..
Wolf Banitzki
Rum und Wodka
von Conor McPherson
Regie und Ausstattung : Florian Helmbold
Musik: Luke Cyrus Goetze