werkmünchen Trust von Falk Richter
In ... we trust
Vertrauen, Glaube, Zuneigung und andere positive Gefühlsregungen, welche dem Menschen eigen sind und ihn mit seinen Mitmenschen verbinden, werden in dieser, stets auf Optimierung ausgerichteten Zeit vorsätzlich zweckgebunden und weniger grundlegend eingesetzt. Wie auch Gott, Spiegelbild dieser Eigenschaften, deutliche Abstriche erfahren musste. Es sind vielmehr die trennenden Eigenschaften wie Egoismus, Rücksichtslosigkeit und Selbstgefälligkeit, welche Tag und Nacht durch die Medien an die Ohren hetzen. Da ist also der Teufel vor. Er ist es auch, der die Netze der Ideologien über die Menschen wirft, sie darin fängt. Und da weder Gott noch der Teufel greifbar ist, hält sich der Mensch nun am Mammon fest. „Ich bin wie Geld.“ , lässt Falk Richter seine Figuren äußern.
Aus der Fülle des Lebens sammelte der Autor jene Texte und Auffassungen, welche sich in der Beziehung und in der Ökonomie gleichen. Es sind erschreckend viele Deckungspunkte neuerdings, und die angeführten Passagen aus beiden Bereichen veranschaulichen die scheinbare Ausweglosigkeit, in der Mensch agiert. Es ist ein klarer Blick auf die Gegenwart und ihre Schmerzpunkte. Falk Richter ist einer der erfolgreichen deutschen Autoren und arbeitet als Regisseur an der Schaubühne Berlin, dem Schauspielhaus Zürich und in Düsseldorf. Seine Stücke werden weltweit gespielt, sind in 15 Sprachen übersetzt.
„I could be anywhere. ... I can never go wrong. ... Ich komme immer an.“ , begann das Werk. Die Stimme aus dem Off erzählte vom „fullprotection life im 27. Stock eines voll verglasten Hauses“ und den Möglichkeiten und Gepflogenheiten im Heute. Die Bühne begrenzte eine weiße Wand, davor das Schlachtfeld einer Beziehung und einige Teile „heile Welt“. Ein Goldfisch im Glas, ein Tisch mit rotem Tischtuch und Bonsai, eine Wanduhr, ein Teddybär und ein zerbrochener Wandspiegel. Mit Axt und Stichsäge bahnte sich Katinka Maché den Weg durch die Wand auf die Bühne. André Scioblowski folgte ihr. Die Figuren, die sie gaben, waren universell. Sie waren Frau und Mann, Aktivistin und Gepeinigter, Sehnsüchtige und Gescheiterte. Die Schauspieler verdeutlichten vielgestaltig, dass die Geschichte der Menschheit und des einzelnen ein ewiges abwechslungsreiches Ringen um Vertrauen ist. Die Kraft der Zerstörung prägte die Inszenierung von Markus Schlappig, welcher ihr eine absolut in der Zeit liegende Idee zugrunde legte. Schaffen, schaffen um jeden Preis. Einer schaffte den anderen, schaffte die Materie um sich zu Bruch. Die mit Säge und Axt schuftenden Darsteller hinterließen einen Trümmerberg. Auf ihm suchten die Figuren sich einander zu nähern, was immer nur für kurze Augenblicke gelang.
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Katinka Maché, André Scioblowski © Astrid Ackermann |
Richters Text verdeutlicht, dass es heute vielfach nur noch Anweisungen sind, die in Beziehungen ausgetauscht werden. „Du musst aggressiver sein.“ – „Es muss von dir kommen.“ Es spielt keine Rolle, welches Geschlecht gerade die Oberhand hat. Das ist gelebte Hierarchie in einem Miteinander, welches von gleichwertem Gegenüberstehen getragen sein sollte. Schon hier wird die Schieflage in der Menschheit sichtbar. Verstärkt wird diese heute durch den propagierten und praktizierten Egoismus, welcher lediglich zu Vereinsamung führt. Und damit das Gefühl von Vertrauen nicht in Vergessenheit gerät, Gott zukommt und damit gar den Mitmenschen, arbeitet der Propagandaapparat und lenkt dieses. Er kreierte: Das Vertrauen in Arbeit und Leistung. Es wurde zur Deutschen Tugend ernannt, zum Motor der Bewegung. Wirtschaftliches Wachstum soll Vorherrschaft im Kreis der partnerschaftlich verbundenen europäischen Länder sichern, und sei es um den Preis von Menschenleben, die weltweit auf den Straßen liegen, tot, erschossen, oder die hungern und frieren. Das Denkschema, das man Neoliberalismus nennt, kanalisiert und pervertiert das Gefühl zu seinem Nutzen.
Wenn diese Inszenierung des Stückes Trust von Falk Richter Sinn macht, dann in jedem Fall, um einen schwelenden Diskurs weiter anzustoßen. Markus Schlappig gelang mit kraftvollen Bildern ein solcher Anstoß.
C.M.Meier
Wenn diese Inszenierung des Stückes Trust von Falk Richter Sinn macht, dann in jedem Fall, um einen schwelenden Diskurs weiter anzustoßen. Markus Schlappig gelang mit kraftvollen Bildern ein solcher Anstoß.
C.M.Meier
Trust
von Falk Richter
Katinka Maché, André Scioblowski, Valerie Junker, Helmut Becker Regie: Markus Schlappig |