Hofspielhaus Die Sphinx von Giesing II von Stefan Kastner


 

Humor ist, wenn man trotzdem lacht

Unbedingt ernst sind die Charaktere und die Hintergründe in der Münchner Geschichte von den Ausgrabungen auf dem Spielfeld des FC Giesing zu nehmen. Und anders als im richtigen Leben sind es die kleinen Herausforderungen, die auf der Bühne herrlichskurril und nichtig wirken. Könnte man doch immer über die alltäglichen Unsäglichkeiten menschlichen Tuns ebenso lachen. Diese einzufangen und künstlerisch zu gestalten ist die Passion von Autor und Regisseur Stefan Kastner.

Neben der Bühne erstreckte sich das Spielfeld des FC Giesing. Ruhig und verlassen lag die Wiese vor den Augen der Zuschauer, die Bäume im Hintergrund mit herbstlich gefärbten Blättern. Der Spielbetrieb war schon vor einem Jahr eingestellt worden, vom Amt für DenkMalSchutz. Die Ausgrabungen um die, im Boden vermutete Mumie einer Pharaonentochter oder den Hafen von Alexandria, hatten Priorität. Über dem Loch stand ein Schild: „Hier ruht der Präsident des FC Giesing“ Platzwart Oma saß auf einem Stuhl, hörte die neuesten Nachrichten über die bayerische Raumfahrt und las Zeitung. Zuvor hatte die fußballbegeisterte Enkelin Ella eine Pressekonferenz gegeben und eine schmerzliche Absage erhalten. Dann tauchte der Präsident wieder auf, er hatte sich vergraben. Sein Auftritt führte über Schloss Linderhof die Ereignisse weiter.

Abwechslungsreich und humorvoll erzählte das Stück von den Gefühlen der Protagonisten und ihren Begegnungen. „Für ein Gefühl wie das meine sind fünfundzwanzig Jahre keine Zeit! Für ein Gefühl gibt es überhaupt keine Zeitrechnung!“, so der Präsident. Und das gilt wohl auch für die Zuschauer, die in wenigen Augenblicken den Anschluss an die Sphinx I erkannten, so, als wären sie gestern aus der Vorstellung gegangen. Das ist die Zauberei des Theaters in dem Inge Rassaerts die bodenständig konservative Oma verkörperte und Rainer Haustein den alternativ vorsichtigen Präsident. Den Höhepunkt bildete die Diskussion um Mittagessen und die Eröffnung einer Tankstelle. Wenn die Volksweisheit mit der alternativen Lebensführung in Diskussion gerät und der gute Präsident vom eingefahrenen bewährten Konsens überstimmt zu werden droht, dann kann wahrlich nur der Humor die Situation retten. „… geh dich brausen … „Oder der einfach geniale Einfall, wie die beiden Darsteller leicht den Kompromiss finden ließ.

     

 

 

I

 ©

 

Für Ella, die ihr Talent und Können einbringen möchte, blieb vorerst nur eine Möglichkeit. Da die Alten statt abzutreten, wieder aufgepäppelt werden um ihre Positionen besetzt zu halten und zu verteidigen, erfolgt die Ausgrenzung der Jugend in wenig befriedigende und erfolglose Beschäftigung; das Abhalten von Vorträgen zu einem propagiert interessanten Thema – Die Fruchtfliege - beispielsweise. Wie das fruchtlose Herumfliegen in spezielle Bereiche die Zeit zu füllen vermag, stellte jugendlich offen Isabell Kott dar.
Mit Videoeinspielungen von anderen Schauplätzen erweiterte die Inszenierung das Spielfeld. Der pflichtbewusst agierende Oberkellner von Schloss Linderhof, Sepp Schmid, kam auf diese Weise ins Bild. (Kamera: Michael Klinksik) Und die Damen des Müttergesangsvereins brachten, über die Verklärung eines notwendigen Lebensvorgangs in Form zelebrierter Abgeklärtheit, geistig emotionale Verwirrungen mit ernsthaft gläubigen Minen vor. Und das gleicht dem Gesang in einer Tonlage oder den naiven Naturanbetungsfreaks. die Gräser im Wind imitieren. Ernst gemeint und doch keinesfalls ernst zu nehmen.

Das Leben wird immer bunter, kunterbunter und war seit jeher unreflektiert so. Allein das Bewusstsein  vieler Menschen ändert sich, nicht zuletzt durch neue Lebenshaltung und vegetarische Ernährung, welche der in „Vollpension lebenden“ Tieresser gegenübersteht. Neu eingeflogenes Bewusstsein sozusagen aus dem All „erschlägt“, wie die Melonen im Stück, überlebte Konventionen. Möge es heiterer werden, so heiter doppelsinnig und sehenswert unterhaltsam wie in Stefan Kastners „Die Sphinx von Giesing II“.

 

C.M.Meier

 


Die Sphinx von Giesing II

von Stefan Kastner

Inge Rassaerts, Isabel Kott, Rainer Haustein, Christiane Brammer
Susanne Schroeder / Zora Thiessen und die Damen des Müttergesangsvereins: Tina Armbruster, Susanne Barth-Ilg, Dagi Baumgartner, Sabine Fink, Renate Grote-Giersch, Angelika Hornsteiner, Dominique MarchandFässler, Christina Neudecker, Margarete Paul, Bettina von Staden, Uli Wimmer
Sepp Schmid, Dominik Wilgenbus, Zora Thiessen, Ralf Eickhoff, Winfried Hübner, Susanne Rohrer

Regie: Stefan Kastner