Hofspielhaus Herr Blumenkohl gibt sich die Ehre
Schaut mal
1861 schrieb Jaques Offenbach die Musik zur Operette. Die Aktualität im Thema ist ungebrochen eine heutige, neofeudale. Mit allen Kräften gilt es die bürgerlich heilen Fassaden zu erhalten, den der Selbstverherrlichung dienenden Wohlstand zu zelebrieren, großmütig spendabel den Mäzen zu mimen. Zwischen falscher Euphorie, Herzinfarkt und opportuner Schacherei handelt sich die Gesellschaft durch die Tage und Nächte.
Dominik Wilgenbus, ein wohlbekannter Mann in der Theaterszene, übersetzte das Libretto von M. de Saint-Remy und schuf eine zeitgemäße, mit Wortwitz und pointierten Sätzen angereicherte Fassung. Als Herr Blumenkohl empfing er am Abend des 24.4. das Publikum, seine Gäste. Geladen hatte Herr Blumenkohl zu einer Soiree, deren glanzvoller Höhepunkt der Auftritt dreier bekannter Opernsänger sein sollte. Doch schon nach der Ouvertüre wurden die ersten Mängel offenbar, denn Butler James kam nicht aus England sondern aus Friesland und im Anstellungsverhältnis war auch nur eine halbe Uniform für ihn vorgesehen. Im Umgang mit dem Silbertablett erwies sich James-Pitterjan weniger geschickt als im Umgang mit dem Cello. Ein Künstler im überlebensnotwendigen Nebenjob vermutlich. Juri Kannheiser verkörperte einen coolen jungen Mann dem die Haare zu Berge standen, wenn der seine Möglichkeiten auslotete. Während Herr Blumenkohl die Hiobsbotschaft las, flirtete seine Tochter Ernestine mit dem jungen Fridolin Hastewas, der gerade ein Musikstück komponierte und in einer Dachkammer nebenan wohnt. Es kam, wie es kommen muss ... Ernestine und Fridolin ... führten eine Oper auf, in deren Mittelpunkt die Erfüllung in der Liebe stand. „Her mit der Kunst ...“ Thea Schuette und Julian Freibott überboten einander, jeder auf seine Weise, in komödiantischem Talent. Thea Schuette bezauberte begeistert, während Julian Freibott pfiffig bis geradezu genial agierte. Da blieb Herrn Blumenkohl nur der Versuch die Haltung zu wahren.
© |
Besonders erwähnenswert ist die wundervolle Arie vom Höhepunkt ... Original Offenbach. Am Klavier brillierte Andreas Partilla, der ein ganzes Orchester ersetzte. Zwischen Comedy und großer Oper changierend überboten sich die singenden Darsteller/darstellenden Sänger gegenseitig und ein wenig Comedia del Arte durfte auch noch durchschimmern. Und alles als wäre es – und das war es – ganz große Oper! Dies auf kleinem Raum zu inszenieren ist eine weitere Kunst, die das Ensemble meisterte. Die Aufführungen werden an verschiedenen Abenden mit unterschiedlicher Besetzung gespielt, wodurch die Operette andere charakterliche Effekte, ein anderes Erlebnis bietet.
Und das „Schaut mal“ ist vor allem auch als Aufforderung zu verstehen der Inszenierung, die verspielt erheiternd und künstlerisch hochwertig (um sprachlich im gehobenen bürgerlichen Haltungsmodus zu bleiben), beizuwohnen. Der Einladung des Herrn Blumenkohl ins Hofspielhaus zu folgen, garantiert mehr als einen herrlich amüsanten Abend. Hin zur Kunst ...
C.M.Meier
Herr Blumenkohl gibt sich die Ehre
Operette von Jaques Offenbach
Libretto von M. de Saint-Remy
Spielfassung von Dominik Wilgenbus
Julian Freibott, Juri Kannheiser, Thea Schuette, Dominik Wilgenbus Regie: Dominik Wilgenbus |