Mathilde Westend Ein Liebesbeweis von Barbara Kappen
Gedankenkarussell
... und wie könnte es anders sein, alles dreht sich um die Liebe. Die Aufmerksamkeit kreist um einen Mann, sein Tun, seine Art und die Momente der Begegnung. Höhenflüge und Durchhängen, Leidenschaft und Distanz. Es ist die Liebe, die das Karussell des Daseins betreibt. Immer im Kreis ...
In der Tradition der französischen Bekenntnisliteratur geschriebenen, erschien 1933 der Briefroman „Fast ganz die Deine“ von Marcelle Sauvageot. Feinsinnig detailiert und in poetischer Sprache verfasst, befreit sie sich in dem Text von Vergangenem. Barbara Kappen übersetzte und kristallisierte daraus den Monolog einer Auseinandersetzung mit Gefühlen, Trennung und Erinnerung. Die ewige Frage nach dem Empfinden Liebe, dem Glück und den bunten Folgen ist wohl eines der großen Abenteuer, die wieder und wieder beschrieben, das Interesse nach wie vor fesseln. Kaum ein anderes Thema erfährt so viel Aufmerksamkeit und scheint letztlich doch als Rätsel. „... wenn ich dich liebe, aber ich dich nicht richtig liebe, dann wäre ...“ Schatten und Licht, die Erfahrung in sich selbst und im Spiegel des Anderen, Realität und Illusion. All dies anzusprechen gelang der Autorin in stilgemäß moderner Sprache. In Nebensätzen und Andeutungen macht sie nicht nur die Geschichte der Frau transparent.
In rotem Mantel und roten Schuhen betrat Theresa Hanich die Spielfläche, hob sich leuchtend ab von der weißen Wand und den daran hängenden weißen und blauen Briefen. Vom ersten Augenblick an verbreitete sie Abschiedsstimmung im Raum. Der Bahnhof, der Zug wurden aus ihren Bewegungen sichtbar und die Fahrt nach Hauteville war ein Schritt des Lebewohls, des Abschieds von Paris, des Abschieds von ihm und des Abschieds von einem Leben. Nachdenklich lehnte die Schauspielerin den Kopf an das Fenster, verfolgte die scheinbar daran vorbeiziehende Landschaft. Bekenntnisse drangen von ihren Lippen. „.... erstarren in äußerer Würde, das kann ich gut ...“ wohl ebenso gut wie „ ... ein Gefühl mitteilen, wenn es ausbricht ...“ und die Verlassenheit benennen „... alles erinnert mich an dich, obwohl es dich nicht mehr gibt für mich ...“! Mit fabelhafter Präsenz gelang es ihr das Publikum in ihre Geschichte einzubinden, miterleben zu erzeugen. Theresa Hanich breitete ein kraftvolles weibliches Innenleben aus, gab Empfindungen wie Illusionen preis. Unter der feinsinnigen Regie von Florian Hackspiel gelang es ihr bis zum immer deutlicher hervortretenden Ende einen Spannungsbogen zu erspielen. Der enge Raum eines menschlichen Inneren fand sich im engen Theaterraum gespiegelt. So erwirkten Florian Hackspiel und Theresa Hanich eine komplexe Welt, die die Zuschauer erreichte.
Beifall für sehenswertes Theater auf kleinstem Raum im Mathilde Westend. Eine Erfahrung einer neuen Art und fraglos ein ausgefallener Abend.
C.M.Meier
Weitere Vorstellungen ...
Ein Liebesbeweis
von Barbara Kappen
Übersetzung und Dramatisierung des Briefromans
Fast ganz die Deine von Marcelle Sauvageot
Theresa Hanich Regie: Florian Hackspiel |