Komödie am Max II Geliebter Feigling von Françoise Sagan


 

 

 

Zu viel Lärm um wenig

Françoise Sagans Leben und Werk war skandalumwittert. Und sie war Französin bis ins Mark. Sie liebte den Rausch, die Eleganz und lebte exzessiv. Als sie im vergangenen September starb, hielt diese Tatsache das Land Frankreich nicht ab, eine tiefe Verbeugung zu machen. Hinter Sagans Geschichten steckt immer eine gehörige Portion Realismus, ein Realismus, der bigotte Geister schreckt.


Unumwunden fabuliert die Autorin in "Geliebter Feigling" über das, was Frau und Mann am heftigsten bewegt, nämlich Sex. Die Helden stammen aus Sachsen, Preußen und Österreich, was ein wenig verwundert, denn gerade deren Mentalitäten unterscheiden sich von denen der Franzosen gehörig, zumindest, wenn man die Klischees befragt. Aber vielleicht offenbarte sich hierin nur die Vorstellung einer Französin von deutschen Menschen in Bezug auf dieses Thema. So war alles ein wenig grobschlächtig und unverblümt. Zumindest in der Inszenierung von Yves Jansen erschien es so. Wenn man genauer auf den Text schaut, so ist das ganz und gar nicht zutreffend und das Spiel um Eros hätte auch anders klingen können, diffiziler, feinsinniger und eleganter. Diese Inszenierung mutet an wie bayerisches Bauerntheater, derb und schrill. Ohne Zwischentöne zu intonieren, zielte der Regisseur auf das Zwerchfell der Gäste, die so zahlreich nicht erschienen waren. Die einen mochten es und die anderen waren dann doch peinlich berührt.


Die Geschichte ist schnell erzählt. Ein junger Offizier lässt sich beim Stelldichein mit einer Dame von deren Ehemann ertappen. Der, seine Pistole ziert eine Menge Kerben, fordert ihn selbstredend zum Duell. Um dem sicheren Tod zu entgehen, flieht der "Feigling" nach Baden-Baden, wo er erfolgreich um die Hand der jüngferlichen, viel älteren Schwester des Herausforderers anhält. Deren Sexus, durch den jungen Charmeur entfacht, ufert aus und ist bald vom schlappen Ehemann nicht mehr zu befriedigen. Am Ende wird der Feigling geadelt und alle sind glücklich.


Monika Baumgartner gab die ältliche Nymphomanin bis zum Ende preußisch herb und fuhr damit wenig Lorbeeren ein. Ihr Bühnenbruder, gespielt von Alexander Pelz, fand trotz allen Klamauks am ehesten das Maß der Expression und blieb weitestgehend unbeschädigt. Dascha Poisel als seine Ehefrau hingegen chargierte gelegentlich so heftig, dass es peinlich wurde. Gerade bei diesen Darstellern wird deutlich, dass sie eher Opfer der Regie wurden, denn man kennt sie aus besseren Tagen. Stefan Roschy, frisch von der Hochschule, hätte als Feigling einer führenden Hand bedurft. Allzu oft wurde deutlich, dass ihm die Mittel zu tieferer Gestaltung noch fehlen. Ein Lichtblick war die Darstellung Sven Tjabens als Konrad von Klickenberg, dem immerhin ansatzweise eine originelle Figur als jüngferlicher Fürst und Möchtegerndichter gelang. Neben den stimmigen Kostümen im Stil Wiens anno 1914 von Anke Friedrich war das Bühnenbild von Hans Winkler zwar schön anzuschauen, doch die Umbauten erinnerten an die überlangen Werbepausen im Privatfernsehen. Auf die Kosten kam nur, wer es wirklich derb mag. Mehr als fraglich war schließlich das Ende, als der Thronfolger von der Wand geschossen wurde. Ein teurer Lacher, angesichts der geschichtlichen Konsequenzen dieses Schusses, wie ich finde.

Wolf Banitzki

 

 


Geliebter Feigling

von Françoise Sagan

Monika Baumgartner, Stefan Roschy, Alexander Pelz, Dascha Poisel, Marcus Widmann, Sven Tjaben, Michael Tschernow, Florian M. Odendahl

Regie: Yves Jansen
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