Theater im Marstall Stillleben in einem Graben von Fausto Paravidino
Und noch ein Mordfall ...
Italien, eine Straße zur Vorstadt: Eine junge Frau wird ermordet im Straßengraben gefunden. Ein desillusionierter Kommissar stochert nach Beweismitteln. Gewöhnlich klärt er die Mordfälle (8 im letzten Jahr) in den ersten Stunden auf. Das ist notwendig, denn wenn er die Karenzzeit verstreichen lässt, übernehmen die Medien die Regie und dann sinken die Chancen, den Mörder zu finden, stündlich. Der Mörder wird gefunden und wer nicht nur Konsument von Krimis ist, sondern auch ein wenig analytischen Verstand besitzt, weiß beizeiten, wer der Täter ist. Wenig überraschend war denn auch, was Dramaturg Georg Holzer poetisch-philosophisch im Programmheft umschrieb. Der erste Gedanke nach der Vorstellung war der an die zahllosen Krimis und Krimiserien, die das Fernsehen deutlich dominieren. Noch einer also ... Mitnichten, und Georg Holzer erklärt: "Paravidino gönnt sich und uns etwas, was die Bilderflut des Fernsehens nie zulässt: Das Geschehen wird aus den Perspektiven einiger Beteiligter beleuchtet, die nie nur die Tatsachen berichten, sondern auf unterschiedliche Weise angefasst werden von dem Verbrechen, das im Zentrum steht. Sechs Personen berichten, doch ein viel größerer Kosmos von Figuren steht hinter ihnen ..." Einspruch, Euer Ehren: Wer die richtigen Sender und Filme schaut, dem bleibt der Genuss der Paravidino und seinem Stück zugeschriebenen Tugenden nicht versagt.
Um das einmal zu deuten: Hier handelt es sich um eine besondere Erzählweise, die dem Zuschauer Dimensionen eröffnen soll, die neue und ungewöhnliche Einblicke in das menschliche Wesen und die Gesellschaft ermöglichen. Selbst wenn man es dem Zuschauer vorher erklären würde, änderte das nichts am bescheidenen Ergebnis. Inhaltlich ergibt sich erst einmal kein Theaterstück, sondern eine Aneinanderreihung von Monologen, die irgendwann in den eindreiviertel Stunden sehr zäh werden. Es lohnt kaum, auf den Inhalt detaillierter einzugehen, denn letztlich sind alle Vorgänge altbekannte und tausendfach gesehene Klischees.
Italien, eine Straße zur Vorstadt: Eine junge Frau wird ermordet im Straßengraben gefunden. Ein desillusionierter Kommissar stochert nach Beweismitteln. Gewöhnlich klärt er die Mordfälle (8 im letzten Jahr) in den ersten Stunden auf. Das ist notwendig, denn wenn er die Karenzzeit verstreichen lässt, übernehmen die Medien die Regie und dann sinken die Chancen, den Mörder zu finden, stündlich. Der Mörder wird gefunden und wer nicht nur Konsument von Krimis ist, sondern auch ein wenig analytischen Verstand besitzt, weiß beizeiten, wer der Täter ist. Wenig überraschend war denn auch, was Dramaturg Georg Holzer poetisch-philosophisch im Programmheft umschrieb. Der erste Gedanke nach der Vorstellung war der an die zahllosen Krimis und Krimiserien, die das Fernsehen deutlich dominieren. Noch einer also ... Mitnichten, und Georg Holzer erklärt: "Paravidino gönnt sich und uns etwas, was die Bilderflut des Fernsehens nie zulässt: Das Geschehen wird aus den Perspektiven einiger Beteiligter beleuchtet, die nie nur die Tatsachen berichten, sondern auf unterschiedliche Weise angefasst werden von dem Verbrechen, das im Zentrum steht. Sechs Personen berichten, doch ein viel größerer Kosmos von Figuren steht hinter ihnen ..." Einspruch, Euer Ehren: Wer die richtigen Sender und Filme schaut, dem bleibt der Genuss der Paravidino und seinem Stück zugeschriebenen Tugenden nicht versagt.
Um das einmal zu deuten: Hier handelt es sich um eine besondere Erzählweise, die dem Zuschauer Dimensionen eröffnen soll, die neue und ungewöhnliche Einblicke in das menschliche Wesen und die Gesellschaft ermöglichen. Selbst wenn man es dem Zuschauer vorher erklären würde, änderte das nichts am bescheidenen Ergebnis. Inhaltlich ergibt sich erst einmal kein Theaterstück, sondern eine Aneinanderreihung von Monologen, die irgendwann in den eindreiviertel Stunden sehr zäh werden. Es lohnt kaum, auf den Inhalt detaillierter einzugehen, denn letztlich sind alle Vorgänge altbekannte und tausendfach gesehene Klischees.
Frederic Linkemann, Stefan Maaß, Stefan Wilkening, Katharina Gebauer, Anna Holter, Martin Liema, Ulrike Arnold © Thomas Dashuber |
Da ist der Drogendealer (Stefan Maaß), der sein Geschäft mit Dynamik betreibt und der irgendwann an seinen Meister und in die Klemme gerät. Da ist auch der Drogenkonsument (Frederic Linkemann), der langsam aber sicher den Realitätsbezug verliert und zwangsläufig von kriminellen Ideen heimgesucht wird. Dann ist da noch die inzwischen obligate osteuropäische Prostituierte (Katharina Gebauer), zwangsverschleppt und mit wenig Vertrauen in die Behörden. Der gutsituierte und im Privatleben den ordentlichen Familienvater praktizierende Freier darf nicht fehlen. Die Mutter (Ulrike Arnold) des Opfers (Anna Holter) kämpft tränenreich gegen den Schmerz an und für die Anerkennung ihrer Trauer. Und schließlich darf der im Dienst erschlaffte aber dennoch aufrechte Kommissar (Stefan Wilkening) nicht fehlen. Seine Zynismus hat ihn längst krumme Wege zur Ergründung der Wahrheit beschreiten lassen. Kettenrauchend, gegen seine Gastritis ankämpfend, ist er der letzte Held im Dschungel der Stadt. Alles in allem nichts Neues.
Michael S. Kraus schuf ein Bühnenbild, das eine Stück Straße vorstellte und damit jeden beliebigen Ort möglich machte: Den Tatort, der Straßenstrich, aber auch das Krankenhaus oder das Polizeirevier und das Zimmer des Opfers. Das Leben ist ein Weg. Fazit auch nicht wirklich etwas Neues. Hier setzte Regisseur Johannes Schmid ein ambitioniertes Spiel in Gang, dass doch immer wieder nur auf eines hinauslief: Einer oder Eine erzählt. Die Haltungen der Figuren bedienen dabei wiederum sämtlicher Klischees. Regisseur Schmid gehört ganz augenscheinlich zu der Riege junger Regisseure, die es dem Schicksal nicht verzeihen, dass es Tarantino war, der "Pulp fiction" drehte und nicht sie.
Stefan Wilkening als Kommissar wurde ebenso wie Ulrike Arnold (Mutter) in dieser Inszenierung, die der Erinnerung des Zuschauers schnell entfliehen wird, schlichtweg verbraten. Wilkening, ein Schauspieler par excellence, sah man das Unbehagen denn auch recht deutlich an. Die jungen Schauspieler funktionierten nicht nur gut in ihren Rollen, sie betrieben sie zudem sehr engagiert. Doch Meriten konnten sie nicht ernten und sie haben wohl auch nicht verstanden, warum ein so engagiertes Spiel zu so wenig geführt hat. Es ist doch immerhin ein aktuelles Thema und Autor wie auch Regisseur sind preisgekrönt! Es ist eine alte Weisheit, dass sich ein Schauspieler die Seele aus dem Leib spielen kann, wenn er nicht wirklich etwas zu sagen hat, geht er letztlich leer aus. Der Applaus war artig und das Bemühen des Publikums um Artigkeit nicht zu übersehen.
Das Stück und auch die Inszenierung sagen nichts, was nicht schon hinlänglich bekannt ist. Zudem ist die Ästhetik ein schwacher Aufguss cineastischer Vorlagen. Wieder einmal ist der Versuch gescheitert, mittels Filmästhetik zu verblüffen. Zudem erzeugt die Frage, warum dieses Stück ausgewählt wurde, zumindest bei der Kritik Kopfschütteln. Es hat weder einen spannenden oder gar neuen Inhalt, noch hat es besondere sprachliche oder dramaturgische Qualitäten. Es ist kein Theaterstück, selbst dann nicht, wenn man es dazu erklärt.
Diese Inszenierung markiert einen weiteren Tiefpunkt in der Arbeit des Residenz Theaters. Es bereitet Sorgen, bei einer augenscheinlichen Konzeptionslosigkeit auf die sehenswerten Theaterereignisse zu warten wie auf den Zufall. Künstlerischer Erfolg ist steuerbar, doch das Ruder scheint aus der Hand geraten zu sein.
Michael S. Kraus schuf ein Bühnenbild, das eine Stück Straße vorstellte und damit jeden beliebigen Ort möglich machte: Den Tatort, der Straßenstrich, aber auch das Krankenhaus oder das Polizeirevier und das Zimmer des Opfers. Das Leben ist ein Weg. Fazit auch nicht wirklich etwas Neues. Hier setzte Regisseur Johannes Schmid ein ambitioniertes Spiel in Gang, dass doch immer wieder nur auf eines hinauslief: Einer oder Eine erzählt. Die Haltungen der Figuren bedienen dabei wiederum sämtlicher Klischees. Regisseur Schmid gehört ganz augenscheinlich zu der Riege junger Regisseure, die es dem Schicksal nicht verzeihen, dass es Tarantino war, der "Pulp fiction" drehte und nicht sie.
Stefan Wilkening als Kommissar wurde ebenso wie Ulrike Arnold (Mutter) in dieser Inszenierung, die der Erinnerung des Zuschauers schnell entfliehen wird, schlichtweg verbraten. Wilkening, ein Schauspieler par excellence, sah man das Unbehagen denn auch recht deutlich an. Die jungen Schauspieler funktionierten nicht nur gut in ihren Rollen, sie betrieben sie zudem sehr engagiert. Doch Meriten konnten sie nicht ernten und sie haben wohl auch nicht verstanden, warum ein so engagiertes Spiel zu so wenig geführt hat. Es ist doch immerhin ein aktuelles Thema und Autor wie auch Regisseur sind preisgekrönt! Es ist eine alte Weisheit, dass sich ein Schauspieler die Seele aus dem Leib spielen kann, wenn er nicht wirklich etwas zu sagen hat, geht er letztlich leer aus. Der Applaus war artig und das Bemühen des Publikums um Artigkeit nicht zu übersehen.
Das Stück und auch die Inszenierung sagen nichts, was nicht schon hinlänglich bekannt ist. Zudem ist die Ästhetik ein schwacher Aufguss cineastischer Vorlagen. Wieder einmal ist der Versuch gescheitert, mittels Filmästhetik zu verblüffen. Zudem erzeugt die Frage, warum dieses Stück ausgewählt wurde, zumindest bei der Kritik Kopfschütteln. Es hat weder einen spannenden oder gar neuen Inhalt, noch hat es besondere sprachliche oder dramaturgische Qualitäten. Es ist kein Theaterstück, selbst dann nicht, wenn man es dazu erklärt.
Diese Inszenierung markiert einen weiteren Tiefpunkt in der Arbeit des Residenz Theaters. Es bereitet Sorgen, bei einer augenscheinlichen Konzeptionslosigkeit auf die sehenswerten Theaterereignisse zu warten wie auf den Zufall. Künstlerischer Erfolg ist steuerbar, doch das Ruder scheint aus der Hand geraten zu sein.
Wolf Banitzki
Stillleben in einem Graben
von Fausto Paravidino
Ulrike Arnold, Katharina Gebauer, Anna Holter, Stefan Maaß, Stefan Wilkening und Martin Liema, Frederic Linkemann Regie: Johannes Schmid |