Metropoltheater Schuld und Schein. Ein Geldstück von Ulf Schmidt


 

 

Super! Wahnsinn!

Man muss es ihnen nur erzählen ... „und schon floriert es und rennt wie die Sau“. Und wer sich nun das Bild einer tatsächlich rennenden Sau ins Gedächtnis ruft, erkennt, wie sich der Geldmarkt bewegt – im Schweinsgalopp. Dagegen nehmen sich die laufenden Schafe geradezu elegant aus, vom Pferd oder einem sprintenden Gepard sei an dieser Stelle nicht gesprochen. Es sind die Nutztiere, die Schweine und die Schafe, die das Geschäft voran bringen. Ob nun das Schaf oder das Schwein zuerst da war, lässt sich heute nur noch schwerlich sagen. Eines lässt sich jedoch mit Sicherheit feststellen: Der Geldhandel und der Viehhandel unterscheiden sich nur marginal.

Der Autor Ulf Schmidt schrieb „Ein Geldstück“, darin stellt er auf sehr unterhaltend profunde Weise die Mechanismen des Geldmarktes vor. Eine äußerst wichtige Aufklärung findet statt, deren Wert nicht hoch genug angesetzt werden kann. In 14 Szenen gegliedert, werden die einzelnen Bereiche der Branche veranschaulicht – beispielhaft. Und wenn man sich diese, auf der Bühne extrahierten Bewegungen in ein Gesamtbild zusammengefasst vorstellt, so ergibt es das tatsächliche gewollte unübersichtliche außerordentliche alltägliche Chaos - in dem Berater Ratsuchenden raten sich doch beraten zu lassen, um die fälligen Raten zu berappen. Super! Wahnsinn!

Zwei Männer in dunklen Anzügen „B“‘s, ein Mann mit Frack und Herr A. in heller Lederjacke betraten die Bühne. Dann noch der coole Herr A. mit Sakko und lockerem Outfit. Die Bühne, der leere Schwarze Raum war spärlich ausgeleuchtet und nur die Darsteller standen an der Rampe, im Focus (Licht: Hans-Peter Boden). Regisseur Jochen Schölch inszenierte gleich einem kurzweiligen Happening - die Show um das Geld. Beginnend bei der Unterscheidung von Eigentum und Besitz und über die scheinbar einfache sichere Verwahrung eines Goldstückes in einem Tresor, über den Wettbewerb und die Unternehmensbeteiligung, bis zur Staatsfinanz und die gesteuerte Inflation verlief der Gang des Untergangs. Das ist ein Naturgesetz. Und tatsächlich, wo der Glaube allein nicht zu blinder Überzeugung ausreicht, muss eben die Natur die Rechtfertigung liefern. Die Archetypen des Business gaben ihr Bestes. Der Banker Paul Kaiser verkörperte komödiantisch die ernsthafte Selbstbezogenheit der Branche und sein hart konkurrierender Kollege Marc-Philipp Kochendörfer konnte schon mal wirklich ausrasten und eine Line ziehen, bei so viel Unverständnis und Stress. Dagegen stand Herr Kaiser, Hubert Schedlbauer im Frack, über den Dingen in seiner Rolle als spielführender Souverän. Und die belustigende Interpretation eines heutigen Allein-Redners bildete einen der Höhepunkte in der Geldshow. Ein anderer: Die künstlerische Wiedergabe des bekannten Songs „Money makes the world go around“ von ABBA – Anleger, Banker und Banker, sowie Herrn Alle(sparer). Wobei hier, wie auch in anderen Szenen A., Anleger Philipp Moschitz, wohl nicht zufällig den Ton angab. Die kreative Handschrift von Jochen Schölch gepaart mit der lebendig präzisen Darbietung durch die fünf Schauspieler schuf eine Fülle von erhellend erheiternden Momenten.

  SchuldundSchein  
 

Butz Buse, Hubert Schedlbauer, Philipp Moschitz, Marc-Philipp Kochendörfer,  Paul Kaiser

© Hilda Lobinger

 

Keine Aufklärung ergab die abschließende Talkshow um das Thema: „Wer hat Schuld?“ Hitzig verlauteten Vorstellungen, Argumentationen und Phrasen kreuz und quer in der Runde. Wie Usus. Das Reden um „Herrn Kaisers Bart“ ist seit Jahrhunderten eine bewährte Strategie der Ablenkung und dass sie ausgezeichnet funktioniert, wurde wieder einmal bewiesen. Bei so viel Beweislast steht unanfechtbar fest: Es sind Alle und Keiner mit Schuld beladen. Und eigentlich und überhaupt sind „die Märkte in Digital...ien“ verantwortlich.

Beim Schlussapplaus war es Herr A. in der hellen Lederjacke, Butz Buse, dem die akustisch deutlich geringere Begeisterung zukam. Das hatte aber keinesfalls an seiner ausgezeichneten einfühlsamen Schauspielkunst gelegen, mit der er Herrn Alle und Keiner will es gewesen sein, naiv den Blick stets ergeben nach oben gerichtet, personifizierte. Es wurde damit ausdrücklich der Beweis bestätigt: Es ist eine verdammt undankbare Rolle – die des Geldschafes ... ähh des Sparers. Denn wer beklatscht schon gerne die eigenen Schwächen.

Super! Wahnsinn! Megawichtig! Das muss man gesehen haben! (Vor allem wenn man regelmäßig ein Geldinstitut kontaktiert.)

 

C.M.Meier



www.schuldundschein.de

 

"Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und zu hoffen, dass sich etwas ändert." Albert Einstein

 


Schuld und Schein. Ein Geldstück  

von Ulf Schmidt

 Butz Buse, Paul Kaiser, Marc-Philipp Kochendörfer, Philipp Moschitz, Hubert Schedlbauer

Regie: Jochen Schölch

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