Volkstheater Das fünfte Imperium nach Viktor Pelewin




Tanz der Vampire

„Nutzen Sie ihre Chance zum Eintritt in die Elite!“. Wer kann so einem Angebot schon widerstehen, gerade in wirtschaftlich prekären Zeiten? Roma, mittelloser Jugendlicher inmitten eines Russlands der scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten (so lange man über das nötige Geld verfügt, diese zu bezahlen), widersteht mitnichten. Was er noch nicht weiß: Er ist auserkoren, an der Spitze einer Vampir-Elite ein neues – das titelgebende fünfte – Imperium zu gründen. Ein Biss und aus Roma wird Rama der Vampir. Die ernüchternde Erkenntnis: Auch in der blutsaugenden Elitegesellschaft geht nichts ohne „Lernen, lernen, lernen“. Der Grundkurs „Glamour und Diskurs“ ist obligatorisch, ohne ihn wird es nichts mit der Karriere und den Frauen. Und auch gegen Liebeskummer und Eifersuchtsattacken ist selbst der abgebrühteste Vampir nicht gefeit.
So weit so banal der Plot des Romans von Viktor Pelewin, den Mareike Mikat für die kleine Bühne des Münchner Volkstheaters adaptierte. Mikat, dem Münchner Publikum seit ihrem Radikal jung!-Gastspiel im vergangenen Jahr bekannt, mischt in ihrer Inszenierung munter Kapitalismuskritik mit B-Movie-Ästhetik und einem fast durchweg jungen Ensemble. Der wohl beabsichtige Coolness-Faktor bleibt allerdings über weite Strecken aus.
Die zentralen Themen sind schnell klar: Kapitalismus ist böse und der Mensch als betriebsblindes Nutztier nicht so weit oben in der Nahrungskette, wie er glaubt. Statt dessen gibt er sich bereitwillig dem (Medien)Konsum hin, womit er sich als ideales „Melktier“ der im Verborgenen agierenden Vampir-Elite erweist. Den blutsaugenden Übermenschen geht es ausschließlich um Macht, Kontrolle und die ausreichende Versorgung mit Flüssignahrung.


dasfunfte

© Gabriela Neeb


Knapp zwei Stunden lang vollführen die fünf Schauspieler in Marie Roths papierverkleidetem Klettergerüst einen sportiven Tanz der Vampire. Während Andrej Kaminsky (Loki) als Lenin-Wiedergänger und abgewrackte Alt-Göttin schillert und Anika Baumann (Hera) ihren Wandel vom braven Mädchen zur femme fatale mit Furor in Szene zu setzen weiß, nimmt man Justin Mühlbauer den toughen Aufsteiger Rama trotz Goldkette und Pelzmantel nicht ab. Der Bastel-Charakter von Raum und Requisiten hat Charme, verliert sich allerdings – ein Problem der gesamten Inszenierung – immer wieder in effekthascherischen Spielereien. Exemplarisch die referentielle Breitseite des Schlussbilds: Der KONSUM lacht in Großbuchstaben, daneben posiert Jean-Luc Bubert als gekreuzigter Jesus. Manchmal ist weniger mehr.



Tina Meß

 

 


Das fünfte Imperium

nach Viktor Pelewin

Anika Baumann, Jean-Luc Bubert, Pascal Fligg, Andrej Kaminsky, Justin Mühlenhardt

Regie: Meike Mikat