Schwere Reiter UA Germania III - Die Heimkehr von Stefan Kastner
Multikulti
... oder wenn Werder Bremen Meister ist. Lächerlich? Nein, die Welt steht längst Kopf und alle finden das normal. Grenzen werden aufgehoben, nationale Identitäten fließen ineinander und Völkerwanderung ist Dauerzustand. Gedacht und agiert wird universell global, jedoch die Dimensionen haben kosmische Ausmaße angenommen. Auch im Bereich Kommunikation verschwimmen bitterer Ernst und entlarvende Ironie zu einem Spaßkompott ... ääh ... –komplott. Wer um was, jeder gegen andere, alle für nichts. Überblick und Durchblick blicken auf ein heilloses Chaos, welches zwar eigenen Gesetzen folgt, gewollte Ordnungen jedoch zu ignorieren versteht. Ein Spektakel war das Dasein immer schon, wird es fraglos bleiben.
Und einen Teil dieses Spektakels einzufangen, auf die Bühne zu bringen, braucht eine Portion besonders gesunden Humors. Stefan Kastner hatte, in gekonnter Manier ebenso wie in Anlehnung an den amerikanischen Serienwahn mit weltweit verbreiteten Folgen, nun „Germania III“ verfasst. Und, gefasst musste der Zuschauer sich machen auf Abbildungen grotesken Alltags, ebenso wie subtile Anspielungen und die pure Naivität im Menschlichen.
Marcus Weishaar, Sarah-Lavinia Schmidbauer, Josef Schmid, Uli Zentner, Dominik Wilgenbus, Stefan Kastner © Franz Kimmel |
Ein orangefarbenes Plastikplanschbecken stand für den längsten Fluß Europas. „Donau“ lautete der Schriftzug auf dem Schild. In der Mitte der Spielfläche saß eine Dame an einem Tisch, blätterte in einem Buch, nippte an einer goldumrandeten Tasse. Bildung bildet doch immerhin den Mittelpunkt der aktuellen Gesellschaft. Während die Gruppe „Makromannen“ sich dem Sinnbild des Flusses näherten und der „Chef“ seinen Plan äußerte. Er wolle das Römische Reich einnehmen, gegen und vielmehr nach Rom ziehen. Als seine Gefährten dies hörten, begannen sie die wunderschönen Badestrände der Adria aufzuzählen, von Strandurlaub zu schwärmen. Doch danach stand dem Chef nicht der Sinn, er verbot mit der Begründung: „... weil ich das will, ganz einfach ...“ Schon war das Schauspiel mitten im Leben gelandet, oder der Zuschauer im Alltag. Wie man es auch dreht und wendet, es stimmte immer. Vom hofierten Filialdirektor der DAK, über die allgegenwärtige Security und die Verteilung von Werbegeschenken wie ultraweiches Toilettenpapier mit Kaschmiranteil spannte sich der Bogen in die schillernden Bilder. Die Spielfläche wirkte, im Gegensatz zu den vielen notgedrungen sparsamen Performances im Land, überbevölkert. Neben bekannten DarstellerInnen wie Michaela May, Inge Rassaerts, Dominik Wilgenbus, Uli Zentner spielten auch die Mitglieder des Müttergesangsvereins München mit. Sechsundreißig Personen und der Autor und Regisseur Stefan Kastner, dem abwechslungsreiche Szenen wie in einem Krimi gelangen, wimmelten über die Bühne. Eine beachtenswerte Ensembleleistung, die ein wenig mehr spannungsgeladene Aufregung vertragen hätte. Oder, es drang hier eine nach konservativer Konstanz lechzende Realität aus dem Landeshintergrund durch - das 2. Jahrhundert im 2. Jahrtausend nach Christus. Beabsichtigter Weise unabsichtlich. Denn auch so macht sich Kunst bisweilen bemerkbar. Die Antwort liegt in der Betrachtung durch den Einzelnen.
In Zeiten in denen es „nix zu lachen“ gibt, boten Stück und Inszenierung eine höchst willkommene Abwechslung, die eine Reihe von Lachern frei setzten. Aufklärend bajuwarisch geprägte Unterhaltung pur!
C.M.Meier
UA Germania III - Die Heimkehr
von Stefan Kastner
Dominik Wilgenbus, Sarah-Lavinia Schmidbauer, Uli Zentner, Marcus Weishaar, Sepp Schmid, Stefan Kastner, Winfried Hübner, Inge Rassaerts, Isabel Kott, Susanne Schroeder, Judith Huber, Gabriele Graf, Thorin Kuhn, Markus G. Herzog, Torsten Frisch, ... und Michaela May
Müttergesangsverein München: Tina Armbruster, Susanne Barth-Ilg, Dagi Baumgartner, Svetlana Dietz, Eva Düchs, Katerin Eisenblätter, Sabine Fink, Renate Grote-Giersch, Angelika Hornsteiner, Cornelia von Kapff, Dominique Marchand Fässler, Margarita Matrin Huéscar, Christina Neudecker, Margarete Paul, Karen Quan, Tanja Römer, Vera Schleifer, Bettina von Staden, Evelyn Voigt-Mueller, Moni Willenbrink, Uli Wimmer
Regie: Stefan Kastner |