Residenz Theater Der Gwissenswurm von Ludwig Anzengruber und Franz-Xaver Kroetz


 

 

Der Zweck heiligt die Mittel

Feist ist er, der Gwissenswurm, und giftig grün auf dem Vorhang im Residenz Theater. Und er wird in der entscheidenden Szene dann schon mal rot vor Ärger, wächst sich aus, speit sogar Feuer, wenn es darauf ankommt. Ein Höllentier hat man aus ihm gemacht. Kirchenväter hätten an ihm ihre wahre Freude gehabt, ist er doch ein Idealbild mit dem sich Angst und Schrecken verbreiten ließe, anno dazumal natürlich.

"Schwoger", hat er gsagt, "du hast a Sünd af dir, was d' nie noch recht bereut hast, hast's alleweil af d' leichte Achsel gnummen, und unter der Zeit is der Wurm in dir foast wordn, so foast, daß dr hitzt, wo er sich aufdammt hat, bald Seel und Leib vonandgangen wärn!"
Der Grillhofer, ein reicher Bauer, wird seit einem Schlaganfall von seinem Schwager heimgesucht. Der Schwager, in "Gottes Sach'" unterwegs, lehrt den Grillhofer das schlechte Gewissen zu pflegen und hofft auf diesem Weg an "die Sach" des alleinstehenden Bauern zu kommen. Und eifrig ist er dabei, der Nikodemi Dusterer, und spitzfindig. Dereinst hatte der Grillhofer seine Frau mit einer Magd betrogen und diesen Umstand weiß der Dusterer nur zu gut für sich und seine Zwecke einsetzen. Dass dieser Umstand seinerzeit zu "anderen Umständen" führte, macht dem Dusterer dann allerdings einen dicken Strich durch seine Rechnung.
Der Dusterer, begnadet gespielt von Alfred Kleinheinz, sieht mit seiner schwarzen Mütze und den stets zum Beugen bereiten Knien geradezu nach schlechtem Gewissen aus. Von solch einem Mann betreut, da kann der Wurm nur wachsen ... Der Bauer Grillhofer (wenig überzeugend Lorenz Gutmann) leidet, leidet augenscheinlich und nur die Brotsuppe kann hier helfen. Der Rosl gelingt es nicht, den Bauern mit ihren leckeren Kochrezepten, wunderbar gesungen und gejodelt vorgetragen von Ulrike Willenbacher, wieder auf den Pfad des Fleisches zu locken. Erst die Begegnung mit der resoluten Jennifer Minetti, dem Grund allen Leidens, bringt an den Tag - "... es ist mir, als wär dir dös traurige Wesen naufzwungen und stund drum a net 'n lieben Gott noch 'n Menschen an ...", wie die Horlacher-Lies dem Grillhofer eröffnet. In Ringelstrümpfen, mit wippenden Röcken und Locken fegt die Lies, berückend gespielt von Anna Riedl, über die Bühne. Lebendig und pfiffig hält sie als anständiges Mädel den Großknecht Wastl (Marcus Calvin) in Schach um sich dann doch endlich einen Kuss rauben zu lassen. Und am guten Ende des Bauernmusicals bleibt "die Sach" auch noch in der Familie.
 
 

 
 

Alfred Kleinheinz

© Thomas Dashuber

 

 

Die Inszenierung griff tief in den Zauberkasten der gestalterischen Möglichkeiten am Theater. Stefan Hageneier warf Farbtopf und Klischeekiste um, ließ Berge, Wolken und Blitz, einen Hof auf gelbfelsigem Grund, eine Kutsche mit zwei Pferden erstehen. Bühnenbild für Bühnenbild war sehenswert und blieb nachhaltig in Erinnerung. Sogar die einfache Stube in schrillem Grün war überzeugend. Die Darsteller, ausstaffiert von Ann Poppel, wirkten wie Puppen, unbedarft und wenig hintergründig. Darauf kam es Regisseur Franz Xaver Kroetz bei dieser Aufführung offensichtlich an. "Ich brauch nix Beispielmäßigs mehr, hob gnug an dem, was wirkli worgeht und wo ma umsonst a Auslegung sucht.", wie Ludwig Anzengruber den Grillhofer sagen lässt.

Kitschig kommt die Darbietung daher, auch die Musikeinlagen tun ein übriges dazu und "die große Botschaft" am Ende setzt sogar noch eins drauf. Doch, es ist ein Stück unterhaltsames zeitgemäß aufgepepptes Bauerntheater bei dem der Zuschauer auf seine Kosten kommt.

 

C.M.Meier

 

 


Der Gwissenswurm

von Ludwig Anzengruber und Franz-Xaver Kroetz

Bauernmusical

Lorenz Gutmann, Alfred Kleinheinz, Marcus Calvin, Ulrike Willenbacher, Anna Riedl, Robert Joseph Bartl, Dietmar Saebisch, Jennifer Minetti, Raffaele Bonazza, Tristan Seith

Regie: Franz Xaver Kroetz
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