Residenz Theater Viel Lärm um Nichts von William Shakespeare
Shakespeare und die Cosa Nostra
„Viel Lärm um Nichts“ ist sicherlich nicht Shakespeares genialster Wurf, aber es gehört ohne Frage zu den schönsten Stücken. Der Rahmen der Handlung ist ein düsterer, denn sie beginnt nach einem Krieg und am Ende ziehen die Mannen wieder in einen solchen. Die historischen Umstände des Machtgerangels im Sizilianischen Messina sind so vage, dass man ihnen keinerlei Beachtung schenken sollte. Shakespeare ging nicht nur in diesem Stück sehr liederlich mit der Historie um. Er gebrauchte ohnehin nur den kriegerischen Rahmen, um darin das aufblühen zu lassen, was dem Krieg konträr gegenübersteht, die Liebe.
Don Pedro, Prinz von Aragon nimmt mit seinen Truppen Quartier beim gastfreundlichen Leonato, dem Gouverneur von Messina. Der hat eine Tochter mit Namen Hero, ein junges, anmutiges Wesen, in das sich Claudio, ein florentinischer Graf aus dem Gefolge Don Pedros augenblicklich verliebt. Im Krieg waren alle Sehnsüchte nach Liebe verschüttet, da galt nur der Dienst an der Waffe. Doch jetzt, wo sich die Seele entspannt hat, hebt sie in Liebe zum anderen Geschlecht ab zum poetischen Flug. Seinem Waffengefährten Benedict kann das, so zumindest seine Behauptung, nicht widerfahren, da er ein Verächter der Frauen, der Liebe und vor allem der Ehe ist. Und da in diesem Stück alles paarweise arrangiert ist, hat Benedict eine Gegenspielerin, der er verbal nur selten gewachsen ist: Beatrice, Tochter von Antonio, dem Bruder von Leonato. Sie ist, geradezu spiegelverkehrt, eine Verächterin der Männer, der Liebe und vor allem der Ehe. Immerhin hat sie ein gutes Argument. Denn Ehe führt bekanntlich zu Schwangerschaft und daran kann man sterben. So geschehen mit ihrer Mutter bei der Geburt.
Die Ehe zwischen Hero und Claudio ist schnell angebahnt und beschlossen. Und so kommen die Familienoberhäupter überein, auch Beatrice und Benedikt miteinander zu vermählen. Intrigen werden geschmiedet und bald schon brennen die beiden lichterloh füreinander, selbstverständlich ohne es einander zu gestehen. Durch den gefangen gesetzten Halbbruder Don Pedros, Don John, bekommt die Geschichte plötzlich eine dramatische Wendung, als dieser die unschuldige Hero der Promiskuität bezichtigt. Man fällt auf die Lüge herein und die Hochzeit platzt. Obgleich Heros Tod (eine zeitlang) zu beklagen ist, kommt lediglich der perfide Intrigant, der Begleiter Don Johns, Borachio, zu Tode und auf wunderbare Weise stehen am Ende beide Paar vereint unter Messinas Sonne. Doch dann erklingt der Kriegsruf erneut.
„Viel Lärm um Nichts“ ist sicherlich nicht Shakespeares genialster Wurf, aber es gehört ohne Frage zu den schönsten Stücken. Der Rahmen der Handlung ist ein düsterer, denn sie beginnt nach einem Krieg und am Ende ziehen die Mannen wieder in einen solchen. Die historischen Umstände des Machtgerangels im Sizilianischen Messina sind so vage, dass man ihnen keinerlei Beachtung schenken sollte. Shakespeare ging nicht nur in diesem Stück sehr liederlich mit der Historie um. Er gebrauchte ohnehin nur den kriegerischen Rahmen, um darin das aufblühen zu lassen, was dem Krieg konträr gegenübersteht, die Liebe.
Don Pedro, Prinz von Aragon nimmt mit seinen Truppen Quartier beim gastfreundlichen Leonato, dem Gouverneur von Messina. Der hat eine Tochter mit Namen Hero, ein junges, anmutiges Wesen, in das sich Claudio, ein florentinischer Graf aus dem Gefolge Don Pedros augenblicklich verliebt. Im Krieg waren alle Sehnsüchte nach Liebe verschüttet, da galt nur der Dienst an der Waffe. Doch jetzt, wo sich die Seele entspannt hat, hebt sie in Liebe zum anderen Geschlecht ab zum poetischen Flug. Seinem Waffengefährten Benedict kann das, so zumindest seine Behauptung, nicht widerfahren, da er ein Verächter der Frauen, der Liebe und vor allem der Ehe ist. Und da in diesem Stück alles paarweise arrangiert ist, hat Benedict eine Gegenspielerin, der er verbal nur selten gewachsen ist: Beatrice, Tochter von Antonio, dem Bruder von Leonato. Sie ist, geradezu spiegelverkehrt, eine Verächterin der Männer, der Liebe und vor allem der Ehe. Immerhin hat sie ein gutes Argument. Denn Ehe führt bekanntlich zu Schwangerschaft und daran kann man sterben. So geschehen mit ihrer Mutter bei der Geburt.
Die Ehe zwischen Hero und Claudio ist schnell angebahnt und beschlossen. Und so kommen die Familienoberhäupter überein, auch Beatrice und Benedikt miteinander zu vermählen. Intrigen werden geschmiedet und bald schon brennen die beiden lichterloh füreinander, selbstverständlich ohne es einander zu gestehen. Durch den gefangen gesetzten Halbbruder Don Pedros, Don John, bekommt die Geschichte plötzlich eine dramatische Wendung, als dieser die unschuldige Hero der Promiskuität bezichtigt. Man fällt auf die Lüge herein und die Hochzeit platzt. Obgleich Heros Tod (eine zeitlang) zu beklagen ist, kommt lediglich der perfide Intrigant, der Begleiter Don Johns, Borachio, zu Tode und auf wunderbare Weise stehen am Ende beide Paar vereint unter Messinas Sonne. Doch dann erklingt der Kriegsruf erneut.
Shenja Lacher, Stephanie Leue © Thomas Dashuber |
Regisseur Jan Philipp Gloger fand mit seiner Lesart einen erstaunlich stimmigen Ansatz. Im Programmheft kann der Besucher einen Text von Giovanni Falcone lesen, dem wohl bedeutendsten Mafiajäger Italiens. Er berichtet darin über Ehrenkodex, Gesetze, Familienbande, Freundschaften, Zeichen und Rituale der Cosa Nostra. Der Leser wird erstaunt sein, wie viel sich davon im Stück Shakespeares wiederfindet. Also inszenierte Gloger das Drama treffender Weise als Mafiasatire.
Bühnenbildnerin Franziska Bornkamm stellte eine hohe graue Wand auf die Drehbühne und belies es dabei. Diese Wand war die Stadtmauer Messinas, zugleich Ort zum Verbergen, zum Belauschen und um daran gekreuzigt zu werden, wenn der Blitzstrahl der Liebe niederging. Alle Männer trugen elegante Anzüge (Kostüme Karin Jud), unter denen sich bei jedem die Pistolenhalfter abzeichneten. Als die Truppen Don Pedros mit gezückten Pistolen vor der Stadtmauer Messinas erschienen, trugen sie schwarze Skimasken. Sofort nach der herzlichen Begrüßung war klar, hier traf ein Pate auf einen anderen. Und da Regisseur Gloger keine Gesellschaftskritik an den kriminellen Zuständen im südlichen Nachbarland üben wollte, dabei aber dezent alle nur denkbaren Mafia-Klischees bediente und damit den Ernst (soweit das möglich war) aus der Sache verbannte, hatte das Treiben eine erstaunlich komödiantische Leichtigkeit.
Ohne aufwendige Ausstattung blieb den Schauspielern nur das Wort Shakespeares in der Übersetzung von Adolf Wilbrandt. Dabei konnte der Zuschauer wieder einmal sehen, zu welchen Leistungen die Residenztheatermimen fähig sind, wenn das Konzept schlüssig und die Schauspielerführung intelligent ist. Allen voran brillierten Shenja Lacher (Benedict) und Stephanie Leue (Beatrice). Es liegt auf der Hand und in der Natur Shakespearescher Stücke, dass sie als Verächter der Liebe, der Ehe und des jeweils anderen Geschlechts die interessantesten Rollen verkörperten, dennoch ging ihre Darstellung weit über das für eine glaubhafte Gestaltung notwendige Maß hinaus. Stefan Wilkening (Don Pedro) und Ulrich Beseler (Leonato) verkörperten die Familienpat(riarch)en imposant, überlegen und ehrfurchtgebietend. Der Halb – bzw. Bruder des jeweiligen Oberhauptes wurde von Frank Siebenschuh (Don John) und Alfred Kleinheinz deutlich komödiantischer angelegt. Siebenschuh verkörperte einen larmoyanten, politisch impotenten und von Intrigantentum zerfressenen Möchtegern. Sein Gegenspieler Kleinheinz führte auch das Gegenteil vor, einen aufrechten, überlegten und moralisch gradlinigen Mann. Wenn Kleinheinz den Verleumder seiner Nichte Hero (Claudio) zum Duell forderte, bekam der physisch eher unscheinbare Darsteller ein verblüffend bedrohliches Format. Eine sehenswerte Szene! Richard Christ verkörperte in der Rolle des Claudio am deutlichsten den Typus des Mafiaemporkömmlings. Sein Denken war gradlinig, um nicht schlicht zu sagen, und er reagierte prompt, das aber mit großem körperlichen Aufwand.
Selbst wenn sich die Darsteller aus dem Shakespearestück hinauslehnten, geschah das maßvoll und der Sache dienlich. Es gab keine überflüssigen Regieeinfälle, noch irgendwelche Schnörkel eines Manierismus. Jeder Versuch, einen noch tieferen Sinn als den des Spiels um Liebe in dieses Stück implantieren zu wollen, hätte der Unternehmung geschadet. So erlebten die Zuschauer die volle Schönheit des Dramas aus der Feder des genialen Briten und zugleich eine sehr moderne, der Vorlage verpflichtete Inszenierung. Zu keinem Augenblick der zweistündigen Inszenierung kamen Längen auf und das Publikum feierte die Darsteller und die Mannschaft um Regisseur Gloger begeistert. Der Applaus und die Bravos waren unbedingt gerechtfertigt!
Bühnenbildnerin Franziska Bornkamm stellte eine hohe graue Wand auf die Drehbühne und belies es dabei. Diese Wand war die Stadtmauer Messinas, zugleich Ort zum Verbergen, zum Belauschen und um daran gekreuzigt zu werden, wenn der Blitzstrahl der Liebe niederging. Alle Männer trugen elegante Anzüge (Kostüme Karin Jud), unter denen sich bei jedem die Pistolenhalfter abzeichneten. Als die Truppen Don Pedros mit gezückten Pistolen vor der Stadtmauer Messinas erschienen, trugen sie schwarze Skimasken. Sofort nach der herzlichen Begrüßung war klar, hier traf ein Pate auf einen anderen. Und da Regisseur Gloger keine Gesellschaftskritik an den kriminellen Zuständen im südlichen Nachbarland üben wollte, dabei aber dezent alle nur denkbaren Mafia-Klischees bediente und damit den Ernst (soweit das möglich war) aus der Sache verbannte, hatte das Treiben eine erstaunlich komödiantische Leichtigkeit.
Ohne aufwendige Ausstattung blieb den Schauspielern nur das Wort Shakespeares in der Übersetzung von Adolf Wilbrandt. Dabei konnte der Zuschauer wieder einmal sehen, zu welchen Leistungen die Residenztheatermimen fähig sind, wenn das Konzept schlüssig und die Schauspielerführung intelligent ist. Allen voran brillierten Shenja Lacher (Benedict) und Stephanie Leue (Beatrice). Es liegt auf der Hand und in der Natur Shakespearescher Stücke, dass sie als Verächter der Liebe, der Ehe und des jeweils anderen Geschlechts die interessantesten Rollen verkörperten, dennoch ging ihre Darstellung weit über das für eine glaubhafte Gestaltung notwendige Maß hinaus. Stefan Wilkening (Don Pedro) und Ulrich Beseler (Leonato) verkörperten die Familienpat(riarch)en imposant, überlegen und ehrfurchtgebietend. Der Halb – bzw. Bruder des jeweiligen Oberhauptes wurde von Frank Siebenschuh (Don John) und Alfred Kleinheinz deutlich komödiantischer angelegt. Siebenschuh verkörperte einen larmoyanten, politisch impotenten und von Intrigantentum zerfressenen Möchtegern. Sein Gegenspieler Kleinheinz führte auch das Gegenteil vor, einen aufrechten, überlegten und moralisch gradlinigen Mann. Wenn Kleinheinz den Verleumder seiner Nichte Hero (Claudio) zum Duell forderte, bekam der physisch eher unscheinbare Darsteller ein verblüffend bedrohliches Format. Eine sehenswerte Szene! Richard Christ verkörperte in der Rolle des Claudio am deutlichsten den Typus des Mafiaemporkömmlings. Sein Denken war gradlinig, um nicht schlicht zu sagen, und er reagierte prompt, das aber mit großem körperlichen Aufwand.
Selbst wenn sich die Darsteller aus dem Shakespearestück hinauslehnten, geschah das maßvoll und der Sache dienlich. Es gab keine überflüssigen Regieeinfälle, noch irgendwelche Schnörkel eines Manierismus. Jeder Versuch, einen noch tieferen Sinn als den des Spiels um Liebe in dieses Stück implantieren zu wollen, hätte der Unternehmung geschadet. So erlebten die Zuschauer die volle Schönheit des Dramas aus der Feder des genialen Briten und zugleich eine sehr moderne, der Vorlage verpflichtete Inszenierung. Zu keinem Augenblick der zweistündigen Inszenierung kamen Längen auf und das Publikum feierte die Darsteller und die Mannschaft um Regisseur Gloger begeistert. Der Applaus und die Bravos waren unbedingt gerechtfertigt!
Wolf Banitzki
Viel Lärm um Nichts
von William Shakespeare
Stephanie Leue, Lucy Wirth, Ulrich Beseler, Andreas Christ, Thomas Gräßle, Alfred Kleinheinz, Shenja Lacher, Frank Siebenschuh, Stefan Wilkening Regie: Jan Philipp Gloger |