Residenz Theater ALKAID – Pelzig hat den Staat im Bett von Frank-Markus Barwasser


 

 

Schaut schaut ... hört hört

Die Eigenschaften der Beobachtung und der Speicherung von Erfahrung sind so alt wie die Menschheit, sie führten zu Entwicklung und schließlich Zivilisation. Dem zu Grunde liegt eine Triebkraft von ungewöhnlicher Stärke; die dem Menschen innewohnende Neugier. Die Beobachtung der Natur und der Nachbarn, des Nächsten ist seit jeher ein Teil seines Lebens, den Umständen gemäß mehr oder weniger. Die technische Entwicklung eröffnet dafür jede Menge neuer Möglichkeiten. Die Beobachtungen dringen in immer feinere und diffizilere Bereiche.

„Das Ding an sich, ist nicht erkennbar.“, befand Kant und dennoch sind viele auf der Suche danach.  Dass dies zwangsläufig die absurdesten Blüten treibt, steht außer Zweifel.  Frank-Markus Barwasser schuf eine gelungene leichte Komödie, voller Wortwitz und überraschender Wendungen. Worum es geht: „Es geht nicht darum, dass etwas ist, sondern dass etwas sein könnte.“ ... „...gerade Nichts hat meistens etwas zu bedeuten.“, so die Leitende der Ermittlungen Dr. Irene Winter. Und dem gilt es vorzubeugen. Der Franke Erwin Pelzig und sein syrischer Freund Dr. Sami Youssef beobachten nachts die Sterne. Die Astronomie ist das sie verbindende Hobby und gemeinsam fragen sie sich, ob es Leben „da draußen“ gibt und ob wir auf der Erde auch beobachtet werden. Die Straßenlaterne stört die ungetrübte Betrachtung und Pelzig hat seine eigene Lösung für das Problem, womit bereits der erste Konflikt aufgetan ist. Doch damit nicht genug, folgen Schritt auf Schritt weitere Verwicklungen. Diese kreisen um das Thema Nachbar, Freund und Feindbild, Überwachungsstaat, Personalmangel bei den staatlichen Einrichtungen und der Ermittler sieht, was er bei sich zu Hause nicht wahrhaben will. Nur soviel, Frank-Markus Barwasser, alias Erwin Pelzig stand für bodenständig humorige Darstellung, welche glaubhaft den unbedarften, doch aufmerksamen Bürger vorstellte, der letztlich aber doch den technischen Verführungen erliegt. Gert Anthoff gab souverän zurückhaltend seinen Freund Youssef. In Pelzigs Schlafzimmer zogen die Ermittler ein, und Dirk Ranninger (Felix Rech, dienstbeflissen, gegängelt, gezeichnet) breitete die Ausrüstung vor dem Fenster und seinen Körper auf dem Bett aus. Barbara Melzl als seine Vorgesetzte Dr. Irene Winter persiflierte die Figur der modernen Observatorin, die dennoch unter dem Sternenhimmel für Momente in glaubhaft romantische Verzückung fallen konnte. Und auch Lisa Wagner als junge alleinstehende Nachbarin mit Kind suchte nach dem dunklen Punkt, dem schwarzen Punkt auf der Haut der Männer. Die von ihr vorgestellte Anne Sailer, war, abgesehen von eben erwähnter Schwäche, eine lebendige mit sich und ihrem Leben beschäftigte, die außer an dem Ermittler Dirk wenig Interesse an den Spielereien der anderen zeigte. Das von Regisseur Josef Rödl locker ins Szene gesetzte Werk ist keineswegs schwerwiegend, dennoch hielt es deutlich den Spiegel vor. Nur die Kernaussage kam leider in der Darstellung etwas zu kurz.

 
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Gerd Anthoff, Frank-Markus Barwasser

© Thomas Dashuber

 

In erster Linie bleiben auf der Strecke bei diesem Gehabe: die Freundschaft und die Liebe, das respektvolle Miteinander in einer menschlichen, doch von Idealen getragenen Gemeinschaft. Die Entwicklung hat sich, so scheint es, verselbständigt ... die Erde wurde folglich bis in den letzten Winkel erhellt und fotografiert. Der Mensch wird durchleuchtet und entzaubert, die Welt chaotisch und der Geist flirrt elektrisch zwischen Sonnen- und Mondlicht. Auf der vergeblichen Suche nach einem schützenden dunklen Platz um sich zu verstecken, greift Mensch nach den Sternen. Alkaid – der siebente Stern im großen Wagen, kann sinnbildlich für eine unaufhaltsame Fortbewegung stehen. Es ist eine unterhaltende entlarvende  Komödie, die so nahe in die Realität greift, dass das Lachen den einzigen Ausweg darstellt.

 
C.M.Meier
 
 
 
 

ALKAID – Pelzig hat den Staat im Bett

von Frank-Markus Barwasser

Frank-Markus Barwasser, Gerd Anthoff, Barbara Melzl, Felix Rech, Lisa Wagner, Heide von Strombeck, Hannes Liebmann, Gerhard Herzberger / Markus Wasner, Ludwig Angerer / Nenad Drpa, Daryl Jackson / Christian Zach
Stimmen aus dem Richtmikrofon: Gabriele Scheuchenpflug, Rainer Bock, Shenja Lacher, Sebastian Linz, Daniel Reinhard

Regie: Josef Rödl