Stadttheater Oblomow Der Alptraum vom Glück von Justine del Corte


 

 

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Uraufgeführt wurde „Der Alptraum vom Glück“ 2007 bei den Ruhrfestspielen. An erster Adresse sozusagen. Und die Inszenierung im Stadttheater Oblomow in München kündigt ihn an mit den Worten: „Findet man das Glück im Unglück, im Banalen, im Neuen, im Erreichten, im Zufall, im Zerstören, im Handeln … im Triumph oder im Scheitern, im Wissen oder im Nichtwissen? Die Figuren Justine del Cortes wissen es nicht. …“ und die Autorin … sie lässt sie einfach mehrfach als Mantra wiederholen: „Gottes Existenz ist dadurch erwiesen, dass er uns verlassen hat. Es gibt ihn nur deshalb, weil wir uns nach ihm sehnen.“ Doch damit nicht genug, stellt sie noch an den Beginn und an das Ende des Werks ein Zitat des Theologen Dietrich Bonhoeffer, welches da lautet: "Nicht im Möglichen schweben, sondern das Wirkliche tapfer ergreifen! In der Tat liegt die Freiheit." Das klingt doch alles wirklich großartig.

Es sind die einzigen Sätze, die durch Wiederholung hervorstachen und mit denen zweifellos Aussage demonstriert werden sollte. (Wobei das Zitat nicht als solches benannt wurde.) Der Rest: Eine Frau wacht alle sieben Jahre neben einem anderen Mann auf, eine andere erfährt das Einkaufen als traumatischen Vorgang und eine dritte erlebt mit ihrem Vater ein Road-Movie, während ein Regisseur lautstark Szenen probt und Bühnenarbeiter Männersprüche klopfen. Der Alp, ist ein zerrissenes kreatives Konstrukt aus vielen kleinen und kleinsten Szenen, u.a. gefüllt mit: „Scheiße … tu diese Monster da weg … hat die überhaupt ein Gehirn … spalte ihr den Schädel, ob überhaupt was drin ist (hahaha) … Kind einer armen gescheiterten lebensunfähigen Sau … der Dalai Lama fickt nicht … scheiß auf die Erleuchtung, ich ficke, ich glaube an das Ficken … ficken entspannt von sich selbst, ich ficke … Scheiße …ich habe mich selbst entjungfert, ich gönnte es dem Mann nicht … wenn Krieg wäre, hätte der Einkauf Sinn und die Familie würde darauf warten … Scheiße … ficken …“

Hört sich so das Scheitern am Glück an? Oder ist es nicht vielmehr Effekthascherei mit der die Autorin del Corte die Aufmerksamkeit des nicht an Unterschichtenfernsehen gewöhnten Theaterpublikums zu gewinnen suchte, und sei es durch Ablehnung. Weder der Inhalt der Szenen, noch eine besondere sprachliche Gestaltung band das Interesse wirklich an das Bühnengeschehen. Der Alptraum, also die Kehrseite des Glücks, das ist bei del Corte eine Sammlung von Befindlichkeiten und destruktiven Handlungen, von den Darstellern erzählend in Ich-Form vorgebracht. Es Monologe zu nennen wäre Übertreibung. Vieles wurde vorgetragen, auch ohne nur entfernt eine Auseinandersetzung mit den Begriffen und Vorstellungen von Glück und Unglück zu wagen oder diese gar näher zu betrachten. „Mit poetischer Kraft wirft Justine del Corte in Alptraum vom Glück einen Blick hinter den Schein und entblößt dabei berührend und mit humorvollem Feingefühl die Hilflosigkeit ihrer Figuren im Dasein", so die Ankündigung. Dabei entbehrt gerade der Text dieser poetischen Kraft und nur die Inszenierung und Gestaltung der Figuren durch Regie und Schauspieler brachte diese auf die Bühne. Das Ensemble bot durchgängig gute darstellerische Leistungen in verschiedenen Facetten. Die Palette reichte von lebendig bemüht bis hilflos verloren, im Tütü und cholerisch aus dem Hintergrund brüllend. Am Ende ließ Regisseur Jochen Schölch die, wie Puppen agierenden Tänzerinnen an Kleiderbügeln auf die Stange hängen (Bühne Thomas Flach).

Bloßstellung, in diesem Fall von Aspekten des Weiblichen und/oder des Männlichen, als Vorstellung von Kunst ist keineswegs neu und doch reicht sie nicht aus, um tatsächlich Kunst zu schaffen. Wenn man keine anregenden Gedanken erwartete, ein Glas guten Weins trank, mit Abstand den Schauspielern visuell folgte und die verbalen Ausführungen als eine Geräuschkulisse laufen ließ, konnte man die Aufführung als kurzweiligen Zeitvertreib betrachten.


C.M.Meier

 

 


Der Alptraum vom Glück

von Justine del Corte

Christiane Blumhoff, Matthias Grundig, Marius Borghoff, Claudia Carus, Nahuel Häflinger, Lea Woitak

Regie: Jochen Schölch
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