Teamtheater Tankstelle 9 1/2 Nächte von Matéi Visniec



 

Metaphern

"Ein Mann erwacht eines Morgens neben einer schönen Unbekannten. Er kann sich partout nicht erklären, wie sie in seinem Bett gelandet ist, …" so führt das Programmheft an das auf den ersten Blick eindeutige Stück heran. Der Mann überredet sie, weitere Nächte mit ihm zu verbringen, in deren Verlauf es zur Annäherung zwischen den beiden kommt. Wünsche, Sehnsüchte, Einsamkeit werden durch die Ausschließlichkeit der gelebten Zweisamkeit sichtbar.


Es ist Theater der poetischen Bilder, das der heute in Frankreich lebende rumänische Dichter Matéi Visniec auf die Bühne bringt. Poesie arbeitet mit Metaphern, Vergleichen, Symbolen, Betonungen, Pausen, Rhythmus im Nicht-Rhythmus; sie ist vergleichbar mit dem Spiel des Saxophonisten, der im Takt der Partitur seinen eigenen Takt findet. Der Mann ist Saxophonist und er hatte Baudelaire zitiert um die Frau für sich zu gewinnen. Die Bilder hinter den Bildern sind mannigfach und von großer Dichte. Wie einzelne Blüten wollen sie betrachtet werden, um sich öffnen zu können. Wie die Blüten des Apfelbaumes, den der Vater zur Geburt seines Sohnes im Garten pflanzte und welcher der Mutter noch heute, lange nach dessen Weggang, den Sohn nahe sein lässt. Für jedes seiner Kinder pflanzte der Vater einen Baum im Garten, so erzählt der Mann in einer der Nächte, einen Nussbaum, eine Tanne, einen Aprikosenbaum, einen Kirschbaum und einen Apfelbaum. Was als verliebtes Spiel beginnt, wird von Szene zu Szene realitätsferner und endet schließlich in einer Metamorphose.


 

Irene Rovan, Peter Papakostidis


Die wechselnden Stimmungen der Beziehungsphasen laufen in der Inszenierung, Regie Oliver Zimmer, sehr gleichmäßig ab und lassen wirkliche Tiefen und Höhen vermissen. Allein mit Licht und Schatten (Licht: Hans Peter Boden) werden die Akzente gesetzt. Die Ausgewogenheit der Temperamente könnte gewolltes Kunstmittel sein, um einen Monolog sichtbar werden zu lassen. Den Monolog, den der Mann mit seinem Alter Ego führt, wacht er doch ohne Wissen um das Gestern auf, taucht aus einem schwarzen Loch der Erinnerungslosigkeit, in dem alles in sich zusammen gefallen war. In dieser totalen Isolation war er auf der Suche nach dem Du, ohne Vergangenheit, ohne Gegenwart, ohne Widerspruch. Er erwacht neben ihr, Eva, die sofort das Geschick dirigiert und "er kann sich partout nicht erklären ...", warum es den Ort der angeblich ersten Begegnung nicht gibt.


Es ist ein über und über mit Bildern gefülltes Werk, das die Darsteller Irene Rovan und Peter Papakostidis zu stemmen haben und es bleibt dem Zuschauer überlassen, welche er für sich erkennen und annehmen kann.

C.M.Meier

 

 


9 1/2 Nächte

von Matéi Visniec

Irene Rovan, Peter Papakostidis

Regie: Oliver Zimmer