Teamheater Tankstelle Spieltrieb nach Juli Zeh
Die Kopfgeburten der Juli Zeh
Wieder eine apokalyptische Vision und keine Entrinnen daraus. Gemäß T.S. Eliots Aussage, dass die Welt nicht mit einem Krachen enden wird, sondern mit einem leisen Wimmern, wird der Zuschauer mit einer übermächtigen schleichenden Bedrohung konfrontiert.
Ratlos steht er einem Bild von der jungen Generation, "der Hoffnung der Gesellschaft", gegenüber. Was ist von einer Jugend noch zu erwarten, die den Untergang als Spiel betrachtet? Dabei ist dieser Untergang, der scheinbar totale Verlust von ethischen Werten in Mode gekommen. Verzeihung, aber selbst wenn die Realität so sein sollte, wie sie im Teamtheater vorgeführt wird, lässt die ästhetische und künstlerische Vermarktung keinen anderen Schluss zu. Juli Zehs "Bestseller" wurde von Bernhard Studlar für die Bühne des Teamtheaters adaptiert. Heraus kam eine Collage aus Beschreibungen und gelegentlichen Spielszenen.
Ada, ein gefühlskaltes und intelligentes junges Mädchen kommt an eine neue Schule. Sie integriert sich nicht, sucht die Flucht in den einsamen Laufsport. Olaf, ein gleichaltriger Mitschüler, der sich auf seiner Heavy Metal Insel verkrochen hat, wird von Ada zum 16. Geburtstag mit dem ersten Oralakt beschenkt. Angesichts der Fühllosigkeit Adas, stößt er die zuvor Angebetete zurück und in die Arme Alevs. Der ist zwei Jahre älter und von geradezu mephistophelischer Natur. Er ist impotent, liebesunfähig (die ganze Freudsche Klaviatur wird bemüht) und verführt Ada zum Spiel. Opfer, und ein gutes Spiel muss Opfer fordern, ist Deutschlehrer Smutek. Er ist ein Pole, der sich vor Geheimdienst und "Kommunismus" in die freie Welt geflüchtet hat. Im Schlepptau hat Smutek eine vom kommunistischen Ostblock bis zur Unkenntlichkeit seelisch verkrüppelte Ehefrau, Schneewittchen genannt. Ada verführt Smutek in der Turnhalle und wird dabei von Alev gefilmt. Die Bilder stehen am nächsten Tag passwortgeschützt im Internet. Das Damoklesschwert pendelt über Smutek und macht ihn gefügig. Er zahlt und er tritt einmal die Woche zum leidenschaftslosen Akt mit Ada an. Der impotente Alev erneuert das Bildmaterial ständig. Eigentlich ist es ein recht tristes Spiel ohne Ziel.
Nebenher nimmt sich ein anderer Lehrer das Leben, weil seine kranke Frau gestorben ist, und Schneewittchen versucht selbiges auf einer Klassenfahrt in einem Weiher. Als Alev das Spiel für beendet erklärt, wohin sollte es auch führen?, hat er die emotionale Befindlichkeit Smuteks nicht einkalkuliert, der in Ada verliebt ist. Gewalt bricht aus und Smutek landet hinter Gittern.
Wieder eine apokalyptische Vision und keine Entrinnen daraus. Gemäß T.S. Eliots Aussage, dass die Welt nicht mit einem Krachen enden wird, sondern mit einem leisen Wimmern, wird der Zuschauer mit einer übermächtigen schleichenden Bedrohung konfrontiert.
Ratlos steht er einem Bild von der jungen Generation, "der Hoffnung der Gesellschaft", gegenüber. Was ist von einer Jugend noch zu erwarten, die den Untergang als Spiel betrachtet? Dabei ist dieser Untergang, der scheinbar totale Verlust von ethischen Werten in Mode gekommen. Verzeihung, aber selbst wenn die Realität so sein sollte, wie sie im Teamtheater vorgeführt wird, lässt die ästhetische und künstlerische Vermarktung keinen anderen Schluss zu. Juli Zehs "Bestseller" wurde von Bernhard Studlar für die Bühne des Teamtheaters adaptiert. Heraus kam eine Collage aus Beschreibungen und gelegentlichen Spielszenen.
Ada, ein gefühlskaltes und intelligentes junges Mädchen kommt an eine neue Schule. Sie integriert sich nicht, sucht die Flucht in den einsamen Laufsport. Olaf, ein gleichaltriger Mitschüler, der sich auf seiner Heavy Metal Insel verkrochen hat, wird von Ada zum 16. Geburtstag mit dem ersten Oralakt beschenkt. Angesichts der Fühllosigkeit Adas, stößt er die zuvor Angebetete zurück und in die Arme Alevs. Der ist zwei Jahre älter und von geradezu mephistophelischer Natur. Er ist impotent, liebesunfähig (die ganze Freudsche Klaviatur wird bemüht) und verführt Ada zum Spiel. Opfer, und ein gutes Spiel muss Opfer fordern, ist Deutschlehrer Smutek. Er ist ein Pole, der sich vor Geheimdienst und "Kommunismus" in die freie Welt geflüchtet hat. Im Schlepptau hat Smutek eine vom kommunistischen Ostblock bis zur Unkenntlichkeit seelisch verkrüppelte Ehefrau, Schneewittchen genannt. Ada verführt Smutek in der Turnhalle und wird dabei von Alev gefilmt. Die Bilder stehen am nächsten Tag passwortgeschützt im Internet. Das Damoklesschwert pendelt über Smutek und macht ihn gefügig. Er zahlt und er tritt einmal die Woche zum leidenschaftslosen Akt mit Ada an. Der impotente Alev erneuert das Bildmaterial ständig. Eigentlich ist es ein recht tristes Spiel ohne Ziel.
Nebenher nimmt sich ein anderer Lehrer das Leben, weil seine kranke Frau gestorben ist, und Schneewittchen versucht selbiges auf einer Klassenfahrt in einem Weiher. Als Alev das Spiel für beendet erklärt, wohin sollte es auch führen?, hat er die emotionale Befindlichkeit Smuteks nicht einkalkuliert, der in Ada verliebt ist. Gewalt bricht aus und Smutek landet hinter Gittern.
Katharina Friedl, Heiko Dietz |
Starker Tobak, dieses Gesellschaftsbild, das keine Hoffnung mehr zulässt und mit Sicherheit nicht die Realität, auch nicht überhöht, widerspiegelt. Es sind vielmehr die Kopfgeburten der Juli Zeh, angefüllt mit billigen Reizen, psychologischen Plattitüden und intellektuellen Eitelkeiten einer Autorin, die momentan auf dem Kamm der kommerziellen Welle reitet. Die Werbung des Teamtheater nennt das Ganze schließlich auch noch eine "subtile Studie über die Versuchungen und Gefahren eines postmodernen Nihilismus". Hört! Hört! Es ist aber nicht mehr als eine selbstgefällige nekrophile (Bitte philosophisch und nicht umgangssprachlich verstehen!) Weltsicht und mit Sicherheit nicht analytisch. Analysen fördern nämlich Einsichten zutage.
Michele Lorenzini gestaltete für "die atemberaubende Geschichte der ebenso obsessiven wie leidenschaftslosen Beziehung von Ada und Alev" ein denkbar gutes Bühnenbild. Die Spielfläche war nicht mehr als der Ausschnitt einer Tartanbahn. Hier konnte der Spieltrieb ausgelebt werden. Katharina Friedl überzeugte weitestgehend in der Gestaltung einer unberührbaren jungen Frau, blieb aber in dieser Unberührbarkeit sehr einseitig. Andreas Huhn machte seinen Alev zu einem gespreizten Wesen, das sich in seiner mephistophelischen, oder besser psychopathologischen Anlage sehr gefiel. Am überzeugendsten agierten die Darsteller der Lehrergeneration. Hubert Beil (Höfi) und Heiko Dietz (Smutek) brachten Facetten auf die Bühne, die den Zuschauer daran erinnerten, dass sie es bei den gestalteten Figuren mit menschlichen Wesen zu tun hatten. Diese wenigen Momente wurden allerdings auch in nicht sonderlich geglückten Szenen deutlich. Wenn Katharina Friedl und Heiko Dietz den Bühnenkoitus vollziehen mussten, konnte der Zuschauer Schamhaftigkeit und Unbeholfenheit entdecken. Diese Szenen hatten echte Authentizität, wenngleich das vom Regisseur Oliver Zimmer so ganz gewiss nicht gemeint war. Dem Stück und seiner Umsetzung mangelte es schlicht an wirklichem Leben.
Der Regisseur hatte aber augenscheinlichen Gefallen an der Geschichte. Er kitzelte durchaus sehenswerte Momente aus den Situationen und auch aus den Darstellern heraus. Handwerklich ist weder den Darstellern noch dem Regisseur ein Vorwurf zu machen. Dennoch sollten alle Beteiligten einmal darüber nachdenken, welche Botschaft sie in die Welt brachten. Unterm Strich sah der Zuschauer desorientierte und desillusionierte Eltern/Lehrer, eine Jugend ohne Ziel und Hoffnung, außer der, "zu überleben", und keinen gesellschaftskritischen Ansatz. Nihilismus auf ganzer Breite!
Frage: Lässt sich der Geschäftsklimaindex der Kunst tatsächlich nur noch mit Hoffnungslosigkeit beleben?
Michele Lorenzini gestaltete für "die atemberaubende Geschichte der ebenso obsessiven wie leidenschaftslosen Beziehung von Ada und Alev" ein denkbar gutes Bühnenbild. Die Spielfläche war nicht mehr als der Ausschnitt einer Tartanbahn. Hier konnte der Spieltrieb ausgelebt werden. Katharina Friedl überzeugte weitestgehend in der Gestaltung einer unberührbaren jungen Frau, blieb aber in dieser Unberührbarkeit sehr einseitig. Andreas Huhn machte seinen Alev zu einem gespreizten Wesen, das sich in seiner mephistophelischen, oder besser psychopathologischen Anlage sehr gefiel. Am überzeugendsten agierten die Darsteller der Lehrergeneration. Hubert Beil (Höfi) und Heiko Dietz (Smutek) brachten Facetten auf die Bühne, die den Zuschauer daran erinnerten, dass sie es bei den gestalteten Figuren mit menschlichen Wesen zu tun hatten. Diese wenigen Momente wurden allerdings auch in nicht sonderlich geglückten Szenen deutlich. Wenn Katharina Friedl und Heiko Dietz den Bühnenkoitus vollziehen mussten, konnte der Zuschauer Schamhaftigkeit und Unbeholfenheit entdecken. Diese Szenen hatten echte Authentizität, wenngleich das vom Regisseur Oliver Zimmer so ganz gewiss nicht gemeint war. Dem Stück und seiner Umsetzung mangelte es schlicht an wirklichem Leben.
Der Regisseur hatte aber augenscheinlichen Gefallen an der Geschichte. Er kitzelte durchaus sehenswerte Momente aus den Situationen und auch aus den Darstellern heraus. Handwerklich ist weder den Darstellern noch dem Regisseur ein Vorwurf zu machen. Dennoch sollten alle Beteiligten einmal darüber nachdenken, welche Botschaft sie in die Welt brachten. Unterm Strich sah der Zuschauer desorientierte und desillusionierte Eltern/Lehrer, eine Jugend ohne Ziel und Hoffnung, außer der, "zu überleben", und keinen gesellschaftskritischen Ansatz. Nihilismus auf ganzer Breite!
Frage: Lässt sich der Geschäftsklimaindex der Kunst tatsächlich nur noch mit Hoffnungslosigkeit beleben?
Wolf Banitzki
Spieltrieb
nach Juli Zeh
Für die Bühne adaptiert von Bernhard Studlar Katharina Friedl, Andreas Haun, Rena Dumont, Heiko Dietz, Hubert Bail, Beate Kellmann, Pilipp Grimm Regie: Oliver Zimmer |