Halle 7 Das Pulverfass von Dejan Dukovski
Von der gewaltigen Lust
Es ist eine Kunst um die Inszenierung von Gewalt. Und um Gewalt geht es, denn der Mensch ist für den Mazedonier Dejan Dukovski "Das Pulverfass" schlechthin. Er meint natürlich den auf dem Balkan beheimateten Menschen, dem Temperament innewohnt, eine unvergleichliche Lebenskraft. Sie köchelt vor sich hin, kommt durch den kleinsten hochprozentigen Anlass zum Kochen und bereits bei der zweiten Widersetzlichkeit kocht sie über. Gnadenlos schlägt sie zu, hinterlässt mit Selbstverständlichkeit Tote. Seine Musik, kraftvoll beschwingt typisch, reißt mit, vermittelt eine positive Ahnung von den treibenden Kräften die am Werk sind, dortzulande. Hierzulande geht man ins Theater, frönt dem Voyerismus, um mit solch ungebrochener Emotionalität in Kontakt zu kommen.
Der junge Autor Dejan Dukovski hat seinen Landsleuten ins Gesicht, in die Leben gesehen. Seine Figuren bestechen durch launische Sprunghaftigkeit und ungebremste Expolsivität. Die Bildsprache ist einfach und direkt. "Ich will eine Kuttelflecksuppe. Ich wünsche mir zwei Gasthäuser. Das eine nehme ich auseinander, in dem anderen esse ich Kuttelflecksuppe." Deutlicher, existenzieller kann Mann kaum gezeichnet werden. (Inwieweit dies jedoch auch an der Übersetzung liegt entzieht sich der Kenntnis des Kritikers.) Was als Kabarettvorstellung auf die Bühne kam ist eine Geschichte, die sich in elf Szenen gliedert, jede für sich stehend und doch zieht sich ein erkennbarer Faden hindurch. Vom "Unfall" über die "Busfahrt" und den "zufälligen Zufall" bis zum "Pulverfass" führt das beachtenswerte Stück durch den Alltag am Balkan bis ins "gelobte Land" und wieder zurück. Auf dem Weg handelt es von Träumen, Begierden, Macht und Ohnmacht des Menschen.
Es ist schwierig Gewalt glaubhaft und nachvollziehbar auf die Bühne zu bringen. Regisseur Mario Andersen stellte sich der Anforderung mit dieser aufschlussreichen Inszenierung. Mit ihm taten dies die vierzehn nicht slawischen jungen Darsteller des Ensembles. Emotionalität allerdings war nicht ihre Stärke und so geriet manche drastische Wendung leicht in platte Gewaltklischees, denen eben genau jene ursprüngliche Kraft fehlte, die einen solchen Vorgang zwangsläufig heraufbeschwört. Das stand in starkem Kontrast zur Musik, und dem Conferencier Alexey Mironov der von Akt zu Akt führte. Mironov beherrschte die Klaviatur der Mimik und der Körpersprache hervorragend, er war präsent, doch das liegt wohl in seiner Natur. Ebenso Sergej Iwanow, er hatte als Busfahrer nur zwei Sätze zur Verfügung die Figur zu gestalten. Diese Sätze gaben jedoch den Blick in den Hintergrund frei. Darstellerisch kam ihnen David Bredin als Polizist Dimitrije am nächsten. Sein Gesicht war Stahl, seine Gestik knapp und unbeugsam.
Stahl ist das Material, das dieser Gewalt widerstehen kann. Aus Stahl war das Bühnenbild, ein Gerüst in Quaderform, mit einer runden Spielfläche und einer geschlossenen Türe, kein Ausgang, auch wenn sich einer noch so sehr dagegen warf. Ein genialer Entwurf von Jörg Brombacher, der es gemeinsam mit Björn Gerum (für die Lichtregie verantwortlich) schaffte, einen bleibenden Eindruck von der am Balkan beständigen Welt zu entwerfen.
Das Stück zeichnet in hervorragender Weise eine aktuelle Männergesellschaft, die sich im Kräftemessen gefällt. Sie pflegt und zelebriert ihre Mechanismen. Die Frauen sind, in der Inszenierung bildhaft anschaulich in einen Käfig verbannt, Zuschauerinnen, bestenfalls Objekte der Begierde. "Ich hatte einen Traum ... den Inhalt habe ich vergessen.", sind die letzten Worte Dimitrijes bevor er abtritt. Das sollte nachdenklich machen!
C.M.Meier
Es ist eine Kunst um die Inszenierung von Gewalt. Und um Gewalt geht es, denn der Mensch ist für den Mazedonier Dejan Dukovski "Das Pulverfass" schlechthin. Er meint natürlich den auf dem Balkan beheimateten Menschen, dem Temperament innewohnt, eine unvergleichliche Lebenskraft. Sie köchelt vor sich hin, kommt durch den kleinsten hochprozentigen Anlass zum Kochen und bereits bei der zweiten Widersetzlichkeit kocht sie über. Gnadenlos schlägt sie zu, hinterlässt mit Selbstverständlichkeit Tote. Seine Musik, kraftvoll beschwingt typisch, reißt mit, vermittelt eine positive Ahnung von den treibenden Kräften die am Werk sind, dortzulande. Hierzulande geht man ins Theater, frönt dem Voyerismus, um mit solch ungebrochener Emotionalität in Kontakt zu kommen.
Der junge Autor Dejan Dukovski hat seinen Landsleuten ins Gesicht, in die Leben gesehen. Seine Figuren bestechen durch launische Sprunghaftigkeit und ungebremste Expolsivität. Die Bildsprache ist einfach und direkt. "Ich will eine Kuttelflecksuppe. Ich wünsche mir zwei Gasthäuser. Das eine nehme ich auseinander, in dem anderen esse ich Kuttelflecksuppe." Deutlicher, existenzieller kann Mann kaum gezeichnet werden. (Inwieweit dies jedoch auch an der Übersetzung liegt entzieht sich der Kenntnis des Kritikers.) Was als Kabarettvorstellung auf die Bühne kam ist eine Geschichte, die sich in elf Szenen gliedert, jede für sich stehend und doch zieht sich ein erkennbarer Faden hindurch. Vom "Unfall" über die "Busfahrt" und den "zufälligen Zufall" bis zum "Pulverfass" führt das beachtenswerte Stück durch den Alltag am Balkan bis ins "gelobte Land" und wieder zurück. Auf dem Weg handelt es von Träumen, Begierden, Macht und Ohnmacht des Menschen.
Es ist schwierig Gewalt glaubhaft und nachvollziehbar auf die Bühne zu bringen. Regisseur Mario Andersen stellte sich der Anforderung mit dieser aufschlussreichen Inszenierung. Mit ihm taten dies die vierzehn nicht slawischen jungen Darsteller des Ensembles. Emotionalität allerdings war nicht ihre Stärke und so geriet manche drastische Wendung leicht in platte Gewaltklischees, denen eben genau jene ursprüngliche Kraft fehlte, die einen solchen Vorgang zwangsläufig heraufbeschwört. Das stand in starkem Kontrast zur Musik, und dem Conferencier Alexey Mironov der von Akt zu Akt führte. Mironov beherrschte die Klaviatur der Mimik und der Körpersprache hervorragend, er war präsent, doch das liegt wohl in seiner Natur. Ebenso Sergej Iwanow, er hatte als Busfahrer nur zwei Sätze zur Verfügung die Figur zu gestalten. Diese Sätze gaben jedoch den Blick in den Hintergrund frei. Darstellerisch kam ihnen David Bredin als Polizist Dimitrije am nächsten. Sein Gesicht war Stahl, seine Gestik knapp und unbeugsam.
Stahl ist das Material, das dieser Gewalt widerstehen kann. Aus Stahl war das Bühnenbild, ein Gerüst in Quaderform, mit einer runden Spielfläche und einer geschlossenen Türe, kein Ausgang, auch wenn sich einer noch so sehr dagegen warf. Ein genialer Entwurf von Jörg Brombacher, der es gemeinsam mit Björn Gerum (für die Lichtregie verantwortlich) schaffte, einen bleibenden Eindruck von der am Balkan beständigen Welt zu entwerfen.
Das Stück zeichnet in hervorragender Weise eine aktuelle Männergesellschaft, die sich im Kräftemessen gefällt. Sie pflegt und zelebriert ihre Mechanismen. Die Frauen sind, in der Inszenierung bildhaft anschaulich in einen Käfig verbannt, Zuschauerinnen, bestenfalls Objekte der Begierde. "Ich hatte einen Traum ... den Inhalt habe ich vergessen.", sind die letzten Worte Dimitrijes bevor er abtritt. Das sollte nachdenklich machen!
C.M.Meier
Das Pulverfass
von Dejan Dukovski
Alexey Mironov, Sergej Iwanow, Marcus Staab Poncet, David Bredin, Cyrill Schauenstein-Matusch, Thomas Sprekelsen, Lydia Schamschula, Tammo Messow, Katharina Neuendorfer, Petra Preuss, Michael Lindl, Christoph Schlemmer, Cyrus Rahbar, Yves Grimmler, Gabriele Grawe Regie: Mario Andersen |