TamS Keine Panik frei nach Douglas Adams
Weltgeschichte in sechzig Minuten
Im Prolog zum Stück wurde laut darüber nachgedacht, ob das Herabsteigen des Affen vom Baum nicht ein ziemlicher Holzweg war. Holz spielte schließlich in der wenig erbaulichen Menschheitsgeschichte eine nicht unerhebliche Rolle. Als vor ca. 2000 Jahren einer kam, der einige kluge Lösungsvorschläge zu haben glaubte, wurde er einfach an ein solches Holz genagelt. Was bedeutet das? Vielleicht: Vorsicht vor Holz? Egal, es kommt sowieso immer schlimmer, als man denkt.
Arthur Dent hat ein Problem. Ein Abrissunternehmen ist vor seinem Häuschen aufmarschiert. Verzweifelt wirft er sich vor die Bulldozer. Vergeblich, denn sein Einspruch kommt zu spät. Der Bau der Umgehungsstraße, die zufällig durch sein Haus führt, ist unumgänglich. (Man bemerke den Hintersinn im Wortspiel.) Und als die Verzweifelung am größten ist, taucht sein Freund Ford Prefect auf, um ihm zu erklären, dass der Abriss seines Hauses sein geringstes Problem ist. Ford entpuppt sich als Außerirdischer, der zufällig den Funkverkehr der Vogonen abgehört und dabei entdeckt hatte, dass die eine galaktische Hyperraum-Expressroute planen, bei der die Erde im Weg ist. Sie wird weggesprengt. Arthur und Ford entziehen sich ihrer Auslöschung in letzter Sekunde durch Hitchhiking mittels „Subraum-Äther-Winker“ (Sub-Etha-Sens-O-Matik, eine Art elektronischer Daumen) ausgerechnet auf ein Bauraumschiff der Vogonen. Für die Apokalyptiker unter uns sei angemerkt, die Erde hat darum jedoch nicht aufgehört zu existieren.
Vogonen sind echte „Stinker“, herzlos, ignorant und stupide. Sie entlassen die beiden blinden Passagiere schlicht und ergreifend durch ein Luftschleuse ins All. Im All, das wirklich, wirklich, wirklich groß ist, überlebt dreißig Sekunden, wer zuvor tief Luft geholt hat. Gegen die Chance, in dieser kurzen Zeit von einem anderen Raumschiff aufgenommen zu werden, ist Samstagslotto so etwas wie eine sichere Bank. Und tatsächlich (natürlich wider alle Vernunft) werden die beiden Freiflieger vom Raumschiff „Herz aus Gold“ gerettet. Kommandant des Schiffs ist Zaphod Beeblebrox, zufällig ein Halbcousin von Ford und Präsident der Galaxis. Er ist ein ähnlich unfähiger Präsident wie die üblichen Verdächtigen auf unserer Erde, aber im Unterschied zu denen ist er echt „cool“. Sein Unberechenbarkeit garantiert Abenteuer. Einer, der dann viel wieder ausbügeln muss, ist Marvin, ein manisch depressiver Roboter. Er war der erste Prototyp, dem menschliche Eigenschaften gegeben waren. Wen also wundert sein Gemütszustand.
Was eingangs wie ein simples galaktisches Bauvorhaben erscheint, ist eine komplexe Geschichte um die Fragen aller Fragen. Ein Megacomputer namens „Deep Thought“ hatte in 7,5 Mio. Jahren intensiven Nachdenkens die Antwort herausgefunden: ... Nein, die soll an dieser Stelle nicht verraten werden. Der Leser wüsste, wie alle anderen menschlichen und außerirdischen Wesen auch, ohnehin nichts damit anzufangen, denn eigentlich, und das macht die Sache richtig kompliziert, weiß niemand, wie die Frage zur Antwort korrekt lautete. Der Megacomputer versprach, angesichts der Enttäuschung seiner Auftraggeber, einen Computer zu entwerfen und zu bauen, der in seiner Komplexität eine eigene Welt darstellen würde. Dieser Hypercomputer werde allerdings 10 Mio. Jahre brauchen, um auf die alles entscheidende Frage zu komme. Also, man sieht sich in ... Oder auch nicht?
Anastasia Papadopoulou, Helmut Dauner © |
In Lorenz Seibs Fassung wurde mit Techniken aus Hörspiel, Film, Musik und Theater auf der Bühne hantiert. Das Anrührende dabei war der konsequente Dilettantismus. Seib realisierte die geplanten Vorgängen mit einfachsten Mitteln und ließ die Zuschauer an der Entstehung der Effekte teilhaben. Die z.T. erstaunliche Simplizität, auch der Ergebnisse, hatte eine wunderbare, ureigene und überraschende Komik, die durchgängig erheiterte. Hinzu kam der eigenwillige, intelligente Witz und eine Sprache, die bisweilen sehr britisch daherkam.
Kongenial passte sich das Trio Anastasia Papadopoulou, Helmut Dauner und Axel Röhrle ein, die ihre Spiellust nicht verbergen konnten. Je schräger die Rolle, je skurriler die Aussage, um so mehr riss das Spiel mit, sprach an, machte die sechzig Minuten zu einem spannenden, heiter-witzigen Theaterabend. Anastasia Papadopoulou spielte meisterlich den Titel des Abends: Keine Panik! Als Ford war sie recht hartgesotten, denn der war immerhin Mitautor des Ratgeberbuches „The Hitchhiker's Guide to the Galaxy“ und verfügte über eine Menge Reiseerfahrungen. Auf dem Planeten Magrathea gab sie auch den seltsamen Slartibartfaß, einem waschechten Planetenbauer. Eine kurze Verbeugung nach vorn, die Haare mit einer Motorradbrille fixiert und fertig war ein gänzlich anderer Alien. Axel Röhrle oblag es als Arthur Dent vornehmlich, zu staunen. Panik kam auch bei ihm höchst selten auf. Und wenn, bestand sie in einer nachdrücklichen Forderung nach ein Tasse Tee. Ein Engländer halt. Wer noch nie in seinem Leben einen Hochleistungscomputer hat arbeiten gesehen, der bekommt in dieser Inszenierung die Chance dazu. Nur soviel: Ein Computer ist auch nur ein Mensch wie du und ich. Helmut Dauner gab neben dem schrägen Zaphod Beeblebrox auch den Vorarbeiter der Abrissfirma. Seine Frage, was mit dem Bulldozer passiert, wenn er Arthur Dent überrollen würde, verriet galaktische Dimensionen und machte nachdenklich. Es wurden einige Fragen dieser Art gestellt und wenn sie tatsächlich beantwortet wurden, war man auch nicht unbedingt klüger.
Lorenz Seibs Inzenierung war ein gelungener Spaß, der es nicht unterließ, die Genialität des Autors Douglas Adams sichtbar zu machen. Die stark verkürzte Geschichte, Seib unterschlug die Liebesgeschichte zwischen Arthurt Dent und Tricia McMillan, zelebrierte die wunderbare Denkungsart Adams und den daraus resultierenden entlarvenden Witz. Er widerlegte damit zugleich die dramaturgische These, dass es in einer guten Geschichte immer auch eine Liebesgeschichte geben sollte. Es war ein gelungener Abend voller Überraschungen und Einsichten. Wer den Film nicht kennt, erfährt immerhin die faszinierenden Grundgedanken des Erfolgsromans. Wer den (wirklich grandiosen) Film von Garth Jennings aus dem Jahr 2005 kennt, wird schnell feststellen, dass sich ein Vergleich gar nicht aufdrängt. Lorenz Seib und seinen Mitstreitern ist etwas gelungen, was eigenständig existieren kann und keines Kommentars bedarf. Gratulation!
Keine Panik!
nach dem Roman „Per Anhalter durch die Galaxis“ von Douglas Adams
Anastasia Papadopoulou, Helmut Dauner, Axel Röhrle Konzept & Regie: Lorenz Seib |