company nik Serafin und seine Wundermaschine nach Motiven des Kinderbuches von Philippe Fix


 

 

Es war einmal ...

Nein. Es ist wieder ... die Zeit der Besinnung. Im Wunderraum auf dem Planeten Erde stand auf einer Theaterbühne eine Wundermaschine. Serafin und Plum haben sie gebaut, dabei viel aus dem Wunderraum abgeschaut. Mit großen Augen saßen Kleine und Große davor, harrten gespannt der Geschichte. Anregend ist die, denn „... die haben gezaubert ...“, sagte eine Jungenstimme in den dunklen Raum.

Plum spielt Akkordeon und Serafin hat seine liebe Mühe den Freund ins Haus zu ziehen. Plum ist ganz vertieft ins Spiel, hört nur die Töne und manchmal, wenn es Serafin zu laut wird, setzt er Kopfhörer auf. Und schon wird es still. Doch nun muss Serafin mit Plum sprechen. Sie müssen das Haus verlassen, der Vermieter hat den Vertrag gekündigt, ein neuer Mieter bezahlt ihm mehr Geld. Die Beiden überlegen und sehen dabei die wundersame Maschine im Raum. Plum probiert sofort den Startknopf und schon bewegt sich der Kasten. Die Überlegungen führen zur Annahme eines Berufes für den Gelderwerb. In einem Fach des Kastens wird Berufskleidung sichtbar. Serafin probiert ... probiert ... probiert schließlich die Uniform eines Knipsers für U-Bahnkarten. Jedem der vorbei kommt, knipst er ein Loch in die Fahrkarte. Wie ein Automat steht er und knipst und knipst und knipst ... doch Serafin ist ein Mensch und keine Maschine. Kein Wunder also, dass der Leiter der U-Bahnbehörde ihn nicht perfekt genug für die Tätigkeit findet. So kommt es, dass Serafin und Plum auf die Reise gehen, sie folgen dem gelben Schmetterling, der sich in die U-Bahn verirrt hat.

Die companie nik von Dominik Burki und Niels Klaunik steht für fantasieüberquellendes Theater. Die von den Beiden für die Aufführung entwickelte und gebaute Wundermaschine ist ein Zauberkasten der Bühnenkunst. Szene für Szene änderte er die Kulisse, führte eine Welt nach der anderen vor  und aus ihm holten sie, ganz wie im richtigen Leben, auch zur Stärkung Bier und Limo. Nicht zu vergessen die Zahnbürsten, schließlich ist Zähne putzen besonders wichtig. Denn sonst könnte es schon sein, dass sich das Gebiss selbstständig macht, wie im Stück über die Bühne fährt. Unter der Regie von Veronika Wolff gelang dem Ensemble ein bezauberndes Kinderstück, das auch große Kinder zu begeistern vermochte. Eine, mit im besten Sinne modern coolen Darstellern (die so ganz nebenbei einen Löwen zum Vegetarier verwandelten), unbedingt sehenswerte Inszenierung.

Der Schmetterling ist noch lebendig, der Bürgermeister und der Baumeister waren maschinelle Funktionen. Als mahnender gelber Pfosten, oder als Absperrung erkennbar, erschienen sie über dem Dach des Hauses. „Gesetz ist Gesetz. Gesetz und Gerechtigkeit sind ein paar unterschiedliche Stiefel“, äußerte Serafin dazu. Doch wer das Blaulicht auf seiner Seite weiß, regiert. „Sachzwänge! Das müssen Sie nicht verstehen.“ Die Menschen fürchten sich noch vor Ungeheuern, die Maschinen tun es nicht. Dem Schmetterling ist das einerlei. Er schwebt frei und sucht in einer Zeit den Platz der ihm entspricht. Wie ein Leitgedanke, der frei durch die Köpfe zieht, ansteckt und die Blumen der Inspiration zum Blühen bringt. „Erst die Schmetterlinge machen den Ort schön. Das muss man wissen.“, äußerte Serafin dazu.

Der gelbe Schmetterling, viele bunte Schmetterlinge flogen am Ende für eine neue Geschichte über die Bühne. „... die haben gezaubert ...“ , sagte eine Jungenstimme in den dunklen Raum.

Das Theatererlebnis war auch als Erinnerung an unsere Natur zu verstehen, an den Zauber von Träumen und die Kraft der Fantasie. Lassen auch Sie sich durch das wundervolle Stück an den ursprünglichen gemeinsamen Traum zurück führen, den Traum von der Lebendigkeit!


C.M.Meier

 

Weitere Vorstellungen ...


 


Serafin und seine Wundermaschine

nach Motiven des Kinderbuches von Philippe Fix

Dominik Burki, Niels Klaunick

Regie: Veronika Wolff

Mathilde Westend Tage des Schreckens, der Verzweiflung und der Weltverbesserung


 

 

Variationen

„Mach doch jetzt kein Drama draus ...“  Das ist wohl einer jener Sätze, der im Leben aller Frauen in gleicher Weise vertreten ist. Doch was wäre eben jenes Leben, wenn wir es nicht auf subtiler Ebene mit Spannung versehen würden. Ein simpler Kraftakt oder gar pragmatische Konformität? Bloß daran keinen Gedanken verschwenden. Ist doch die täglich notwendige Auswahl des passenden Kleides schon eine Herausforderung und dann erst die „Überraschungen“ des Schicksals. Immer, immer sind diese mit einem Mann verbunden.

Dorothy Parker war eine bewunderte, herzliche, attraktive, intelligente Frau. Und, eine Fülle weiterer, auch gegensätzlicher Eigenschaften zeichneten sie aus. Als Schriftstellerin, Literatur- und Theaterkritikerin stand sie im Mittelpunkt der literarischen Gesellschaft in New York. Sie schrieb über das Leben in höchst unterhaltender Form, wobei sie ihr Sarkasmus bisweilen an Grenzen führte. Die Erzählungen entstanden in den 1930er Jahren und sind (so die Ankündigung): „Skuril, böse, lustig, gnadenlos, spitzzüngig, pointiert: lauter kleine Textjuwelen!“

New York wurde infolge einer Reihe von Farbfotos im Kunstraum heraufbeschworen und mittels dem gleichnamigen Song von Frank Sinatra in Schwingung versetzt. Die Atmosphäre einer Stadt, einer Zeit wurde ausgebreitet. Das Publikum war, gleich einem Freundeskreis in das Geschehen eingebunden. Theresa Hanich und Julia Loibl erspielten bravurös in abwechslungsreicher Szenenfolge Essenzen aus den Erzählungen von Dorothy Parker.

Eine humorvolle Einführung eröffnete den Abend. In einem Tanzsalon wurde die feine kapriziöse Julia Loibl von dem Mann zum Tanzen aufgefordert, den sie zuvor ablehnend beobachtet hatte. Nach 48 Jahren erklang immer noch der selbe Walzer und sie fühlte sich bisweilen ins Schienbein getreten. Welch bedrückend lebensnahe Bilder. In der folgenden Szene besuchte die praktisch erfahrene Theresa Hanich ihre Freundin, welche der Liebeskummer ans Bett fesselte. Ihre gutgemeinten Ratschläge wirkten schon rein verbal erschlagend. Wie viele Eigenschaften vereinigt eine Frau und wie viele davon gestattet sie sich zu leben? In klassischer Spielhaltung bezauberten die beiden Schauspielerinnen, jede eine Seite der unvergleichlichen Dorothy Parker hervorhebend. Beide zierte das gleiche schwarze Kleid mit Spitzenärmel, zierte die gleiche Frisur mit Haarnetz. Wie Frauen einer Zeit, in Garderobe und Gedanken zum Verwechseln ähnlich, saßen sie einander gegenüber.  Und, was blieb ihnen, außer mit sich schwankend die Unbill zu ertränken. Auch diese, scheinbar emanzipatorischen Handlungen der Frauen wurden von einem Ritual getragen, einfallslos von der Gegenseite übernommen, zweifellos nachgemacht. Während daraufhin Julia Loibl in der „Ich kann einfach nicht“-Phase, sorgenvoll nach Lebensoptionen suchte, putzte Theresa Hanich akribisch nach strengem Konzept. Die einhellig abschließende Erfahrung lautete: Nur für „erfahrene junge Frauen“  gibt es Perspektiven in der Gesellschaft. Das Exempel veranschaulichten die Schauspielproben, welche die beiden Künstlerinnen in höchst angespannter Trainingshaltung absolvierten. Perfekt ausgebildet und vorbereitet, traten sie vor die Jury. Eine Bewertung lautete: „Alle Register der Schauspielkunst gezogen ... Alle von A-B.“  Der Kommentar steht auf wunderbare Weise auch für die aktuell gelobte Engstirnigkeit in der Welt, ist so vielfach zutreffend, dass man tatsächlich erkennt, es ist viel mehr als nur 24 Buchstaben in Vergessenheit geraten. Allein für die Verbreitung dieses Satzes stünde der Inszenierung, im Sinne von Dorothy Parker, die Bewertung von A-W zu.

Ein sinniger Theaterabend, dessen Erzählungen, die sich um die Wichtigkeiten des Lebens drehen, zeitlos berühren. Die Farbe der Fingernägel, das Warten auf den Anruf des geliebten Mannes, die glamouröse Shopping-Erfahrung. Und, bis zu schmerzlicher Ohnmacht reichte die künstlerisch sehenswerte Aufführung. Theater ist, auch in einer Zeit in der Destruktion und Selbstdarstellung eitel die Bilder prägen, möglich.

 

C.M.Meier

 

Weitere Vorstellungen ...


Tage des Schreckens, der Verzweiflung und der Weltverbesserung   

 

Theresa Hanich, Julia Loibl

Theater Installation in der Galerie Kullukcu FAKE von Rohtheater


 


Das Geschäft mit Gott

Kullukcu Kaun Obalski stehen für eine eigenwillige ungewöhnliche Umsetzung von Weltsicht in künstlerische Performance. In „FAKE“  beschäftigen sie sich mit dem Thema „Lüge und Fälschung“, es wird als „.. die wunderbare Verheißung der Identität mit sich selbst“ angekündigt. Die unterschiedlichen Wahrnehmungen der Welt im einzelnen Subjekt führen nicht erst seit dem Beginn der Geschichtsschreibung zu ebenso unterschiedlichen Wahrheiten. Die Grenzen zwischen gläubiger Annahme und vorsätzlicher Fehlinterpretation sind fließend. Illusion und Realität überlagern einander. Gibt es Grenzen und wenn ja, wo sind die Grenzen?

„Die Projektion von Illusion ist das Geheimnis der Manipulation.“, sagte Peter Greenaway. Und eben die Manipulation ist es, die aus dem Einzeller, der Urmasse, einen aus Milliarden Zellen bestehenden, komplexen Organismus entstehen ließ. Verdammenswert, eine gute Idee, oder gar der Weisheit letzter Schluss?

Es sind die Bilder, die uns bewegen, in denen wir uns bewegen. Ein Meer von bunten Lichtpunkten, Sternen, zierte die Wände am Beginn des Stückes. Über Kamera und geschickte Finger tauchte daraus ein graues Meer von menschlichen Köpfen und Gliedmaßen auf, wogte wie im Wind. Die futuristisch anmutende, 1953 entstandene Erzählung „Alle Namen Gottes“ von Arthur C. Clarke führte aus dem Meer in die sauerstoffarme Luft in einem Lama-Klosters im Himalaya. Viele Varianten der vergangenen Vorstellungswelten tauchten auf, ein Vogel, eine römische Büste, ein Bär, ein Totempfahl, einige Krieger und dann wieder Berggipfel. Es war der Versuch die Welt umfassend im Bewusstsein der Zuschauer zu beleben und die Formen in Erinnerung zu rufen. Der künstlerische Einfallsreichtum im Bezug auf die Ausbreitung von Bildern über Projektion ist eine der bemerkenswerten Fähigkeiten der Rohteateraktivisten. Mit passenden Klängen untermalt, von markanten Sätzen unterbrochen, entfalteten sie nicht nur durch einzelne Objekte eine verworren erscheinende Welt. Ihren Höhepunkt erreichte diese, als ein Tisch im Raum aufgebaut wurde, der Akteur Kullukcu und seine Bewegungen mit dem Hintergrund verschmolzen. Auf dem Tisch lag ausgebreitet das Spiel „Mensch ärgere dich nicht“, ebenso wie eine Reihe anderer Zeitvertreibe mit überlieferten Bedienungsregeln. Die Ernsthaftigkeit mit der das Spiel betrieben wird, stand Kaun unübersehbar in seinen Gesichtszügen. Die Spannung stieg, stieg, stieg ... in dieser anregenden aufschlussreichen erlebenswerten Performance!

  Fake CR Chris  
   c Christina Maria Pfeiffer  

Ob auch die folgenden Worte dem in der Erzählung genannten Kalkulator entstammen, bleibt offen. Geld und Gott. Beide Worte bestehen in der deutschen Sprache aus vier Buchstaben und beginnen mit dem G. Sind also leicht in Bezug zu setzen und zu verwechseln. Beide Worte haben einen Stellenwert in der Welt geschaffen, den es zu bedienen gilt. Koste es, was es wolle. Geopfert werden Menschenleben in Glaubens- und Wirtschaftskriegen und das bereits seit Tausenden von Jahren und auf der gesamten Erde. Oh Gott, oh Geld. „Die Zeit hat den Weg des Kapitals eingeschlagen.“ Und ...?

Die „Moral der Geschichte“: Sogar am „Dach der Welt“, also auf höchster, von Menschen eigenständig betretbarer Ebene, werden Geschäfte gemacht, Maschinen eingesetzt, um den Menschen zu ersetzen. Der Mensch, der im Technik- und Expansionswahn sich selbst abschafft, ist längst Realität. Er akzeptiert in diesem, seinem Aktionskreis keine Grenzen. In der Glaubens- und Verherrlichungskultur des Digitalen geht er auf, findet er scheinbare Erfüllung. Kein neuer Vorgang. Gilt es doch Mönche als Geisteswesen, als Verdränger des natürlichen Lebensalltags zu verstehen, als Beweger der Wirklichkeit. Damit stehen sie in direktem Bezug zu statisch agierenden Rechnern, in deren Kreisläufen ebenfalls Daten geriert werden. Über die Sinnhaftigkeit der einzelnen Daten ließe sich lebenslang streiten, und das sicherlich ohne eindeutiges Ergebnis!

Die Anregung aus der Performance kann darin gründen, den eigenen Schaffensdrang zu differenzieren, kanalisieren und ausgeglichener, verantwortungsbewusster damit umzugehen. Gott zu Ende bringen und sich als Teil in einer Welt bewegen, die wir gestalten. Wenn wir es wirklich wollten, wäre diese Welt morgen eine andere. Hierin liegt ein neuer Anfang. Die Sterne sind weg, die alten Illusionen haben sich aufgelöst. Was wollen wir morgen sehen?

C.M.Meier

 

Weitere Vorstellungen: 18.,19.,20.11. um 20.30 Uhr ... Schillerstraße 23 / 3.Stock

 

 


FAKE

Eine hypnotische Theaterinstallation nach Texten von Arthur C. Clarke, Alejandro Jodorowsky u.a.

Bülent Kullukcu, Anton Kaun, Dominik Obalski

Idee/Konzept: Bülent Kullukcu

Ensemble Persona Romeo und Julia von William Shakespeare


 

 

Es ist die Liebe, die liebt

Es ist die Sprache, die Sprache Shakespeares und die Sprachkultur des Ensemble Persona, welche vom ersten Augenblick der Aufführung bis zur letzten Sekunde in Bann ziehen. Sie entführen aus einer grausamen Welt in Schönheit und Romantik. Die Süße von Sehnsucht, Ekstase trieben das Spiel voran in die bittere Erfahrung. Im Geist sind alle Menschen durch die Laute der Worte verbunden, schwingen ihre Seelen ein in eine Welt. Die Sprache ist eine Form von Musik – Dur und Moll und ... Chorgesang.

Seit über 400 Jahren entfalten Romeo und Julia, verwirklicht durch die poetische Schaffenskraft von W. Shakespeare, die Intensität von Liebe auf den Bühnen und in der Welt. Wohl kaum ein anderes Stück, andere Namen stehen im selben Maße für die Sehnsucht nach Erfüllung im Leben. Tobias Maehler, der Regie führte bei der Inszenierung in der Übersetzung nach A. W. Schlegel, erarbeitete mit den Darstellern auch eine Aktualisierung der Sprache in die Gegenwart. Dezent, an klassischer Moderne orientiert und mit einer feinen Prise Humor versehen, erklang das Drama nicht nur von der Bühne. Schauspieler verweilten stets im Raum und bezogen das Publikum fühlbar mit ein. Ein wohldurchdachtes Konzept steht hinter den Inszenierungen des ausgewogenen Ensembles.

Verona, eine kleine Stadt im nördlichen Italien wird zum Zentrum eines Universums. Romeo Montague, schwärmerisch in die unerreichbare Rosalia verliebt, begibt sich mit seinen Freunden Mercutio und Benvolio zu einem Maskenball im Hause Capulet. Im Tanz blickt er Julia in die Augen und die Liebe entbrennt. Jeroen Engelsman spielte Romeo als äußerst gefühlvollen und enthusiastischen jungen Mann. Nicht nur zwischen Leichtigkeit und Ernsthaftigkeit changierend, von heißem Blut und tiefer Verzweiflung gequält, überzeugte er unaufdringlich auf brillante Weise. Selbst im schnellen Lauf war seine Sprache prägnant klar. Ein neuer Romeo. Julia, noch sehr unbedarft, wurde ebenso wirklich von Anna Pircher verkörpert. Sie, vom Sturm der Gefühle erfasst, erwachte in Weiblichkeit. Ihr Schauspiel um das Chaos der Gefühle brachte eine zeitgenössisch erkennbare Julia hervor. Eine mädchenhafte Capulet. Die Tragödie nahm ihren Lauf, als die Beiden erkannten, dass sie verfeindeten Familien angehören.

 

RuJ-EP

 


Anna Pircher, Jeroen Engelsman

© Bernt Haberland


Es ist der Hass, der bindet

Es ist das Gefühl, welches die Seele bewegt. Mein und Dein finden darin ihren Ausdruck, ebenso wie die Sehnsucht nach Begegnung. „Oh Ehestand, oh Wehestand“ , kam es von den Lippen Capulets und wohl kaum jemand könnte ihm widersprechen. Begegnung kennt vielen Formen. Mein Leben, meine Familie, meine Freunde und dann sind da noch die vielen anderen.

Im der Gestalt des Mercutio, ausgezeichnet lebendig umgesetzt von Yannick Zürcher, wurden Teile des menschliche Beziehungsnetzes ersichtlich. Der neckende Freund, der treue Kamerad, das Opfer der Umstände. Anders als der zurückhaltend ausgleichende Benvolio, Marco Bretscher-Coschignano, zog er gerne die Aufmerksamkeit auf sich. Ordentlich beflissen verkörperte Florian Hackspiel Tybalt, der Romeo provoziert und Mercutio tötet, ganz im Sinne der verfeindeten Väter. Bruder Lorenzo suchte mit Weisheit und Geduld die Liebenden rechtschaffen zu begleiten. Allein die Umstände ließen seine Pläne scheitern. Aufrecht liebevoll stand Markus Vogelbacher für die christliche Idee. Während die Amme von Marina Lötschert diensteifrig und ausnehmend geschwätzig ihren Part erfüllte und die von Klaudia Schmidt gespielte Lady Capulet kaum Eigenleben entwickeln durfte. Wie doch die Rollen in einer Zeit ... auf Spitzen getrieben werden. Bruder Markus, Leonid Semenov, scheitere gefasst in seiner Aufgabe den alles entscheidenden Brief zu überbringen. Das Leben, die Umstände entziehen sich bisweilen den Ideen und spielen das, was man Schicksal nennt.

Die offene Bühne in der Mitte des Saales betraten die Darsteller von allen Seiten. Mit wenigen Requisiten ausgestattet, verdeutlichte Simone Haberland die Präsenz der im Mittelpunkt stehenden Darsteller. Das Werk, der Text, die Schauspieler. Die Kostüme orientierten sich sowohl an aktueller Mode, als auch an traditioneller Bekleidung. Die Lederjacke des Mercutio, der Talar des Bruder Lorenzo, die Degen der jungen Männer trugen den äußeren Anteil zum Erlebnis bei. Bernt Haberland gestaltete diese und die atmosphärischen Lichteffekte.

Es ist die Versöhnung der Familien, die am Ende des Schauspiels steht. Die darstellenden Patriarchen reichten einander im Leid die Hände und ... wie heute üblich definierten sie Schuld und deren Ausgleich über Geld- bzw. Goldwert. Wie arm an menschlicher Kultur ist die Welt im Augenblick doch geworden. Eine Botschaft die erreichte und nachdenklich macht.

 

C.M.Meier

 

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Romeo und Julia

von William Shakespeare

Marina Lötschert, Anna Pircher, Klaudia Schmidt, Marco Bretscher-Coschignano, Jeroen Engelsman, Florian Hackspiel, Leonid Semenov. Markus Vogelbacher, Yannick Zürcher, Tobias Maehler

Regie: Tobias Maehler

Mathilde Westend Ein Liebesbeweis von Barbara Kappen


 

 

Gedankenkarussell

... und wie könnte es anders sein, alles dreht sich um die Liebe. Die Aufmerksamkeit kreist um einen Mann, sein Tun, seine Art und die Momente der Begegnung. Höhenflüge und Durchhängen, Leidenschaft und Distanz. Es ist die Liebe, die das Karussell des Daseins betreibt. Immer im Kreis ...

In der Tradition der französischen Bekenntnisliteratur geschriebenen, erschien 1933 der Briefroman „Fast ganz die Deine“ von Marcelle Sauvageot. Feinsinnig detailiert und in poetischer Sprache verfasst, befreit sie sich in dem Text von Vergangenem. Barbara Kappen übersetzte und kristallisierte daraus den Monolog einer Auseinandersetzung mit Gefühlen, Trennung und Erinnerung. Die ewige Frage nach dem Empfinden Liebe, dem Glück und den bunten Folgen ist wohl eines der großen Abenteuer, die wieder und wieder beschrieben, das Interesse nach wie vor fesseln. Kaum ein anderes Thema erfährt so viel Aufmerksamkeit und scheint letztlich doch als Rätsel. „... wenn ich dich liebe, aber ich dich nicht richtig liebe, dann wäre ...“ Schatten und Licht, die Erfahrung in sich selbst und im Spiegel des Anderen, Realität und Illusion. All dies anzusprechen gelang der Autorin in stilgemäß moderner Sprache. In Nebensätzen und Andeutungen macht sie nicht nur die Geschichte der Frau transparent.

In rotem Mantel und  roten Schuhen betrat Theresa Hanich die Spielfläche, hob sich leuchtend ab von der weißen Wand und den daran hängenden weißen und blauen Briefen. Vom ersten Augenblick an verbreitete sie Abschiedsstimmung im Raum. Der Bahnhof, der Zug wurden aus ihren Bewegungen sichtbar und die Fahrt nach Hauteville war ein Schritt des Lebewohls, des Abschieds von Paris, des Abschieds von ihm und des Abschieds von einem Leben. Nachdenklich lehnte die Schauspielerin den Kopf an das Fenster, verfolgte die scheinbar daran vorbeiziehende Landschaft. Bekenntnisse drangen von ihren Lippen. „.... erstarren in äußerer Würde, das kann ich gut ...“ wohl ebenso gut wie „ ... ein Gefühl mitteilen, wenn es ausbricht ...“ und die Verlassenheit benennen „... alles erinnert mich an dich, obwohl es dich nicht mehr gibt für mich ...“! Mit fabelhafter Präsenz gelang es ihr das Publikum in ihre Geschichte einzubinden, miterleben zu erzeugen. Theresa Hanich breitete ein kraftvolles  weibliches Innenleben aus, gab Empfindungen wie Illusionen preis. Unter der feinsinnigen Regie von Florian Hackspiel gelang es ihr bis zum immer deutlicher hervortretenden Ende einen Spannungsbogen zu erspielen. Der enge Raum eines menschlichen Inneren fand sich im engen Theaterraum gespiegelt. So erwirkten Florian Hackspiel und Theresa Hanich eine komplexe Welt, die die Zuschauer erreichte.

Beifall für sehenswertes Theater auf kleinstem Raum im Mathilde Westend. Eine Erfahrung einer neuen Art und fraglos ein ausgefallener Abend.

 

C.M.Meier

 

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Ein Liebesbeweis

von Barbara Kappen

Übersetzung und Dramatisierung des Briefromans
Fast ganz die Deine von Marcelle Sauvageot

Theresa Hanich

Regie: Florian Hackspiel

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