Kammerspiele Der Kirschgarten von Anton Tschechow
Wie man Tschechow auf Comedyformat bringt
Anton Tschechow, dessen Großvater noch Leibeigner gewesen war, entdeckte sein literarisches Talent beim Schreiben heiterer Kurzgeschichten für Witzblätter und Zeitungen. Er tat dies, um sein Budget als Medizinstudent aufzubessern. Im Verlauf seines nur etwa zwanzigjährigen Literatendaseins schuf er dramatische Werke, die er durchweg als komisch bezeichnete. Vieles spricht dafür, dass er im tiefsten Innern ein heiterer Mensch war. Als das 1900 verfasste Werk "Der Kirschgarten" vier Jahre später gewissermaßen als Geburtstagshommage unter der Regie von Stanisláwski am Moskauer Künstlertheater uraufgeführt wurde, umschwebte den Dichter bereits der Hauch des Todes. Ein halbes Jahr später raffte den 44jährigen in Badenweiler die Tuberkulose hin.
Tschechows Verdienst bestand vornehmlich darin, dass russische Theater dem europäischen gleichwertig gemacht zu haben. Dabei war er nicht ausschließlich Dichter. Er beschäftigte sich lebenslang mit den Naturwissenschaften und der Philosophie. Er war einer der Universalgeister, die heute nur noch Legende sind. Seine Tätigkeit als Arzt ermöglichte ihm den Zugang zum Innenleben der Menschen seiner Zeit und das versetzte ihn in den Stand, psychologische Vorgänge mit den gesellschaftlichen zu verknüpfen. Seine Figuren waren ganzheitliche Geschöpfe, deren Komplexität das Innen und Außen ihrer Existenz filigran widerspiegelten. Das reine Menschliche war stets im Focus dieses großen Dichters gebündelt und fand Niederschlag in einer schwer beschreibbaren und melancholischen Schönheit seiner Werke.
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Hildegard Schmahl, Martin Butzke, Cristin König, Brigitte Hobmeier
© Andreas Pohlmann
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Eines allerdings wollte Tschechow nie sein, ein vordergründig politischer Schriftsteller. Kongenialer Partner war dem Dichter der Regisseur der wichtigsten Uraufführungen Konstantin Stanisláwski. Der meinte: "Tendenz und Kunst sind unvereinbar, eins schließt das andere aus." Wie falsch er in Bezug auf die Wirkung seiner Arbeit damit lag, beweist die Geschichte. Am Abend der Oktoberrevolution wurde "Der Kirschgarten" vom Publikum frenetisch gefeiert. "Doch aus dem Theater," so berichtete Stanisláwski, "gingen die Leute schweigend - vielleicht waren unter ihnen auch solche, die sich zum Kampf für ein neues Leben rüsteten. Sehr bald begann eine Schießerei, …" Die Wirkung aller Tschechowschen Werke war auch immer eine politische.
Genug des geschichtlichen Exkurses, der doch unbedingt notwendig ist, um die Inszenierung in den Kammerspielen objektiv bewerten zu können. Am Ende könnte das Publikum, - vermutlich gab es einige Mitbürger unter ihnen, die das Werk nicht als Schrift kennen -, glauben, es hätten Tschechows "Kirschgarten" gesehen. Weit gefehlt. Was da über die Bühne zappelte, war eine platte Politsatire, die weder neue Einsichten beförderte, noch ästhetische Offenbarungen bereithielt.
Tschechow beschreibt am Beispiel der Gutsbesitzerin Ranjewskaja und ihrer Familie den Untergang einer Klasse. Sie, eine bekennende Müßiggängerin und Verschwenderin, kehrt mit ihrem Anhang aus Paris zurück. Das Gut, umgeben von einem Kirschgarten und Wiesen, ist unrettbar verschuldet. Die Versuche, den Besitz zu erhalten, sind inkompetent und halbherzig. Am Ende fällt es Lopachin, Protagonist des aufkommenden Neoliberalismus, in die Hände, der den Kirschgarten abholzen lässt, um die intakte Welt gewinnbringend in eine Datschensiedlung zu verwandeln. Im vierten Akt reist die Familie mit veruntreutem Geld wieder ab ins Ausland. Zwischendrin hätte der Besucher, wenn es denn stattgefunden hätte, ein feines, sehr sensibles Beziehungsgespinst erleben können, dass alle Figuren charakterlich tiefgründig deutet und zugleich ihre soziale Determination beschreibt. Von alledem war nur andeutungsweise etwas wahrzunehmen.
Regisseur Lars-Ole Walburg verpflanzte die Geschichte, ohne Ablauf oder Namen zu verändern, nach Deutschland. Für diese Erkenntnis brauchte es keiner Mühe. Es stand in großen Lettern an eine Kirschholzwand geschrieben. Diesen Einfall kann man vermutlich dem Bühnenbildner Robert Schweer zuschreiben, der den Bühnenboden mit immergrünem Kunstrasen versah und es dabei beließ. Was sich in dieser Arena abspielte, hatte wenig mit den Tschechowschen Figuren gemein. Es war ein lockerer Wechsel zwischen Rollentext und selbst gestricktem, bei dem man Politikerzitate nicht scheute. Botschaft der Regie: Wenn der Selbstbetrug nicht greift, verlässt man besser das sinkende Schiff. Zurück bleiben die lästigen Alten, deren Existenz lediglich die sozialen Sicherungssysteme belasten. Und damit es auch der Letzte versteht, besetzte Walburg die Rolle des 87jährigen Dieners Firs, bei Tschechow das Faktotum und zweifellos auch ein Symbol, gleich mit zwölf Senioren. Heraus kam Quantität statt Qualität, denn Firs Text blieb auf der Strecke. Vielleicht ist es dem Regisseur nicht aufgefallen. Auch er hat, wie es die Politik heute vormacht, die Alten nur benutzt, denn ihre Ängste, Sehnsüchte und Lebenserfahrungen konnten sie nicht einbringen.
Alle Rollen waren auf das Schematische verkürzt. Beziehungen wurden ausgesprochen und nicht gestaltet. Der billige Lacher, provoziert durch politische Anspielungen, erzeugte Kurzweil. Die Tschechowsche Komik, die ihren Ursprung in den intimen Situationen und den degenerierten Charakteren der Protagonisten hat, fand nicht statt. Sie wurde verdrängt von aufgesetzten holzschnittartigen Masken. Eines sollte man nicht vergessen, jede Klasse oder soziale Schicht, die eine Gesellschaft einmal geführt hat, war Kulturträger. Walburg denunzierte auf brutalste Art und er benutzte dabei die Darsteller nach Belieben. So gelang es auch nur wenigen Akteuren dieses großartigen Ensembles, sich gegen die Verflachung zu wehren. Stephan Bissmeier ließ als Leonid, Bruder der Gutsbesitzerin, bei seinem Monolog an einen hundertjährigen Schrank die Komik Tschechows erahnen. Der Text fand im Habitus der Darstellung eine deutliche Entsprechung. Die konnte man ansatzweise auch Michael Neuenschwander zugestehen, der als Lopachin, sich selbst als Bauer und Idiot definierend, die Doppelbödigkeit seiner Rollenvorgabe erreichte. Herausragend war letztlich nur Michael Bundschuh, der den ewigen Studenten Pjotr gab. Er setzte bei aller Plakativität Akzente bei der Gestaltung einer nachvollziehbaren menschlichen Figur. In seiner idealistischen Verstiegenheit und den daraus resultierenden Haltungen war er der eigentliche Darsteller von Komik. Dies sollte eigentlich dem Kontoristen Semjon zufallen, dem ewigen Verlieren und Tolpatsch. In der Darstellung durch René Dumont feierte jedoch der Hanswurst seine Auferstehung. Dieser großartige Schauspieler war dazu verdammt, durch Slapstickeinlagen das zu erzeugen, wozu die Regie augenscheinlich nicht in der Lage war, nämlich intelligente Komik umzusetzen.
Am Theater sollte hinter jedem Lachen das Denken stehen. Soweit kam es nicht. Wenn man diese Inszenierung als Experiment betrachten könnte, wäre einiges verzeihlich gewesen, doch nicht einmal soweit gingen die Intentionen der Macher. Am Ende konnte man nur der Hinrichtung Tschechows beiwohnen. Das Niveau des Scheiterns hatte keine Klasse und nur wenig Sinn. Fast möchte man meinen, mit dieser Inszenierung soll der Lach- und Schießgesellschaft der Rang abgelaufen werden. Über all das kann auch die Begeisterung des Publikums nicht hinwegtäuschen. Das ließ sich hier möglicherweise verführen. Zum Beispiel durch die Musik von Theo Nabicht, der mehr Stimmung über seine Blasinstrumente erzeugte als das Spiel der Darsteller. Bei Kenntnis des Werkes von Tschechow hätte es eigentlich empört sein sollen, dass man seine Sensibilität und Intelligenz so unterschätzt. Abgesehen davon hat es wenig bekommen fürs Geld.
Wolf Banitzki
Der Kirschgarten
von Anton Tschechow
Hildegard Schmahl, Brigitte Hobmeier, Christin König, Stephan Bissmeier, Michael Neuenschwander, Matthias Bundschuh, Walter Hess, Theo Nabicht, René Dumont, Anna Böger, Martin Butzke, Willy Brummer, Helmut Gillhuber, Wolfgang de Haen, Hans Hofmann, Evelyn Holzhauser, Werner Janoud, Sabine Moser, Norbert Scholl, Martha Schweikart, Georgine Spaett, Ingmar Thilo, Katharina Wendling-Magert
Regie: Lars-Ole Walburg |
Kammerspiele Die Räuber nach Friedrich Schiller
Spiegelberg als Vorbote der Apokalypse
"In tirannos" - "Gegen die Tyrannen" stand auf dem Titelblatt der zweiten Auflage "Die Räuber" von Friedrich Schiller im Jahr 1782. Das große Drama über "Tod oder Freiheit!", wie Karl Moor es auf den Punkt bringt, war in seiner gesamten Inszenierungsgeschichte ein tauglicher Text, gesellschaftliche Zustände zu hinterfragen. Das dramaturgisch meisterhaft gearbeitete Schauspiel berichtet von zwei ungleichen Brüdern. Karl, der ältere und vitale lebt unbekümmert sein studentisches Dasein, macht hemmungslos Schulden und ist sich der Liebe seiner Amalia gewiss. Franz, der zweitgeborene, nekrophile (im Sinne Erich Fromms), leidet unter dem Status des Zurückgesetzten. Er intrigiert erfolgreich gegen den Bruder und bringt den Vater so weit, Karl zu enterben. Als dies geschehen ist, erklärt er den Bruder für tot und beseitigt im selben Atemzug den Vater. Im Handstreich hat er den Besitz übernommen und geht nun daran, Amalia zu unterwerfen. Er will sie nicht als Frau gewinnen, das entspräche nicht seinem zerstörerischen Charakter. Er will sie zu seiner Mätresse machen, sie besitzen. Karl indes gründet auf Anraten des Spießgesellen Spiegelberg im Böhmischen eine Räuberbande. Zwei Lager bilden sich in der Rotte. Spiegelberg und Konsorten geht es um das hemmungslose Ausleben ihrer Gier und der Lust an der Zerstörung. Karl streitet für seine humanistischen Ideale. In der endgültigen Erringung von Freiheit wähnt er einen neuen Menschen: "Das Gesetz hat noch keinen großen Mann gebildet, aber die Freiheit brütet Kolosse und Extremitäten aus." Als die Gewalt eskaliert, wird er schuldig am Tod Unschuldiger. Am Ende, Karl erobert das Schloss zurück, Franz legt selbst Hand an sich an und der Vater stirbt in den Armen des zum Räuber verkommenen Sohns, tötet Karl, einem Schwur folgend, Amalia. Schiller, ein homo pateticus in seiner Zeit, kann auch diesem Ausgang noch Größe abgewinnen: "Karl, auch im größten Bedrängnis noch Mann, ermordet Amalien, die er nicht mehr besitzen kann, verlässt die Bande, die er durch das unmenschliche Opfer befriedigt hat, und geht hin, sich selbst in die Hände der Justiz zu überliefern." Schiller meint damit, dass menschliche Größe darin besteht, für die eigenen Handlungen auch die Verantwortung zu übernehmen. Und noch etwas ist heute aus dem Bewusstsein geraten, worin Schiller Nachhilfe leistet: Individualismus bedeutete ursprünglich die Befreiung des Individuums aus den Zwängen der Gesellschaft.
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Hans Kremer, Wolfgang Pregler, Sebastian Weber
© Arno Declair
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Die Kammerspiele werben für diese Inszenierung unter Berufung auf die "radikale Lesart" der Regisseurin Christiane Pohle. Dieses Attribut ist unbestritten und sogleich drängt sich die Frage auf, hat sich die Radikalität gelohnt? Mehr als das! Mit dieser Herangehensweise hat Christiane Pohle eine Schillerinterpretation geleistet, die vielleicht in die Theatergeschichte eingehen könnte. "Nihilistisch-depressiv" wird diese Auslegung genannt. Ich halte dagegen und meine, sie hat durchaus realistische, sogar entlarvende Züge.
Ohne dem Text des Dichters Gewalt anzutun, anders als z.B. in Walburgs "Kirschgarten", wo nur noch Tschechow draufsteht, hat sie den Fokus auf die Philosophien der Protagonisten umgelenkt. Franz ist jetzt die Hauptfigur. Bar aller Visionen vertritt er einen Sozialdarwinismus, wie er heute weltweit praktiziert wird. Der Stärkere setzt sich durch (oder geht unter), folglich herrscht das Gesetz des Stärkeren. Sein Menschenbild ist wahrlich nihilistisch: "… der Mensch entstehet aus Morast, und watet eine Weile im Morast, und macht Morast, und gärt wieder zusammen in Morast, bis er zuletzt an den Schuhsohlen seines Urenkels unflätig anklebt. Das ist das Ende vom Lied - der morastige Zirkel der menschlichen Bestimmung, und somit glückliche Reise …"
Regisseurin Pohle bleibt uns den Beweis für einen Zeitbezug nicht schuldig. Ihr Drama beginnt nicht in der behaglichen Behausung des Vaters, des Grafen Moor, sondern bei den Vätern im Nationalsozialismus. Folgerichtig wird der alte Moor nicht von einem Schauspieler gegeben, bei Schiller ist er ohnehin ein Mann ohne nennenswerte Eigenschaften, sondern von einem Chor. Diese Väter, die ihre Vergangenheit verdrängt haben, gefallen sich in romantischen Chorgesängen. Sie sterben und erstehen auf wie Dämonen der Geschichte. Eine treffliche Sicht, die die Frage aufwirft, ob wir es denn heute wirklich mit Neofaschismus zu tun haben, oder ob es nicht noch immer der alte ist, der uns klammheimlich an den Fußsohlen klebt?
Wer wollte Franz seinen beeindruckenden Willen zur Macht und seine Konsequenz absprechen? Seine Argumente finden sich in Staatsdoktrinen und Unternehmensphilosophien wieder. Dabei sprach Wolfgang Pregler nur Schillertexte! Nein, er sprach sie nicht, er schlug sie dem Publikum mit ungeheuerlicher Intensität in die Ohren und ins Hirn. Karl, von Hans Kremer als einen zutiefst desillusionierten Idealisten gestaltet, hatte nur noch ein Wesen, das ihm nahe stand, einen Hund. Ein ehernes Theatergesetz sagt, man sollte Kinder und Tiere auf der Bühne meiden, da sie jedem Darsteller die "Show stehlen" oder ihn "an die Wand spielen". Auch hiermit hatte Regisseurin Pohle erfolgreich eine Grenze übertreten. Der Hund entpuppte sich als wirkungsvolles Element, die abgrundtiefe Verlorenheit Karl Moors aufzuzeigen.
Die Brüder sind gescheitert. Das Ideal ist an der Praxis zerschellt und das Herrenmenschentum wurde von den Geistern, die es beschwor, getilgt. Eines erklärt diese Inszenierung einleuchtend: Die Rettung des menschlichen Geschlechts kann nur durch die Überwindung naturgegebener tierischer Gesetze unter Ausschluss von Ideologien, die sich mit kriegerischen Mitteln durchzusetzen versuchen, gelingen. Das wäre allemal ein guter Schluss - aber leider wieder nur ein idealistischer.
Also gab sich Christiane Pohle damit nicht zufrieden und setzte doch eins drauf. Da bot sich eine andere Figur im Schillerschen Ensemble an, die der Regisseurin geeignet schien, die Gegenwart und wohl auch die Zukunft zu betrachten. Hier wurde sie allerdings von Schiller verlassen. Es handelte sich um Spiegelberg, einem Typus, der nur noch der eigenen Triebhaftigkeit folgt und mit gesellschaftlichen Begriffen wie Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit nichts mehr anzufangen weiß. "Ich weiß nicht, was du oder ich für Begriffe von Freiheit haben, daß wir an einem Karrn ziehen wie Stiere, und dabei wunderviel von Independenz deklamieren - Es gefällt mir nicht."
Genau an dieser Stelle knüpfte die Regisseurin an und machte Spiegelberg mit eigenen Texten zu einem destruktiven Protagonisten der Neuzeit. Er ist ein vom Toleranzgedanken angewiderter hemmungsloser Zyniker. Er bekennt sich dazu, dass sein Individualismus reiner Egoismus ist. Jede gesellschaftliche Verpflichtung wird verneint. Das Individuum (oder hier der Egoist) oder der Tod! So wird jeder Terrorakt begrüßt. Die Gewalt ist letzte Daseinsform. Und warum auch nicht, wo doch die Ultima ratio längst nicht mehr das letzte, sondern das gängige Mittel ist. Wer Widerstand leistet, ist dem Tode geweiht. Sebastian Weber projizierte vor dem Hintergrund der medialen Alltagsbilder ein erschütterndes Heldenbild. Der brillante Darsteller verkaufte die Überzeugungen mit süffisant-diabolischem Lächeln und dem Zuschauer blieb das unvermeidliche Lachen - die Realitätsbezüge waren erstaunlich und schockierend - im Halse stecken.
Zum Gelingen dieses Theaterereignisses, das sich zweifellos auf sehr unterschiedliche Weise in das Gedächtnis der Zuschauer verankert hat, trug Bühnenbildnerin Reinhild Blaschke bei. Gut zwei Drittel der Bühne war leerer Raum. Im Hintergrund, fast möchte man sagen im historischen Untergrund, gab eine fade Kneipe Einblicke in tümelnde Seelen preis. Dort waberte die Geschichte zwischen deutschem Liedgut und Jagdtrophäen. Dort starben die Väter und stiegen wieder auf in unerschütterlichem Geist und unzerstörbarer Einigkeit. Von dorther stank die Geschichte in die Gegenwart. Und wenn die Väter ins Heute traten, dann nur um die Leichen abzulegen.
Am Ende war das Publikum zutiefst gespalten. Buhs und Bravos erschollen im dissonanten Chor. Ganz sicher war es nicht die Ästhetik des Werkes, die das Publikum spaltete. Es waren die Aussagen und die erschreckende Wucht, mit der sie formuliert wurden. Schließlich war unübersehbar, dass im Publikum zwei Seelen wohnten und beide angerührt zu haben, sollte den Machern als Kompliment gereichen. Die Inszenierung war ein berechtigter Mahnruf, der hoffentlich noch lange nachhallt. Denn längst wird von den Besitzstandswahrern wieder darüber nachgedacht, ob die Freiheit nicht die Ursache dafür sein könnte, dass die Menschlichkeit, oder das, was sie darunter verstehen, schwindet.
Wolf Banitzki
Die Räuber
nach Friedrich Schiller
Hans Kremer, Wolfgang Pregler, Sebastian Weber, Angelika Fink, Ein Männerchor (Die GieSingers und die Max-Reger-Vereinigung)
Regie: Christiane Pohle |