Residenztheater Die Verlorenen  von Ewald Palmetshofer


 

Beachtlicher Einstand

Einen beachtlichen Einstand gab das Residenztheater unter der Ägide von Andreas Beck mit einer Uraufführung des österreichischen Dramatikers Ewald Palmetshofer. Sein hochlyrisches Werk „Die Verlorenen“ war eigens für diesen Einstand in Auftrag gegeben worden. Indes, es war kein heiterer Abend, was der Titel bereits erwarten ließ. Wie auch, schließlich ist Palmetshofer Österreicher, wie der Tod, über den die Mähr kursiert, er sei ein Wiener. Vor allem aber ist Palmetshofer ein von der Sprache besessener, und zwar auf unvergleichliche Weise, was ihn seit „hamlet ist tot. keine schwerkraft“ ziemlich erfolgreich macht.

In München erlebte Palmetshofer vor allem in den Jahren 2011 bis 2013 geradezu einen Hype mit seinen ambitionierten Werken. So im Marstall Mai 2013 mit „räuber.schuldengenital“, ein Drama in Jamben, oder Jochen Schölchs Stückentwicklung „Der Kandidat“ im Juni 2012 am Metropol Theater auf der Basis von Texten von Ewald Palmetshofer, oder „sauschneidn. ein mütterspiel“ im Dezember 2011 am Stadttheater Oblomow, oder sein Stück über Vereinsamung mit dem Titel „körpergewicht 17%“ am Teamtheater Tankstelle im September 2011, oder „faust hat hunger und verschluckt sich an einer grete“ in der Halle 7 im Februar 2011. Bereits im April 2008 erlebte „wohnen. unter glas“ am Volkstheater eine gelungene Inszenierung.

Nun, nach sechs Jahren und exklusiv für das Münchner Theaterpublikum, erneut ein verstörendes und hochpoetisches Werk von Ewald Palmetshofer, der zuletzt als Dramaturg am Theater Basel beschäftigt war. Don't change a winning team, mag sich Intendant Andreas Beck gesagt und den Dramatiker nebst der Regisseurin Nora Schlocker verpflichtet haben, die ein ganz besonderes Verhältnis zur Dramatik Palmetshofers zu haben scheint. Immerhin besorgte sie mit dieser Inszenierung bereits die dritte Uraufführung. Ein Theaterereignis war es allemal.

Dabei ist die Handlung des Dramas alles andere als erstaunlich oder gar spektakulär, man könnte sogar sagen, sie sei geradezu banal in ihrer Alltäglichkeit. Clara, eine junge Frau nimmt eine Auszeit und zieht sich in das ländliche Anwesen der verstorbenen Großmutter, zugleich Ort ihrer Kindheit, zurück, um sich selbst zu finden, denn sie ist eine „Verlorene“. Man kommt alsbald an der Erkenntnis nicht vorbei, dass alle Figuren, die den ländlichen Kosmos bevölkern, „Verlorene“ sind. Jeder ist es allerdings auf seine ureigene Weise. Kevin ist ein Verlorener, weil es ihm nie gelungen war, sich aus der dörflichen Enge zu befreien. Der alte Wolf, die Frau mit dem krummen Rücken und der Mann mit der Trichterbrust sind Verlorene, weil sie sich nicht einmal mehr sicher sind, ob ihr Sein real ist, denn sie werden von niemandem außerhalb ihrer winzigen Welt wahrgenommen. Ihre Rufe verhallen ungehört und lassen nur noch den Schluss zu: „keine andere Welt / kein Drüben, Draußen, Droben / Jenseits nicht“. Doch auch Claras Mutter und deren Schwester haben einander verloren, ebenso wie Claras Ex-Mann Harald und deren gemeinsamer Sohn Florentin. Mit Entsetzen muss Clara zuschauen, wie Florentin abdriftet in eine unmenschliche, in eine faschistoide und brutale Welt.

  Die Verlorenen  
 

v.l. Ulrike Willenbacher, Max Mayer, Steffen Höld, Arnulf Schumacher, Sibylle Canonica, Florian von Manteuffel, Pia Händler, Nicola Kirsch

© Birgit Hupfeld

 

Es gibt kein Entrinnen bei Palmetshofer; Kevin und Clara finden nicht zueinander. Der alte Wolf sieht Hirsche und Hirschkühe, die, so scheint es, die Vorherrschaft des Menschen nicht mehr anerkennen und aufbegehren. Die Frau mit dem krummen Rücken bangt um die Umsätze in ihrer Verkaufsstelle, denn für sie sind der Laden, die Tankstelle existenziell. Der Mann mit der Trichterbrust ist voller Sehnsucht nach Nähe, nach Liebe und verbannt sich selbst aufgrund des Bildes, das er von sich hat. Zuletzt, auf einer Beerdigung, spricht Claras Tante das Willkommen im Kreis aller Verlorenen für Claras Mutter und gleichermaßen dem Rest der Gesellschaft: „meine liebe / kleine / Rosi / wie mir / all das / leidtut / - / liebe, du / jetzt... / - / hast du / auch nichts mehr“.

Ewald Palmetshofer führt die Betrachter nicht durch einen Konflikt, den es zu lösen gilt oder auch nicht, sondern durch die Seelenlandschaften unserer Zeit und wohin das Auge blickt: Verheerung allenthalben, von Hoffnung keine Spur. Palmetshofer hinterfragt nichts Geringeres als das „Menschsein“. Nicht zum ersten Mal kommt er dabei zu der Erkenntnis, dass da, weder im Universum, noch im Jenseits, etwas ist. Der Mensch ist allein und auf sich gestellt. Immerhin, er hinterfragt mit einer gehörigen Portion Humor und Sprachwitz. Es ist bisweilen rabenschwarzer Humor und er kann das, denn er ist Österreicher und denen scheint es im Blut zu liegen.

Bühnenbildnerin Irina Schicketanz schuf für die Münchner Uraufführung einen weißen Guckkasten, dessen Rückwand nach hinten umklappbar war, wodurch ein Rampe in die Welt des Stückes und somit ein erweiterter Spielraum entstand. Der führte allerdings, wie die Geschichte letztlich zeigte, nirgendwo hin, wo es Erlösung gab. Dieser kalte und grelle Reduktionismus, der kaum sinnliche Reize aussandte, bildete den Klangraum für das gesprochene Wort, den Rhythmus und der Melodiösität der Sprache. Den Darstellern gab die Regie nicht mehr an die Hand als das Wort und das war Herausforderung genug. Wer die Sprache Palmetshofers nicht kannte, mag anfangs einiges Unbehagen verspürt haben. Doch dabei blieb es nicht. Schnell hörte man sich ein, begriff den Satzbau und begann, die Effekte zu genießen. Den Darstellern bereitete die Sprache sichtliches Vergnügen, denn der Witz, der hintergründige Humor wurde niemals verschenkt.

Myriam Schröder gab eine selbstbewusste und taffe Clara, die sich von ihrem Vorhaben der Selbstfindung nicht abbringen ließ. Warum sie letztlich zur tragischen Figur wurde, erklärte sich psychologisch nicht, war aber ein unverzichtbarer Plot, wie die Dramaturgie zeigte. Eher komödiantisch angelegt waren die Rollen des alten Wolfs und des Mannes mit der Trichterbrust, exzellent gespielt von Steffen Höld und Max Mayer. Mit einiger Breitschultrigkeit und Wucht eroberte Nicola Kirsch immer wieder die Szene, unerwartet, wie erstaunt festgestellt werden muss, denn immerhin gab sie die Frau mit dem krummen Rücken. Ebenso Svenja, die Frau von Claras Exmann, gespielt von Pia Händler. Auch ihre Präsenz machte es schwer zu glauben, dass sie eine Verlorene sei. Überfordert mit der Erziehung des Kindes Florentin (Carlo Schmitt / Francesco Wenz) war sie allemal, erweckte aber dennoch nicht den Eindruck, eine vom Leben beherrschte zu sein. Florian von Manteuffels Harald, Claras Ex-Mann, indes war von opportunistischer Geschmeidigkeit, was auch körperlichen Ausdruck fand. Er war unbestritten ein Verlorener und ergänzte das depressive Weltbild um die Facette des „sittlich Lauen“, wie Dante diesen Typus nannte. Gänzlich verloren und geradezu somnambul anmutend waren Sibylle Canonica und Ulrike Willenbacher, als Claras Mutter und deren Tante. Dazwischen mäanderte Arnulf Schumacher verzweifelt nach Bodenhaftung suchend. Der junge Kevin, im dramatischen Rollenfach häufig der positive und sinnstiftende Held, entpuppte sich ganz und gar nicht als solcher, wurde sogar mit Drogen (-handel?) in Zusammenhang gebracht. Immerhin, Johannes Nussbaum verlieh ihm eine hoffnungsvolle Jungenhaftigkeit, die es schmerzhaft machte, anerkennen zu müssen, dass auch er ein Verlorener war.

Folgt man den Prämissen Ewald Palmetshofers, so sind wir alle „Verlorene“. Ob das seine Intention war oder nicht, sei dahingestellt. Nora Schlocker verhinderte mit ihrer intelligenten und das Wort feiernde Inszenierung, dass das Stück wie eine Aufforderung zum Suizid daherkam. Es war ein visuell wirkmächtiges, intellektuell herausforderndes und dabei komödiantisches Kunstwerk, das mit Sicherheit im Betrachter lange nachhallen wird. Für die Düsternis und die Hoffnungslosigkeit soll noch einmal die Herkunft Palmetshofers erwähnt werden. Diesmal als Entschuldigung. So san´s halt, die Österreicher.

Wolf Banitzki

 

 


Die Verlorenen / UA

von Ewald Palmetshofer

Mit: Myriam Schröder, Florian von Manteuffel, Pia Händler, Carlo Schmitt / Francesco Wenz, Sibylle Canonica, Arnulf Schumacher, Ulrike Willenbacher, Johannes Nussbaum, Steffen Höld, Nicola Kirsch, Max Mayer

Inszenierung: Nora Schlocker

Residenztheater  Eine göttliche Komödie. Dante < > Pasolini von Federico Bellini


 

Viel Gewalt, wenig Göttlichkeit

Ort der Handlung ist Ostia, Roms vorgelagerter Strand. Das Geschehen spielt in der Nacht auf den 2. November 1975. Der Dichter und Filmemacher Pier Paolo Pasolini war mit seinem Alfa Romeo an den Strand gefahren und wurde getötet, geradezu abgeschlachtet. Die Leiche fand man in der Früh auf einem Fußballplatz. Schnell war der Täter ausgemacht und festgesetzt: der junge, schmächtige Stricher Pino Pelosi. Er gestand die Tat und wurde verurteilt. Doch die Zweifel an Tathergang und den Mördern werden nie wirklich ausgeräumt. Federico Bellinis Drama, das auf der Bühne des Residenztheaters seine Uraufführung erlebte, beginnt im Augenblick des Sterbens Pasolinis.

Vier mögliche Varianten wurden langatmig durchexerziert. Die erste: Pelosi gerät mit Pasolini, gespielt von Tim Werths mit erstaunlicher Ähnlichkeit zum Dichter, in einen Streit und erschlägt ihn auf bestialische Weise. Dann endete der Vorgang abrupt und wurde zurückgespult. Neben Pasolini und Pelosi entstieg dem Auto nun eine weitere Person, ein Neofaschist, und das Schlachten begann erneut. Auch diese zweite Variante endete und wurde auf Anfang zurück gespult. Jetzt entstiegen dem Auto vier Personen. Hinzu kam ein Mafiosi. The same procedure as… Und in der vierten Variante kommen zwei Polizisten hinzu, die Beweismittel platzieren und, nachdem sie feststellen mussten, dass noch ein Rest Leben in Pasolini ist, die Tat vollendeten. Alle Figuren waren auf dieselbe Weise gekleidet, was wohl bedeutete, dass alle derselben Gesellschaftsschicht entstammten. (Kostüme Graziella Pepe) Annähernd 20 Minuten dauert dieses erste Bild einer Gewaltorgie gegen Pasolini. Erste Unmutsäußerungen im Premierenpublikum wurden laut, denn es begann zu langweilen.

Dabei ging es vornehmlich darum, dass Pasolini, im Augenblick des Hinübergleitens vom Leben in den Tod, seine Reise durch die Dantesche Hölle beginnt. Immerhin war der Dichter ein sehr sündhafter Mensch. Pasolini selbst hatte zwei Adaptionen des wohl bedeutendsten italienischen Textes aus dem 14. Jahrhundert versucht. Selbstredend hatte er die Höllen in die Gegenwart verpflanzt, in das fiebrige Klima des italienischen Neokapitalismus, den er als bekennender Kommunist mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpfte. Stichwortartig finden im Verlauf der Vorstellung immer wieder Anspielungen auf den Mord und die Umstände Eingang. Da werden die 3 Mio. Lire angesprochen, die die Raubmörder unangetastet ließen. Warum? Weil es zu wenig war, um sich damit den Hintern zu …! Nur eine Theorie. Eine andere war, dass Pasolini am Tag seines Todes darauf hoffte, wieder in den Besitz der gestohlenen Filmrollen von „Die 120 Tage von Sodom“ nach dem gleichnamigen Roman von Marquis de Sade zu gelangen. Immerhin, alles deutete oder sollte darauf hindeuten, dass hinter dem vermeintlichen Schwulenmord als Beziehungstat politische Motive und politisch motivierte Täter steckten. Vermutlich stimmt das sogar, denn in solchen Fällen kann man getrost vom Schlimmstmöglichen ausgehen. Doch den Beweis wird man uns wohl schuldig bleiben.

  Eine gttliche Komdie  
 

Max Gindorff, Tim Werths, Nils Strunk, Franz Pätzold

© Matthias Horn

 

All das sollte man wissen, um die Inszenierung und ihren Inhalt überhaupt zu verstehen. Ebenso das Auftauchen des Raben aus dem Film “Große Vögel kleine Vögel“ von Pasolini. Dieser Rabe, Franz Petzold mit schwarzer Federboa moderierte dominant, stellt sich im Film mit den Worten vor: „Ich komme von weit her. Mein Land heißt Ideologie. Ich lebe in seiner Hauptstadt, der Stadt der Zukunft. Karl-Marx-Straße Nummer 70 mal 7.“ In diesem Film geht es um einen Vater und einen Sohn, die sich auf den Weg gemacht haben, um Geld bei armen Menschen einzutreiben und damit ihrerseits Schulden bei reichen Leuten zu begleichen. Sie kommen „aus dem Dorf der Not, Straße des Hungers Nummer 23, am Fuß des Berges Dummheit, der in der ganzen Welt berühmt ist wegen des Martyriums der heiligen Analphabeta.“ Auch in Antonio Latellas Inszenierung ist der Vogel ein Kommunist, ein innerlich Roter. (Im Film wird er übrigens am Ende von Vater und Sohn verspeist, was einen konsequenten Realismus nicht leugnen kann.)

Doch damit nicht genug, denn auch das Verhältnis Pasolinis zum trunksüchtigen Vater und zum Bruder, der sich mit neunzehn Jahren den Partisanen anschloss und im Frühjahr 1945 fiel, waren Gegenstand der Handlung. Aus diesem krisenhaften Verhältnis zum Vater, in dem Pasolini den Vergewaltiger der Mutter sah, entwickelte sich das innige Verhältnis zur Mutter. Doch auch die entpuppt sich als Zwitterwesen, als Mutter-Frau und als Hexe-Sirene, die Pier Paolo nicht auf den Läuterungsberg (Teil: Paradies in Dantes „Göttliche Komödie“) folgt. Ein Telefonat aus Pasolinis Jenseits zerstörte diese Hoffnung. Zwischendrin nach etwa einer Stunde noch einmal eine Discochoreografie, in der aus der Gewaltorgie gegen Pasolini ein Tanz gemacht wurde. Die führte in der Premiere zu einem Exodus etlicher Zuschauer, die wohl die Hoffnung aufgegeben hatten, zu verstehen worum es ging und worauf es hinauslaufen sollte. Es sollte nicht der letzte sein. Als Pasolini, also Tim Werth, am Penis durch die Manege geführt wurde, kam noch einmal Bewegung in die Reihen. Dieser Publikumsabwanderung war es wohl zu danken, dass die Buhs bei der Verbeugung von Schauspielern und Regisseur nicht die Überhand gewannen. Ungeachtet dessen waren immer noch einige Zuschauer bereit und willens, das Ereignis frenetisch, vielleicht ein Quäntchen zu frenetisch, zu feiern. Es klang ein wenig nach Trotz.

Antonio Latellas Inszenierung war sehr ambitioniert. Auf der Bühne von Giuseppe Stellato der Lieblings-Alfa von Pasolini, zuletzt sintflutartiger Regen und eine selbstfahrende Telefonzelle, mit der Franz Pätzold mal eben eine Runde drehte. Latella und Autor Federico Bellini wollten dem „bedeutendsten italienischen Literaten des 20. Jahrhunderts“ ein gebührendes Denkmal errichten und auf seine Poesie und seine Sprachgewalt verweisen. Tatsächlich gab es in der von Gewalttätigkeiten dominierten Inszenierung Momente, in denen das „Göttliche“, das im Titel vorkommt, den Raum erfüllte, und zwar immer dann, wenn der Gesang Alighieris erklang. Die berückende Schönheit der Sprache versöhnte zumindest für kurze Augenblicke mit den Gewalttätigkeiten, Nacktexzessen und dem Gefühlschaos, das mehr aus der Verwirrung der Vorgänge heraus entstand, und sich weniger als der Seelenzustand Pasolinis definierte. Die Verheißung, die die Namen Dante und Pasolini in sich tragen und die für kurze Momente über dem inszenatorischen Chaos wie ein poetisches Licht zu strahlen begannen, wurden durch die brachiale Ästhetik schnell eingeholt und eingestampft.

Es ist ohne Frage eine gute Zeit, mehr noch in Italien als in Deutschland, um an Pasolini zu erinnern und sein Werk über das Dante Alighieris mit noch größerer Strahlkraft auszustatten. Allein, Pasolinis Werk hat schon durch seine politische Programmatik nicht das Format und die Allgemeingültigkeit seines mittelalterlichen Kollegen. Zumindest findet Pasolinis Werk deutlich mehr Ablehnung, als das Werk Dantes. In der Inszenierung am Residenztheater drehte es sich zudem mehr um die Person, mehr um den Menschen Pasolini und weniger um seine politisch-weltanschauliche Botschaft. Zumindest konnte man sich des Eindrucks nicht erwehren. Dabei liebte Pasolini klare Botschaften.

In seinem Film “Große Vögel kleine Vögel“ erteilt Franziskus im Jahr 1200 zwei Mönchen den Auftrag, die Vögel zu bekehren, damit sie einander lieben, wie es Gott verlangt. Als sie nach zwei Jahren zurückkehren und dem heiligen Franziskus ihr Scheitern eingestehen müssen, antwortet der: „Die Welt muss verändert werden, Bruder, das ist es, was ihr nicht verstanden habt. Eines Tages wird ein Mann mit blauen Augen kommen und der wird sagen: ‚Wir wissen, die Gerechtigkeit schreitet fort. Wir wissen das in dem Maße, wie die Gesellschaft fortschreitet und sie sich ihrer unvollkommenen Zusammensetzung bewusst wird und die beklagenswerte Ungleichheit ans Licht kommen wird, die auf der Menschheit wie ein Fluch lastet. Ist nicht eben dieser Hinweis auf die Ungleichheit zwischen den Klassen, zwischen den Nationen, zwischen den Rassen die schwerste Bedrohung für den Frieden auf der Welt? Geht also und beginnt noch einmal von vorn.‘“

Man kann den Tod Pasolinis beklagen, doch das macht heute ebenso viel Sinn, wie den Stand des Monds zu beklagen. Zum Thema Tod entgegnete der Vater in Pasolinis “Große Vögel kleine Vögel“ auf die Bemerkung des Sohnes: „Ich weiß, Papa, das Leben ist nichts, gar nichts.“ „Aber der Tod ist alles. Wenn einer gestorben ist, ist für ihn, was er im Leben getan hat, ein für allemal erledigt.“ Was kann tröstlicher sein?

Wolf Banitzki


Eine göttliche Komödie. Dante < > Pasolini

von Federico Bellini

Mit: Philip Dechamps, Gunther Eckes, Max Gindorff, Franz Pätzold, Nils Strunk, Tim Werths

Regie Antonio Latella

Residenztheater Der Spieler von Fjodor M. Dostojewskij


 

Im Bann des Spiels

Man sollte meinen, wenn ein Autor wie Fjodor M. Dostojewskij einen Roman wie „Der Spieler“ geschrieben hat, wäre er mit dem Thema durch und hätte eine derartige Spielleidenschaft als das erkannt, was sie ist, eine Krankheit oder zumindest eine Schwäche des Willens, vielleicht auch des Charakters. Tatsächlich allerdings hatte das Werk für Dostojewskij kaum Folgen für sein Bewusstsein in dem Sinn, dass er sich vom Rouletttisch fernhielt. Ganz im Gegenteil. Gut ein halbes Jahr, nachdem er den Roman fertig gestellt hatte, befand er sich mit seiner frischgebackenen Ehefrau Anna Grigorjewna, sie hatte ihm als Stenografin gedient und war Dostojewskij behilflich gewesen, den Roman fristgerecht zu beenden, in Dresden. Der Lockruf des Rouletttisches wurde für Dostojewskij übermächtig und schließlich „überredete“ ihn seine Frau, dass er für ein paar Tage nach Homburg zum Spielen reisen möge. Der Schriftsteller hatte ihr glaubhaft vermitteln können, dass, „falls es gelänge, in eine Stadt des Glücksspiels zu fahren, dort zwei bis drei Wochen zu wohnen, und falls er eine gewisse Summe in Reserve hätte, dann hätte er bestimmt Erfolg: Ohne den Zwang zur Eile würde er jene ruhige Spielmethode anwenden, bei der er einfach gewinnen müsse – zwar keine riesige Summe, aber immerhin genug, um die Spielverluste zu decken.“ (A.G. Dostojewskaja: Erinnerungen.)

Acht Tage dauerte der Ausflug, drei Mal musste ihm seine Frau Geld nachsenden. Als er heimkehrte, war alles verspielt und Dostojewskij war unausstehlich und deprimiert. Im Gegensatz zu seiner Frau zog Dostojewskij lange Zeit keine Konsequenzen. Anna Grigorjewna war indes zu der festen Überzeugung gelangt, „dass Fjodor Michaílowitsch nie gewinnen werde, das heißt, vielleicht schon gewinnen, möglicherweise sogar eine große Summe, diese Summe jedoch am selben Tag (oder spätestens am nächsten) verspielt sein wird und keinerlei Bitten, Überzeugungsversuche, Beschwörungen meinerseits, nicht zum Roulett zu gehen, das Spiel nicht fortzusetzen, ihn davon abbringen werden.“ Ihr war bald klar geworden, „dass dies nicht einfach ‚Willensschwäche‘, sondern eine den Menschen verschlingende Leidenschaft war, etwas Elementares, gegen das selbst ein starker Charakter nicht ankämpfen kann. Man musste sich damit abfinden, die Spielsucht als eine Krankheit zu sehen, gegen die es kein Mittel gibt.“

Dostojwskij machte seinerseits keine Anstalten, Mittel gegen seine Sucht zu finden. Er folgte dem Lockruf, wann immer er ihn in seinem Innern vernahm. Er glaubte geradezu besessen an die Möglichkeit vom finalen großen Gewinn. Sein Bekenntnis für die Figur des Hauslehrers Alexej Iwanowitsch, des Spielers im gleichnamigen Roman war unzweifelhaft, wie seine Frau bemerkte: „Fjodor Michailowitsch stand voll und ganz auf seiten des ‚Spielers‘ und sagte, vieles von dessen Gefühlen und Eindrücken habe er an sich selbst erfahren. Er versicherte, man könne sehr wohl einen starken Charakter besitzen, dies mit seinem Leben beweisen und dennoch nicht die Kraft aufbringen, die Leidenschaft für das Roulettspiel zu bezwingen.“ Bei diesem Selbstbildnis ist ein gerüttelt Maß an Eitelkeit im Spiel, denn die Spielsucht Dostojewskijs war nicht seine einzige Charakterschwäche.

Warum diese ausführlichen Einlassungen aus dem Leben des Autors, wird sich der eine oder andere Leser fragen? Nun, um klarzustellen, dass Dostojewskij selbst der „Spieler“ war, dass er dessen Positionen uneingeschränkt befürwortete, dass er keinerlei ehrliche Selbstkritik übte und dass er damit ein „Evangelium“ zum Spiel geschrieben hatte. Es sind die realistischen Beschreibungen des aus dem Spiel oder des aus der Spielsucht resultierenden sozialen und moralischen Elends, das eine kathartische Wirkung hat und somit bei vernünftigen und gesunden Menschen eine aufklärerische oder gar pädagogische Wirkung erzeugt. Dostojewskij verlor in seinem ganzen Roman kein Wort über das Wesen des Glücksspiels, welches in dem spekulativen Versuch besteht, sich über ein Regelwerk und mittels einer Kugel oder des Zufalls in den Besitz des Geldes der anderen Mitspieler zu bringen. Einziger moralischer Rechtfertigungsversuch: Alle nehmen freiwillig daran teil! Und hier gibt es einen hässlichen Haken, denn das trifft lediglich für den Spieler, nicht aber für den Spielsüchtigen zu. Dahinter, handelt es sich nicht gerade um eine Hinterzimmerpokerpartie im Freundeskreis, steckt stets auch ein Organisator, die Bank, und die ist der wahre Gewinner, weil sie immer und dauerhaft gewinnt. Folglich ist das auch nur ein ziemlich dümmliches Geschäftsmodell, das nur so erfolgreich ist, weil es fragwürdige Illusionen und Emotionen nährt.

Die Geschichte von Dostojewskij ist schnell erzählt. Sie spielt in parasitären Kreisen von Spielern in einem Ort namens Roulettenburg. Der eigentliche Spieler, Alexej Iwanowitsch, ist Hauslehrer beim General a.D. und in einer Hassliebe zu dessen Stieftochter Polina Alexandrowna gefangen. Er wartet auf die Gelegenheit, seinen Coup beim Spiel zu landen und sich somit aus allen finanziellen Abhängigkeiten zu befreien, um endlich dem subalternen, für ihn sklavischen Verhältnis zu Polina zu entkommen. Erst dann, so glaubt er, kann er ihr endlich seine Liebe gestehen. Mit der Zeit schwinden beim Spiel die Mittel und neue Abhängigkeiten entstehen. So hat der General, von dem etliche andere Menschen abhängen, längst seine Besitzungen an den fragwürdigen Marquis des Grieux verpfändet. Der einzige Hoffnungsschimmer ist der Tod der Tante des Generals, dessen Nachricht sehnlichst herbeigewünscht wird. Doch anstelle der Nachricht von ihrem Tod reist die Tante Antonida Wassiljewna höchstselbst an. Putzmunter und quietschvergnügt stürzt sie sich, vom Spielfieber gepackt, auf das Roulette und verspielt in kürzester Zeit das heißbegehrte Erbe. Eine der seltenen Gewinnerinnen ist eine gewisse Mademoiselle Blanche, eine suspekte aber anziehende Frau, die mehr mit ihren Identitäten und Lebensläufen als am Rouletttisch spielt und zuletzt Gattin des Generals und Besitzerin seines Restvermögens, das vornehmlich in dem Titel besteht, wird, nachdem sie sich mit den Gewinnen Alexej Iwanowitschs in Paris etabliert hat. Am Ende muss Alexej Iwanowitsch aus dem Schuldgefängnis ausgelöst werden. Von dem Englischen Zuckersieder Mr. Astley erfährt er, dass Polina Alexandrowna, inzwischen in der Schweiz lebend, ihn noch immer liebt. Augenblicklich beginnt das Spiel von neuem und aus dem letzten verbliebenen Gulden macht er im Handumdrehen 170. Also, nur nicht verzagen und mutig setzen.

  Der Spieler  
 

Links oben: Thomas Gräßle, Charlotte Schwab, Thomas Lettow am Spieltisch: Hanna Scheibe, Philip Dechamps rechts: Thomas Loibl, Lilith Häßle

© Matthias Horn

 

Andreas Kriegenburg inszenierte Dostojewskijs Roman im Residenztheater als dreistündigen Spielreigen. Bühnenbildner Harald B. Thor hatte sich von einem Rouletttisch inspirieren lassen und brachte das ganze Roulettenburger Leben als einen solchen auf die zwei Spielebenen aufweisende Bühne. Mittelpunkt auf dem „Oberdeck“ der sich unentwegt drehenden Bühne war das Kurhaus, der Spieltisch, Ort nimmermüder Zocker, Zentrum und Grund für die Anwesenheit aller gleichermaßen. An der Peripherie befanden sich auf abgespreizten, marode wirkenden Brücken die Hotelzimmer oder Balkone, üppig bestückt mit Champagner, dem reichlich und pausenlos zugesprochen wurde. Darunter, am Grund des Daseins, glich die Bühne einer Müllkippe, geflutet von den Überbleibseln der Konsumgesellschaft. Da sich die Bühne stetig drehte, mussten die agierenden Darsteller permanent in Bewegung sein, um sichtbar, präsent und anwesend zu bleiben. So hasteten die Personen, das Leben, die Beziehungen und auch der Geldverkehr in Atemlosigkeit und stetigem Wandel dahin. Das Lebensroulett ließ keine Atempause zu.

Dostojewskij schrieb seinen Roman in der ersten Person und folglich erzählt Alexej Iwanowitsch unentwegt. Es gibt nur ganz wenige Szenen in denen er nicht präsent ist. Und so wurde die Inszenierung ein darstellerisches Fest für Thomas Lettow, der die Gesellschaft nicht nur rhetorisch dominierte. Lettows Alexej Iwanowitsch besaß unübersehbar eine intellektuelle Überlegenheit. Sein Sarkasmus, auch sein Zynismus verlieh ihm etwas Diabolisches und Thomas Lettow setzte das in höchstem Maße körperlich um. Er leistete, auch was Textbewältigung anbelangte, Titanenarbeit und ließ den Mitstreitern nur begrenzten Raum zur Entfaltung. So bekam der Zuschauer (in der Vorstellung am 3. Januar 2019) von den anderen Figuren höchstens eine Ahnung. So zum Beispiel von dem von Thomas Loibl gestalteten General a.D. Loibl, ohne Frage ein Erzkomödiant, musste sich damit begnügen, die Karikatur eines liebeskranken, dünkelhaften, seine Verzweiflung kaschierenden und am Ende erbärmlichen Patriarchen abzuliefern. Tatsächlich ist er in der Geschichte für einen ganzen Tross parasitärer Geschöpfe der Wirt, der sie am Leben erhält.

Immerhin hatte Andreas Kriegenburg die Chuzpe, Polina Alexandrowna, die Stieftochter des Generals als eine sehr kokette und durchaus berechnende Person darzustellen. Lilith Häßle machte die Figur, die bei Dostojewskij durchaus romantisch-tragische Züge trägt, zu einem selbstbewussten, mit ihren Reizen hemmungslos spielenden Luder. Hanna Scheibe als Mademoiselle Blanche de Cominges oblag es über weite Strecken mehr zu sein, als zu gestalten. Sie gab eine kühle, pragmatisch im Hintergrund agierende Frau, die erst schrillen Lebensgeist entfaltete, als sie ihre Etablierung in Paris betrieb. Einen großen Auftritt hatte indes Charlotte Schwab als Antonida Wassiljewna Tarassewitschewa, Tante des Generals. Es liegt im Wesen der Rolle begründet, dass ihr die Sympathien des Publikums, das das ganze intrigante, geldgeile Geschmeiß längst satt hatte, zuflogen. Mit Furor verballerte sie ihr Vermögen am Roletttisch, als wäre es ein Neujahrsfeuerwerk. Selbst ihr reuevoller Abgang hatte etwas Anrührendes, denn die alte Dame war die einzige, die wieder zu gesundem Verstand kam, nachdem der Rausch des Spiels verpufft war. Philip Dechamps als Marquis des Grieux und Thomas Gräßle in der Rolle des Mr. Astley irrlichterten durch die Geschichte und waren kaum mehr als Stichwortgeber. Zudem konnte man sie in ihrer Farblosigkeit leicht verwechseln.

Das visionär ausladende Bühnenbild und auch die Kostüme von Andrea Schraad verliehen dem Abend einen großen Schauwert. Eine Vielzahl von szenischen Lösungen, die im Hinter- oder Untergrund abliefen, machte die Inszenierung in vielen Situationen auch doppelbödig, allein, so richtig sprang der Funke nicht über und gelegentlich wurden Längen quälend. Regisseur Kriegenburg, unbestritten einer der wichtigen und verlässlichen Regisseure unserer Zeit, setzte zu stark auf Szenen, die den Rausch des Spiels und des Spielers beschrieben. Mehrfach toste Thomas Lettow mit enormer körperlicher Spannung durch die Beschreibungen des Spiels, des maßlosen Gewinnens, des ruinösen Verlierens. Summen wurden ins Publikum geschleudert, als wären sie Offenbarungen. Bei etlichen Zuschauern blieben es einfach nur Summen und so lief sich dieses Prinzip bald tot. Man musste wohl selbst Spieler sein oder aber das Geld abgöttisch lieben, um diesem Reiz zu erliegen. Geld ist ein Zahlungsmittel, ein Versprechen, eine Illusion und die Anbetung des Geldes sollte bei einem gesunden Menschen Unverständnis, schlimmstenfalls Ekel erzeugen, denn Geld, soviel für die Ästheten unter uns, hat auch etwas Ordinäres.

Der wahre Konflikt, nämlich, dass das Geld die gesellschaftlichen Schichten voneinander separiert und folglich Liebende trennt, blieb marginal. Auch solche profunden Einsprengsel wie die Bemerkung Mr. Astleys, dass der Hauslehrer und Spieler Alexej Iwanowitsch längst mehr als nur Geld verloren hatte, gingen unter. „Sie sind stumpf geworden. (…) Sie haben sich nicht nur vom Leben losgesagt, von Ihren eigenen und den Interessen der Allgemeinheit, von der Pflicht des Bürgers und Menschen, von Ihren Freunden (…). Sie haben nicht nur jedes Lebensziel mit Ausnahme des Gewinnens im Spiel aufgegeben, sondern sogar Ihre Erinnerungen.“ Auch unsere heutige Gesellschaft ist ein Roulettspiel und die Jagd nach dem schnellen, meist von Arbeit abgekoppelten Profit ist allgegenwärtig. Astley hat es in der Beschreibung auf den Punkt gebracht, wohin das den einzelnen Menschen und auch die ganze Gesellschaft führen wird. Diese Botschaft war nicht die dominante und das war schade. Zurück blieb ein pathologischer Spieler im Bann des Spiels, ohne Ausweg.

Wolf Banitzki

 


Der Spieler

von Fjodor M. Dostojewskij
Deutsch von Alexander Nitzberg

Mit: Thomas Lettow, Thomas Loibl, Lilith Häßle, Hanna Scheibe, Charlotte Schwab, Philip Dechamps, Thomas Gräßle, Arnulf Schumacher

Regie: Andreas Kriegenburg

Residenztheater  Elektra von von Hugo von Hofmannsthal


Allemal spektakulär

Elektra war Zeugin geworden des Mordes an ihrem Vater Agamemnon. Klytämnestra, Elektras Mutter, hatte die Tat gemeinsam mit Ägisth begangen, der von Agamemnon vor seiner Abreise nach Troja zum Verwalter Mykenes ernannt worden war und der die Königin in den zehn Jahren der Abwesenheit des Hausherren zu seiner Geliebten gemacht hatte. Klytämnestra hatte zwei gute Gründe für diese Bluttat. Der erste war die Opferung der gemeinsamen Tochter Iphigenie für günstigen Wind für den Segeltörn in den trojanischen Krieg. Der zweite Grund war die Tatsache, dass Agamemnon die junge trojanische Königstochter Kassandra als Kriegsbeute mitgebracht hatte. Viele Männer wurden für weniger gemeuchelt. Doch der Gattenmord wog schwer.

Elektra ist einzig von dem Gedanken an Rache beseelt und hofft auf den Bruder Orest, der fern von Mykene in Sicherheit gebracht worden war. Als er endlich nach Jahren heimkehrt, vollstreckt er die Rache an der Mutter und deren Liebhaber und wird wegen Muttermords vor Gericht gestellt. In Aischylos´ „Orestie“, der ersten dramatischen Fassung des Themas, weigert sich Athene, ein göttliches Urteil zu fällen und überträgt den Auftrag der Urteilsfindung an die Menschen. Damit dokumentierte der erste große Dramatiker Europas einen fundamentalen Quantensprung in der Entwicklung des menschlichen Denkens, den Übergang von der Blutrache zur Rechtsprechung. Daher kann die „Orestie“ nicht hoch genug geschätzt werden.

Hugo von Hofmannsthal vollendete seine Fassung von „Elektra“ im Jahr 1903. Es war die Hochzeit der Psychoanalyse und einer Literatur der psychologischen Innenschau. Daher ist es nicht verwunderlich, dass Hofmannsthal Elektra und ihre pathologischen Rachegelüste in den Vordergrund rückte, die gesellschaftliche Dimension des Themas allerdings auf das Private verkürzte. Regisseur Ulrich Rasche brachte die auf vier Personen plus Chor eingedampfte Tragödie, die Richard Strauss für seine gleichnamige Oper als Libretto diente, auf spektakuläre Weise auf die Bühne des Münchner Residenztheaters. Das Ergebnis war weniger eine Schauspieltragödie als vielmehr eine Sprechoper. Monika Roscher hatte eigens dafür eine Komposition erarbeitet und zugleich musikalische Leitung inne. Ein sechsköpfiges Orchester begleitete das zweistündige Spiel durchgängig. Der musikalische Part war dem Thema zwar untergeordnet, verstärkte aber die gesprochenen Texte und Gänge enorm.

Ein wesentliches Merkmal der Inszenierung war ein durchgängiger, wuchtiger Rhythmus, der bis zur letzten Sekunde durchgehalten wurde. Damit folgte Ulrich Rasche auch in dieser Inszenierung seinem künstlerischen Prinzip der Rhythmisierung. In „Die Räuber“ von Schiller hatte er eine gewaltige heb- und kippbare, mehrspurige Straße auf die Bühne gebracht. Die Inszenierung war zu den Berliner Festtagen eingeladen worden, konnte allerdings nicht in die Hauptstadt reisen, da das Bühnenbild zu gewaltig war. Für „Elektra“ hatte Rasche wieder eine monströse Theatermaschine bauen lassen, nur, im Gegensatz zu „Die Räuber“, wo die Darsteller unentwegt in Richtung der Straße (die auch auf der Bühne gedreht wurde) marschierten, stapften die Darsteller in „Elektra“ schweren Schrittes unentwegt, vornehmlich im Gleichschritt, im Kreis. Dabei wurde das kreisrunde Tableau gedreht und da es zu einer Seite hin abschüssig war, geschah alles ständig auf unterschiedlichem Höhenlevel mit unterschiedlicher Einsicht.

 
  Elektra  
 

Ensemble

© Thomas Aurin

 

Damit war Rasche gar nicht weit von Hofmannsthals Vorstellungen bezüglich des Bühnenbildes entfernt, der in den „Szenische Vorschriften zu ‚Elektra‘“ gefordert hatte: „Der Charakter des Bühnenbildes ist Enge, Unentfliehbarkeit, Abgeschlossenheit.“ Rasches transparenter Turm ließ sich nach oben hin öffnen und gewährte somit Einblick. Letztlich war der Ort, hier der Palast von Mykene, ein geschlossener Ort, der gleichsam stellvertretend für das wahnhafte Gefängnis stand, in dem Elektra ihr rachedurstiges Dasein fristete. Auch was die Kostüme betraf, schien sich Kostümbildnerin Romy Springsguth zumindest in Bezug auf die Elektra, gespielt von Katja Bürkle, an Hofmannsthals Vorgabe gehalten zu haben. Der verlangte: „Elektra trägt ein verächtliches elendes Gewand, das zu kurz für sie ist. Ihre Beine sind nackt, ebenso ihre Arme.“

Noch konsequenter als in „Die Räuber“ hatte Rasche die expressionistische Sprache Hugo von Hofmannsthals dem Marschrhythmus angepasst. Das schlug zwingend in den Bann und übertrug sich schnell auf die Zuschauer. Allerdings mangelt es der Tragödie an Handlung und so setzten spätestens zur Hälfte der Inszenierung Ermüdungserscheinungen beim Zuschauer ein. Anders als in „Die Räuber“, wo auch mal eine Stadt überfallen und gebrandschatzt wurde, wird in Hofmannsthals Tragödie zu gut drei Vierteln der Zeit psychologisiert. Es beginnt damit, dass sich Elektra erklärt. Sie beklagt das Fehlen des Vaters, den sie ganz offensichtlich nicht besonders gut gekannt zu haben schien, und sie beklagt die Mordtat und die unerträglichen Zustände, mit den Mördern dieselbe Luft atmen zu müssen. Katja Bürkle wehklagte mit der ihr eigenen Expression, hart, unerbittlich und schmerzensreich.

Dann sah sich Elektra mit der Schwester Chrysothemis, nicht weniger kraftvoll von Lilith Häßle gestaltet, konfrontiert, die sich weigerte, den Pfad der Rache zu beschreiten. Vielmehr reklamiert sie für sich endlich ein normales Leben, ein Leben mit den Freuden der Liebe und auch des Vergnügens. Doch Elektra vergiftete unentwegt die Atmosphäre am Hof und ließ niemand aus, erst recht nicht die Mutter, Klytämnestra, die Mörderin des Vaters und Gatten. Juliane Köhler fand leidvollere Töne, denn für sie war die Verdrängung überlebenswichtig. Sie sah sich zu Unrecht angeklagt, fand indes keine wirklich überzeugenden Argumente, um sich aus der Verantwortung zu stehlen. Nach fast eineinhalb Stunden endlich erschien Orest, auf ähnlich intensivem und hohem emotionalen und stimmlichen Level agierend, gespielt von Thomas Lettow. Erst vermeldete er den Tod Orests, um die Schwester zu prüfen, und dann gab er sich zu erkennen. Es folgte der Racheakt, die Tötung Klytämnestras und Ägisths. Bei Hofmannsthal ist es eine aktionsgeladene Szene mit viel Geschrei und Tumult, bei Rasche ist es Behauptung, knappe Schilderung und vergleichsweise schnell vorüber.

Am Ende von Ulrich Rasches Inszenierung blieb Katja Bürkle allein zurück auf dem Tableau. Sie wanderte weiter, nackt, ganz auf sich zurückgeworfen. Ihr Wahnsinn hat sich erfüllt. Ihr Weg war zu Ende. Umso verwunderlicher war es, dass sie dennoch weiter wandern musste. Das Tableau drehte sich unverdrossen, obwohl kein Antrieb für irgendeine Handlung mehr war. Im Raum hängen blieben die Worte einer Frau, deren Lebenskreis, ein einziger Rachefeldzug, endete, ohne dass sich eine neue Qualität, ein Ergebnis eingestellt hätte. „Ich habe Finsternis gesät / und ernte Lust über Lust. / Ich war ein schwarzer Leichnam / unter Lebenden, und diese Stunde / bin ich das Feuer des Lebens und meine Flamme / verbrennt die Finsternis der Welt.“ Die „Erlösung“ ist ein Schimäre, entsprungen einem vergifteten Geist, der bis zum Schluss keine Klarheit erlangt. „Wenn einer auf mich sieht, / muß er den Tod empfangen oder muß / vergehen vor Lust. / Seht ihr denn mein Gesicht? / Seht ihr das Licht, das von mir ausgeht?“

Als die Szene endlich in Finsternis tauchte, war es auch ein stückweit Erlösung für das Publikum, denn was Rasche den Zuschauern abverlangte, grenzte für manchen an ein Martyrium. Dabei war es weniger die Geschichte, die quälend war, sondern der inszenierte physische Druck, die Unentrinnbarkeit aus dem mitreißenden Rhythmus, die Wucht der expressionistischen Sprache und der Mangel an szenischer Differenzierung. Es war die erdrückende Anziehung aus all dem Genannten, der eine letzte tiefe Auslotung des sensiblen Inhalts verhinderte. Und es war ein großes Spektakel, in dem die Äußerlichkeiten jeden Rahmen sprengten.

So verließ man die Vorstellung nicht mit eindeutigen Empfindungen oder Einsichten. Auch blieben wenige szenische Details haften und die eigentliche psychologische Geschichte rückte zu weit in den Hintergrund. Schade, meint man angesichts der Geschlossenheit von Inhalt und Form bei „Die Räuber“. Bilder aus dieser Inszenierung sind noch immer deutlich präsenter als Bilder aus der gerade gesehenen „Elektra“. Es stellt sich die Frage, ob Hofmannsthals Tragödie für eine derartige ästhetische Umsetzung tatsächlich geeignet ist? Immerhin war die Inszenierung finanziell bestimmt kein Schnäppchen. Aber, so ist das nun mal in der Kunst, schließlich muss man es erst ausprobieren, um am Ende zu wissen, ob es sich gelohnt hat. Spektakulär war es allemal.

Wolf Banitzki


Elektra

von Hugo von Hofmannsthal

Mit: Katja Bürkle, Juliane Köhler, Thomas Lettow, Lilith Häßle, Marie-Joelle Blazejewski (Chor),
Mariana Beleaeva (Violine), Jenny Scherling (Viola), Juri Kannheiser (Cello), Alexander Maschke (Synthesizer), Fabian Löbhard (Percussion), Heiko Jung (E-Bass)

Regie: Ulrich Rasche

Residenztheater Endspiel von Samuel Beckett


 

Topografie des Unglücks

Es ist und bleibt schwer vorstellbar, dass Becketts Werke autobiografische Hintergründe haben. Doch es ist so und Beckett war ein Meister der Verschleierung. Dies gelang ihm vornehmlich durch die artifizielle Überhöhung der Figuren und der Situationen, in denen die Figuren existieren und vegetieren. „Endspiel“ ist eines seiner zwei Lieblingswerke. Das andere ist der Roman „Der Namenlose“. In letzterem, in dem der Leser „gefährlich nahe an die Grenze der Unlesbarkeit“ gerät (Alfred Alvarez), wird peinlich offenkundig wie sehr Beckett in den Gefühlen der Abhängigkeit, der Schuld und der Vernachlässigung seiner im Sterben begriffenen Mutter gefangen war. Er schrieb den Roman „Der Namelose“ aus den tiefsten Tiefen seines Unterbewusstseins heraus. „Endspiel“, das mit diesem Vorgang eng verwoben war, steht hingegen für eine Phase geistiger Objektivierung. Beckett hatte das „Ende“, hier den Tod, in zweierlei Hinsicht vor Augen. So oft er es einrichten konnte, besuchte Beckett seine Mutter.

Unter Wahrung größtmöglicher Diskretion verband er mit diesen Reisen auch Besuche bei Frances Sinclair, genannt Cissie, geborene Beckett und enfant terrible der Familie. Sie hatte in Paris Kunst studiert, war eine hochbegabte Malerin, und sich mit dem lebenslustigen, aber mittellosen Sohn eines jüdischen Antiquitätenhändlers verheiratet. Für die Familie war dies eine unerträgliche Mesalliance. Cissie war an rheumatischer Arthritis erkrankt, gänzlich gelähmt an einen Rollstuhl gefesselt und auf Hilfe angewiesen: „Sei so gut und richte die Statue auf, ja?“ Beckett fuhr seine Tante an der Küste bei Raheny häufig spazieren. Dabei musste er oftmals Steigungen überwinden und sich dabei genauso beugen wie Clov, wenn er Hamm über die Bühne schiebt. Seine Besuche gehörten zu den wenigen Glücksmomenten die Cissie noch hatte. Sie vegetierte in einem düsteren Haus ihrem Tod entgegen und gelegentlich beobachtete sie mit einem Fernrohr, das sie von einem Bohemien namens Old Tom Casement geschenkt bekommen hatte, den Schiffsverkehr in der Dublin Bay oder das Treiben der Vögel beim Gezeitenwechsel. Samuel Beckett litt sehr unter der Vorstellung von der peinvollen Existenz seiner Tante, die ihm näher stand als viele andere Familienmitglieder.

Sowohl das düstere Haus, als auch das Fernrohr und der Rollstuhl finden sich in „Endspiel“ wieder. Im Rollstuhl hockt Hamm, blind und außer Stande sich zu erheben. Sein Mitstreiter oder auch Gegenspieler ist Clov, der sich aufgrund seiner steifen Beine nicht setzen kann. Als Diener ist der selbstbewusste und eigensinnige Mann nur bedingt auszumachen, und wenn, dann spielt Clov den Diener. Alles ist als Spiel konzipiert. Das wird im Text auch mehrfach explizit betont. In zwei verzinkten Mülltonnen im selben Raum leben Hamms Eltern, Nagg und Nell. Im Verlauf des Stücks wird eine Topografie des Unglücks entworfen. Alles hat aufgehört zu sein, nichts weist darauf hin, dass es irgendwie weitergehen wird. Das Ende ist gekommen oder es wird kommen oder es entwickelt sich in die Richtung, dass es kommen wird. Genaues weiß man nicht. Wohin also mit seiner eigenen Existenz? Der Disput gestaltet sich irrsinnig komisch, beispielsweise, wenn Hamm fragt: „Hast du es nicht satt?“, und Clov wie aus der Pistole geschossen antwortet: „Doch!“, um nach einer kurzen Pause nachzufragen: „Was denn?“ Dabei scheinen beide auf geradezu schicksalhafte Weise miteinander verkettet zu sein, ein Prinzip, das sich immer wieder im Werk Becketts findet. Man denke nur an Wladimir und Estragon in „Warten auf Godot“ oder an „Mercier und Camier“ im gleichnamigen Roman. Es sind die Banalitäten des Daseins, die diese Ketten schaffen, ablesbar an Dialogen wie folgendem: Hamm: „Warum tötest du mich nicht?“ Clov: „Ich weiß nicht, wie der Speiseschrank aufgeht.“

Grundthema ist das Unglück und die daraus resultierende Komik, die allerdings kaum mehr zum Lachen reizt. Nell, Hamms Mutter, erklärt es wie folgt: „Nichts ist komischer als das Unglück, (…) es gibt nichts Komischeres auf der Welt. Und wir lachen darüber, wir lachen darüber, aus vollem Herzen, am Anfang. Aber es ist immer dasselbe. Ja, es ist wie bei einem Witz, der einem zu oft erzählt wird, man findet ihn immer gut, aber man lacht nicht mehr darüber.“ Das konsequente Spiel bis zum Ende hat nur einen Sinn, den Schmerz nicht fühlen zu müssen. Hamm, dominant und auch ein wenig machtlüstern, unterstellt Clov: „Du hältst dich für gescheit, nicht?“ Doch Clov ist Realist: „Gescheitert!“ Eine Menge ist möglich in den Dialogen und Disputen, selbst in den Geschichten die erzählt werden, nur eines nicht, ein Entrinnen. Diese existenzialistische Haltung ist schwer auszuhalten und darum heißt es: Spielen!

  Endspiel  
 

Franz Pätzold, Oliver Nägele

© Thomas Aurin

 

Anne Lenk hat das durch viele Metamorphosen gegangene Stück Becketts, erst in der dritten Fassung hatten die Figuren Namen, sehr textgetreu auf die Bühne des Residenztheaters gebracht. Dabei unterschritt sie selbst die Beckettsche Kargheit, die dieser immer wieder in Bezug auf Ausstattung forderte. Es gab so gut wie keine Requisiten. Alles wurde gespielt, selbst die Leiter, die Clov immer wieder erklomm, um mit dem nicht vorhandenen Fernglas durch die ebenso wenig existenten Fenster zu schauen, damit Hamm von den Vorgängen außerhalb des Raumes Kenntnis erhielt. Selbst der Raum wurde nur gespielt. Das gänzlich in Schwarz gehaltene Bühnenbild von Judith Oswald wies lediglich ein Dach auf, das den nicht begrenzten Raum behauptete. Das Stück begann unter düsteren und unheilverheißenden Klängen (Musik: Maximilian Loibl) mit einem schwarzen Ascheregen, der die ganze Bühne bedeckte. Anne Lenk folgte nicht der ersten Regieanweisung Becketts, die da lautet: „In der Mitte sitzt Hamm (…). Clov steht regungslos (…).“ Frau Lenk ließ Oliver Nägele als Hamm und Franz Pätzold als Clov auftreten und ihre Positionen einnehmen, womit sie klar und deutlich artikulierte, das Ganze ist ein Spiel! Diesen Ansatz verfolgte sie konsequent und das machte die Geschichte ein stückweit erträglich und nicht gar so schwer verdaulich. Denn obgleich das Stück wahnwitzig komisch ist, war Beckett stets bemüht, die vierte Wand und damit eine distanzierte Betrachtung zu erhalten und das Lachen nicht in den Zuschauerraum schwappen zu lassen. Die Aussage Becketts: „Ich möchte, dass in diesem Stück viel gelacht wird. Es ist ein Spielstück.“ bedeutet, dass die Darsteller auf der Bühne viel lachen sollen, nicht aber das Publikum.

Anne Lenk hat es nicht darauf angelegt und sich auch nicht dazu verführen lassen, das Publikum wie heute allenthalben üblich zu erheitern. Das ist ihr über weite Strecken auch tatsächlich gelungen, trotz der zum Teil zwingenden Komik. Und das ist unbedingt eine der herausragenden Qualitäten der Inszenierung. Abweichungen von Becketts Vorgaben sind immer ein Risiko, denn Becketts Stücke sind nicht frei interpretierbar, sondern mathematisch genau durchgearbeitet. Abweichungen führen häufig unweigerlich zum Scheitern. Vielmehr kommt es darauf an, demütig die Figuren zu ergründen und adäquat zu gestalten. Sie sind hochkomplex und sehr kompliziert. Sich darüber hinwegzusetzen und sie neu zu erfinden, bedeutet bei Beckett zumeist, das Stück zu zerstören, denn das Stück erzählt keine Geschichte, vermittelt keine Botschaft, sondern entkleidet den Betrachter aller seiner Vorurteile, seiner Illusionen und Lebenslügen. Das macht Becketts Werk so besonders und Anne Lenk ist es gelungen, Becketts „Endspiel“ auf die Bühne zu bringen und nicht eine individuelle Vorstellung Anne Lenks von Becketts „Endspiel“.

Sie hätte dabei die Rollen kaum besser besetzen können. Oliver Nägeles Hamm lebte von der bloßen Präsenz, denn bis auf ein einmaliges die Beine übereinander schlagen blieb ihm jegliche körperliche Gestaltung weitestgehend versagt. Nägeles Stimmgewalt kann auf Körperlichkeit, und er ist immerhin gesegnet mit Körperlichkeit, durchaus verzichten. Diese streng definierte Prämisse, und damit es kein reines statuarisches Deklamationstheater wurde, machte Franz Pätzold mit seiner kontrastreichen Gestaltung des Clovs wett. Es war eine Augenweide, seine Steifbeinigkeit, seine nervöse Agilität zu beobachten. Seiner abgeklärten Stimmlichkeit, nüchtern punktgenau zu reagieren und damit jede komische Nuance, jeden Wort- und Situationswitz auszustellen, gebührt höchstes Lob. Ulrike Willenbacher und Manfred Zapatka als Nell und Nagg hockten nicht in Mülltonnen, sondern stiegen aus dem Boden auf. Ihre Existenzen waren unterirdisch und gleichsam dem Leben abgewandt, auf wenige vitale Bedürfnisse wie essen, sich kratzen und dürftig erinnern reduziert. Doch auch ihre wenigen „Auftritte“ waren sehens- und hörenswert.

Es war eine gelungene Inszenierung, die sich durch ästhetische Geschlossenheit und bestem darstellerischen Können auszeichnete. Es ist nicht einfach, die Werke Becketts und das Wort Kurzweil in Zusammenhang zu bringen. Bei dieser Inszenierung konnte man es getrost tun und das, ohne dass dem Werk Gewalt angetan wurde. Was die Botschaft des Abends anbelangt, mit der man als Zuschauer allzu gern das Theater verlässt, sei angemerkt, solange irgendwo, irgendwie noch gespielt wird, vor allem so gut (!), ist das Ende noch nicht da.

Wolf Banitzki

 


Endspiel

von Samuel Beckett
Deutsch von Elmar Tophoven

Mit: Oliver Nägele, Franz Pätzold, Ulrike Willenbacher, Manfred Zapatka

Regie Anne Lenk

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