Besprechungen finden Sie auf den Theaterseiten.

2004 - 2020

  • Kritiken aus 16 Spielzeiten der Münchner Theater stehen weiterhin zur Verfügung. Wie bereits erwähnt, dienen diese der Erinnerung und der Inspiration. Nutzen Sie die Suchfunktion oder den Link zur Seite des Theaters.

 

Fest steht nur, daß nichts feststeht

Trailer "Es ist ein Spiel, nur ein Spiel", mahnt Brotzki. Aber Silberstein fährt ihn an: "Es war noch nie ein Spiel ..."

 

Poesie und Welt

 

 

Spielzeit 2019/20

Angst essen Seele auf Amphitryon  - Am Wiesnrand UA - Der eingebildete Kranke - Der haarige Affe - Der Kaufmann von Venedig - Der Riss durch die Welt - Der starke Stamm - Die drei Musketiere - Die Kränkungen der Menschheit  - Die Räuberinnen - UA Die Verlorenen - Die Wiedervereinigung der beiden Koreas - Drei Schwestern - Frankenstein - Hedda Gabler - Im Dickicht der Städte Kassandra/Prometheus - König Lear Leonce und Lena - Lulu - Mephisto - Nirvanas Last - Ronja Räubertochter - Sommergäste - The Vacuum Cleaner  - Vor Sonnenaufgang - Wer hat meinen Varter umgebracht - Woyzeck - zu unseren füßen, ...

Wiederaufnahmen

Alles Weitere ... - Amsterdam - Das Bildnis des Dorian GrayDas Leben des Vernon Subutex - Der Brandner Kaspar ...  - Der große Gatsby - Der Kontrabass - Der Vater - Die DreigroschenoperDie lächerliche Finsternis - Die PhysikerDr. AliciDrei SchwesternEin SommernachtstraumFarm Fatale - Felix Krull - Glaube Liebe HoffnungHeraklesKurze Interviews mit fiesen Männern - MacbethMacbeth - Mein KampfMelancholia - Nathan der Weise - Romeo und JuliaSchöne Neue Welt - Tiefer SchwebTrommeln in der Nacht - VolponeWarten auf Godot - Yung Faust     

Szenario


 

Um Himmels Willen Chaos

Ein Szenario von C.M.Meier

Eine leere Bühne umgeben von großen weißen Projektionswänden. Ein Mann nach dem anderen tritt auf.

Erster: Das theozentrische Weltbild belegt wie kein anderes die Realtität. In ihm fallen der Ursprung von Geist und Materie und sein Fortbestand ineinander. Sind Eins. Gott. Die Kraft und die aus Himmel und Erde gewonnenen Erkenntnisse bewegen den Geist. Aktion, Reaktion und .... bedingen einander. Doch alles entstammt einem und ist ... er und als solcher sie.

Zweiter: Die Geschichte beginnt mit dem Besitz des Körpers. Eine Hülle haben. Haben. Der Geist und die dichte Seele gefangen um und in Materie. Sein Sein mit dem Haben verbinden. An diesem Punkt beginnt die Geschichte. Erst die Geschichte des Lebens an sich. Dann die Geschichte des Menschen ...

Dritter: ... der wissentliche Umgang mit dem Geist, das Gebären von Gedanken und daraus folgenden Lauten, Worten kennzeichnet ihn. Das Bewusstsein, das zwischen ursprünglichem bloßen Geist und Seele, dem verdichteten gesteuerten Geist sein Wirkungsfeld hat, steuert die Materie des Lebendigen. Der Geist entwickelt das Bewusstsein in seinem Sinn. Gottes Sinn.

Alle gemeinsam: Es ist seine Kraft die ihren Stoff lenkt. Feld des Traumes. Um ihn, um das Leben zu erkennen, darf man es nicht zerlegen. Zerlegt man es, entfällt die Erkenntnis. Das Mögliche wird Unmöglich. Das Unmögliche entzieht sich der Wahrnehmung.

Alle sprechen gleichzeitig weiter. Sie gehen jeder für sich deklamierend auf und ab, im Kreis, an die Rampe und schauen in den Zuschauerraum, treten an die weiße Rückwand.Durch den Mittelgang des Zuschauerraumes kommt ein Mann. Er betritt über die Treppe die Bühne. In der Hand hält er ein dickes Bündel Manuskriptblätter. Stille.

Theologe: Wenn wir nicht glauben, dass der Glaube uns zu Gott führt, so werden wir über die dunkelsten Pfade wandeln und den Heimsuchungen der Seele ausgesetzt sein. Nur der Glaube des Gläubigen verwandelt die Wege ins Paradies der Tage. Lasst uns gemeinsam der Finsternis abschwören und ... das Licht Gottes suchen. Lasst uns die Herzen öffnen ... und Gott einlassen. Der Glaube ...

Alle sprechen gleichzeitig. Sie gehen deklamierend auf und ab, sprechen einander direkt an oder wenden sich an den Rücken, eine Seite des anderen, schauen in den Zuschauerraum, treten an die weiße Rückwand.Durch den Mittelgang des Zuschauerraumes kommt eine Frau. Sie betritt über die Treppe die Bühne. In der Hand hält sie ein dickes Bündel Manuskriptblätter. Stille.

Consult: Die Beratung der zu Beratenden, diese wichtigste Dienstleistung, steht im Mittelpunkt der Wissenschaft. Die beratende Wissenschaft rückt immer mehr ins Zentrum der Aufmerksamkeit, wird zentrales Anliegen und gewinnt als solche geradezu stündlich an Bedeutung. Dies hat man sichstets vor Augen zu halten um die wahre Tragweite zu erkennen. Wir wissen. Wir wissen was wir wissen und vermitteln dies auf breiter Ebene. Im Dienst der Wissenschaft und der Allgemeinheit ... wir wissen Rat …

Alle sprechen gleichzeitig. Sie gehen deklamierend auf und ab, sprechen einander direkt an oder wenden sich an den Rücken, eine Seite des anderen, schauen in den Zuschauerraum, treten an die weiße Rückwand.Durch den Mittelgang des Zuschauerraumes kommt eine Frau. Sie betritt über die Treppe die Bühne. In der Hand hält sie ein dickes Bündel Manuskriptblätter. Stille.

Ernährungsberaterin: Gesunde Ernährung ist lebenswichtig. Nahrungsmittelpräferenzen können ernährungspsychologisch gesehen zu gestörtem Essverhalten, also falscher Zuwendung an den Körper, der dies gewissermaßen als Belohnung für Leistung erfährt, und also darüber hinaus zu Intoleranzen führen. Vor allem die Süß-Theorie, bei der das bakterielle Gleichgewicht kippt und die reinen unbakteriellen Industrieprodukte gegen die alternative biologische ... ja natürliche Lebensmittel sind ...

Alle sprechen gleichzeitig. Sie gehen deklamierend auf und ab, sprechen einander direkt an oder wenden sich an den Rücken, eine Seite des anderen, schauen in den Zuschauerraum, treten an die weiße Rückwand.Die drei Männer, Denker und Wissenschaftler, schauen einander an, nicken einverständlich und verlassen hintereinander die Bühne über die Treppe. Sie nehmen im Zuschauerraum Platz. Durch den Mittelgang des Zuschauerraumes kommt ein Mann. Er betritt über die Treppe die Bühne. In der Hand hält er ein dickes Bündel Manuskriptblätter. Stille.

Anlagenberater: „Durch ein Vermögen ist das Vermögen des Menschen am einfachsten zu kompensieren.“, schrieb C.M.Meier zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Ein überzeugenderes Argument für die Anhäufung von virtueller Materie kann es kaum geben. Lassen sich mich ihnen alle Möglichkeiten dafür aufzeigen und wir werden aus den unzähligen Konzepten das ausschließlich für sie passende finden, den Plan für ihren Reichtum . Die pauschale Individualanlage bringt die niedrigsten Renditen verbunden mit dem höchsten Risiko. Plus Minus gesehen ist es ein Glücksfall mit Null auszusteigen, wenn man die anfallende Steuer gegenrechnet.

Alle sprechen gleichzeitig. Sie gehen deklamierend auf und ab, sprechen einander direkt an oder wenden sich an den Rücken, eine Seite des anderen, schauen in den Zuschauerraum, treten an die weiße Rückwand.Durch den Mittelgang des Zuschauerraumes kommt eine Frau. Sie betritt über die Treppe die Bühne. In der Hand hält sie ein dickes Bündel Manuskriptblätter. Stille.

Lebensberaterin: Das Leben lebt sich selbst. Wenn sie diesen Satz begriffen haben, werden alle Probleme von ihnen abfallen und sie können ihren Träumen nachgehen. Damit es dazu kommen kann, wollen wir nun ihre augenblicklichen Schwierigkeiten näher betrachten und einen Plan für die Lösung erarbeiten. Sie sind unglücklich, ängstlich und fürchten ...

Alle sprechen gleichzeitig. Sie gehen deklamierend auf und ab, sprechen einander direkt an oder wenden sich an den Rücken, eine Seite des anderen, schauen in den Zuschauerraum, treten an die weiße Rückwand.Durch den Mittelgang des Zuschauerraumes kommt ein Mann. Er betritt über die Treppe die Bühne. In der Hand hält er ein dickes Bündel Manuskriptblätter. Stille.

Psychologe: Unsere Kommunikation hat die Aufgabe sich mit dem Kern eines menschlichen Problems auseinanderzusetzen, dieses also folglich zu zerlegen und neu zu strukturieren, um durch eine Lösung den alten Konflikt aufzuheben und in einen neuen überzuführen, welchem man sich in eben erklärter erprobter Weise nähert um eben diese neue Schwierigkeit erneut auf die erprobte Weise ... schon Siegmund Sinn bemerkte: „Beschäftigungstherapeutisch gesehen ist der permanente Krisenzustand als begrüßenswert anzusehen. Nur diesem Umstand verdanken wir volle dienstvolle Beschäftigung und stetiges Wachstum. Auf dieses krisenorientierteWachstum kann eine Gemeinschaft bauen und das Bruttosinnkrisenprodukt wird Rekordhöhen erreichen.“

Alle sprechen gleichzeitig. Sie gehen deklamierend auf und ab, sprechen einander direkt an oder wenden sich an den Rücken, eine Seite des anderen, schauen in den Zuschauerraum, treten an die weiße Rückwand.Durch den Mittelgang des Zuschauerraumes kommt eine Frau. Sie betritt über die Treppe die Bühne. In der Hand hält sie ein dickes Bündel Manuskriptblätter. Stille.

Steuerberaterin: Die Absetzbarkeit des bedingt prozentual Absetzbaren wird bei der Einschreibung in die Abschreibungstabelle berücksichtigt. Die sich daraus ergebene Minderung der Schuld, welche der Steuerzahler zu entrichten sich verpflichtet hat, wird dann anerkannt, wenn darüber hinaus die Zuständigkeit geklärt ist. Weitergehende Modelle der Geltendmachung von Aufwänden zur Betreibung des Betriebes ...

Alle sprechen gleichzeitig. Sie gehen deklamierend auf und ab, sprechen einander direkt an oder wenden sich an den Rücken, eine Seite des anderen, schauen in den Zuschauerraum, treten an die weiße Rückwand.Durch den Mittelgang des Zuschauerraumes kommt ein Mann. Er betritt über die Treppe die Bühne. In der Hand hält er ein dickes Bündel Manuskriptblätter. Stille. Absolute Stille.

Guru: „ Der ganze Mensch ist ein vollkommen Unvollkommener.“, diesen weisen Satz des alten großen Acharya wollen wir in uns aufnehmen. In der anschließenden Meditation werden wir ihn zum Schwingen bringen, um dadurch die Wirklichkeit zu erreichen, den Zustand absoluter Glückseligkeit der dem heilen Menschen entspricht. Erst wenn alle Gedanken ausgelöscht sind, die Programme in unseren Körperzellen verschwunden, dann entsteht die Weite des Seins. In ihr aufzugehen, gemeinsam aufzugehen, ist das höchste Ziel. Es nimmt Millionen Jahre, oder eine Sekunde Zeit vorweg.

Alle sprechen gleichzeitig. Sie gehen deklamierend auf und ab, sprechen einander direkt an oder wenden sich an den Rücken, eine Seite des anderen, schauen in den Zuschauerraum, treten an die weiße Rückwand.Durch den Mittelgang des Zuschauerraumes kommt eine Frau. Sie betritt über die Treppe die Bühne. In der Hand hält sie ein dickes Bündel Manuskriptblätter. Stille.

Verbraucherberaterin: Der zunehmende Wettbewerb und die Globalisierung bringen es mit sich, dass die Palette der Waren und Dienstleistungen immer umfangreicher wird. Dies führt unter anderem dazu, dass der einzelne Verbraucher mit immer mehr Informationen zu den Produkten überflutet wird und deshalb die Wegweiser von immer größer werdender Wichtigkeit sind. Wir, die Berater der Verbraucherzentralen haben ein Netzwerk geschaffen, das dem Dschungel der Waren gegenübersteht, in dem alle Erzeugnisse erfasst und Aufklärung über diese an die Öffentlichkeit gelangt. Wir beraten die Konsumenten, umfassend sachlich kompetent unparteiisch.

Alle sprechen gleichzeitig. Sie gehen deklamierend auf und ab, sprechen einander direkt an oder wenden sich an den Rücken, eine Seite des anderen, schauen in den Zuschauerraum...Durch den Mittelgang des Zuschauerraumes kommt ein Mann. Er betritt über die Treppe die Bühne. In der Hand hält er ein dickes Bündel Manuskriptblätter. Stille.

Karrierecoach: Die Motivation. Die Motivation und das Ziel stehen im Vordergrund. Ihnen folgen wir – der Coachee und ich der Coach. Permanent auf Augenhöhe reflektieren wir, überprüfen wir und korrigieren notfalls die Vorgangsweise um immer das Ziel vor Augen zu haben und den direkten Weg dahin zu steuern. Das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren und auf dem Weg dahin alle Probleme zu bewältigen ist die Aufgabe. Eine wichtige Aufgabe. Wir sind dran. Wir sind gemeinsam dran. Wir sind ein Team. Wir sind ... erfolgreich!

Ein Bühnenarbeiter erscheint und übergibt dem Mann ein Mikrophon. Der Mann spricht in das Mikrophon und auf der Rückwand erscheint Text.

Ich mache sie kompatibel, führe ihre Kräfte dem System zu., dass sie knechtet und ihnen als Lohn Urlaub verspricht. Urlaub, der einen Ansatz von Freiheit enthalten könnte, wüssten sie, was Freiheit ist. Sie werden es nie erfahren. Sie werden erfolgreich ... anerkannt ... und reich selbstverständlich reich an Material und Belastung. Sie werden ein Systemproblem zu ihrem persönlichen Problem machen und darin aufgehen. ... .... äääh ... äähh .... äähh was habe ich jetzt gesagt? ... Die Motivation und das Ziel stehen im Vordergrund. ... sie werden reich ... erfolgreich ...

Alle sprechen gleichzeitig. Sie gehen deklamierend auf und ab, sprechen einander direkt an oder wenden sich an den Rücken, eine Seite des anderen, schauen in den Zuschauerraum, treten an die weiße Rückwand.Durch den Mittelgang des Zuschauerraumes kommt ein Mann. Er betritt über die Treppe die Bühne. In der Hand hält er ein dickes Bündel Manuskriptblätter.

Eheberater: Ehe sie sich versehen, sind sie in der Ehe in einer Krise gelandet. Der Alltag zwingt die Eheleute zu zunehmenden Kompromissen. Die freie Entfaltung der Liebe kann nicht mehr stattfinden und die Reibungspunkte des Zusammenlebens konfrontieren die Eheleute mit ihren Grenzen. Da ist guter Rat teuer, hat man sich doch auf lebenslänglich eingelassen. Eine Krise beginnt die nächste zu jagen. Hier braucht es fachlichen Rat vom erfahrenen FachberaterIn, der ebenso wie sie alle Tücken kennt und ihnen einige Schritte voraus ist ...

Alle sprechen gleichzeitig. Sie gehen deklamierend auf und ab, sprechen einander direkt an oder wenden sich an den Rücken, eine Seite des anderen, schauen in den Zuschauerraum, treten an die weiße Rückwand.Durch den Mittelgang des Zuschauerraumes kommt eine Frau. Sie betritt über die Treppe die Bühne. In der Hand hält sie ein dickes Bündel Manuskriptblätter. Stille.

Stil-und Farbberaterin: Als Expertin für Farben, welche in der international erarbeiteten und anerkannten Farbtabelle angeführt sind, besonders im Bezug auf Haut-, Augen- und Haarfarbe, bin ich in der Lage ihnen die Farben für trendig stylische Kleidung und Lebensgestaltung zu empfehlen. Das mit ihnen zu erarbeiten, was ihre Person optimal zur Geltung bringt. Dadurch ihr individuelles Lebensgefühls im Alltag und zu besonderen Anlässen, auf eben diese Anlässe abfärben lassen. Das ist das absolute an ihrer Einzigartigkeit orientierte Ziel.

Alle sprechen gleichzeitig. Sie gehen deklamierend auf und ab, sprechen einander direkt an oder wenden sich an den Rücken, eine Seite des anderen, schauen in den Zuschauerraum, treten an die weiße Rückwand.Durch den Mittelgang des Zuschauerraumes kommt ein Mann. Er betritt über die Treppe die Bühne. In der Hand hält er ein dickes Bündel Manuskriptblätter. Stille.

Rechtsberater: Das Gebiet der Rechtsberatung ist ein eigenes Gebiet, das mindestens ebenso vielen Paragrafen und Gesetzen folgt, wie das Gebiet der Anfrage. Hier eine Gewichtung der Inhalte vorzunehmen ist nur für den kundigen umfassend zertifizierten Rechtsratgeber im Zuständigkeitsbereich möglich. Entscheidend für die Zulässigkeit und Zuständigkeit des nach wettbewerbsrechtlichen Kriterien ausgewählten Auskunftgebenden ist also die übergeordnete Verwaltungseinheit des Staates und in vielen Bereichen die ... bereits zu eigenen Wissenschaftsbereichen führte.

Alle sprechen gleichzeitig. Sie gehen deklamierend auf und ab, sprechen einander direkt an oder wenden sich an den Rücken, eine Seite des anderen, schauen in den Zuschauerraum, treten an die weiße Rückwand. Er übernimmt vom Karrierecoach das Mikrophon und spricht weiter. Es folgt unmittelbar der Text auf der Leinwand. Durch den Mittelgang des Zuschauerraumes kommt ein Mann. Er betritt über die Treppe die Bühne. In der Hand hält er ein dickes Bündel Manuskriptblätter. Stille.

Lachexperte: ho ho ha ha hi hi (klatscht in die Hände) ho ho ha ha hi hi ... Wir lachen ohne Grund, denn Lachen ist gesund. Ho ho ha ha hi hi ... Wir lachen ohne Grund, denn Lachen ist gesund. (bleibt stehen, klatscht in die Hände, richtet sich an das Publikum und versucht es wie ein Dirigent einzubinden) nun alle ... ho ho ha ha hi hi ho ho ha ha hi hi ... Wir klatschen und jubilieren ... ho ho ha ha hi hi (dahinter ein eingängiger Sound der das Publikum anspricht und auffordert) ... ho ho ha ha hi hi ... Wenn sie diese Übung mehrmals täglich wiederholen, stellt sich beständiges Glücksgefühl ein ... ho ho ha ha hi hi ...

Er übernimmt vom Rechtsberater das Mikrophon und spricht weiter. Es folgt unmittelbar der Text - ho ho ha ha hi hi - auf der Leinwand. Durch den Mittelgang des Zuschauerraumes kommt eine Frau. Sie betritt über die Treppe die Bühne. In der Hand hält sie ein dickes Bündel Manuskriptblätter. Stille.

Gesundheitsberaterin: Schon die Möglichkeit eines aufkommenden Schnupfens zeigt, dass in diesem Bereich etwas im Argen liegt. Das Eingreifen eines Fachfrau, einer Fachmannes wird unerlässlich, wenn üble Folgen vermieden werden sollen. Das Gleichgewicht des Körpers zu erhalten ist ein Balanceakt, der volle Aufmerksamkeit erfordert. Der Stoffwechsel, das Immunsystem, der Bewegungsapparat und die inneren Organe sind ständig im Einsatz. Ohne die hilfreiche Unterstützung und umfassende Beratung kann der Körper nicht funktionieren. Schon kleinsten Unpässlichkeiten gilt es vorzubeugen, um größere Schwierigkeiten zu verhindern.

Alle sprechen gleichzeitig. Sie gehen deklamierend auf und ab, sprechen einander direkt an oder wenden sich an den Rücken, eine Seite des anderen, schauen in den Zuschauerraum, treten an die weiße Rückwand.Durch den Mittelgang des Zuschauerraumes kommt ein Mann. Er betritt über die Treppe die Bühne. In der Hand hält er ein dickes Bündel Manuskriptblätter. Stille.

Versicherungsberater: Wie ich bereits sagte: Ich versichere ihnen alles. Seien sie sicher, dass die gesamte Unsicherheit damit aus der Welt geschaffen ist. Alle Werte sind durch einen angemessenen Gegenwert gedeckt. Wir berechnen großzügig und es gibt nichts, das wir nicht versichern. Wenn ich ihr Risiko kleinrechne und die Quote hochsetze ... was ist ihr Leben dann noch Wert? Geldwert ist es auf eine Summe gebracht, die, stünde sie ihnen zur Verfügung, sie umgehend vieler Sorgen enthebt. Haben sie das schon in Betracht gezogen? Nein. Sie auf diese Gesetzmäßigkeit hinzuweisen, dazu sind wir da. Wir sind die Nummer Eins.

Alle sprechen gleichzeitig. Sie gehen deklamierend auf und ab, sprechen einander direkt an oder wenden sich an den Rücken, eine Seite des anderen, schauen in den Zuschauerraum, treten an die weiße Rückwand. Stille.Durch den Mittelgang des Zuschauerraumes kommt eine Frau. Sie betritt über die Treppe die Bühne. In der Hand hält sie ein dickes Bündel gebrauchter Kaffeefilter. Sie bleibt an der Treppe stehen und setzt sich auf die oberste Stufe und schüttet einen Filter nach dem andern auf die Treppe.

Orakel: Was kann eine Versicherung nützen, wenn des Schicksals Pfeile fliegen ... Wer hoch steigt, fällt tief ... Jeder Anfang hat ein Ende ... Der Weg ist das Ziel ... Wo ein Oben, da ein Unten ... Glück im Unglück ... Manches schießt über das Ziel hinaus ... Lügen haben kurze Beine ... Man muss den Rat feiern wie er fällt ... Der hat die Weisheit mit Löffeln gegessen ... Wer Scherz ausgibt, muss Scherz einnehmen ... Der Apfel fällt vom Birnbaum ... Wer glaubt wird selig ... Gleich und Gleich gesellt sich gern ... Guter Rat ist teuer ... Der Markt löst die Probleme ...

Das Orakel erhält das Mikrophon. Sie spricht hinein. Das letzte Zitat erscheinen auf der Rückwand.

Der Markt löst die Probleme.

Der Schriftzug zerfällt, die Buchstaben purzeln über die Fläche zu Boden. Ein Windstoß wirbelt die Blätter aus den Händen der Sprechenden und verteilt diese über die Bühne. Die Gesichter erstarren und die Münder ebenfalls. Stille. Sie bücken sich und suchen nach ihren Blättern, heben auf, legen zurück, heben auf, behalten das eine und andere in der Hand. Einige kriechen, andere bewegen sich auf allen Vieren, einer sitzt und wackelt mit dem Kopf. Die Blätter sind über die Bühne verteilt. Es raschelt, wenn sich die Sprecher wie in Zeitlupe bewegen. Die drei Denker stehen im Publikum auf und gehen über die Mitteltreppe auf die Bühne, bleiben an der Rampe stehen. Stille. Grelles helles Flirren erscheint auf den Projektionswänden.

Ende.


 2011

Kolumne


 

Momentaufnahme

Zukunft gibt es keine mehr, Gegenwart findet kaum statt, weil alle am Gestern sich auf- und abarbeiten. Die jahrhundertealten Theaterstücke werden wieder und wieder auf die Spielpläne gesetzt, mal von einer Ihr, mal von einem Ihm zerpflückt und/oder vermischt mit scheinbar passenden Texten anderer Anerkannter. Zelebriert als Gefühlspsycho-Variation oder als bloße Struktur eines Themas und mit Versatzstücken einer persönlichen Ansicht gefüllt, gelten sie als zeitgemäß.

Das Design in der Kunst feiert sich selbst. Regietheater, keinesfalls mehr als sich Selbst inszenierende Bezugnahme mittels der sich der Regisseur über den Dramatiker stellt, statt dessen Werk zu achten und es in dieser Zeit auf die Bühne zu bringen. Ein eigenes Werk zu verfassen, liegt nicht in seinem Vermögen und das Verprassen von geistig intellektuellem Gut auf unterhaltsamer Ebene ist schon fast ein Geschäftsmodell in einer Welt, die aus purer Geschäftigkeit besteht, daraus ihre Existenzberechtigung ableitet. All dies wird unter den Namen der längst verstorbenen Theaterklassiker feilgeboten, die doch nur noch für Besucherquote sorgen müssen in einem partiell großzügig subventionierten Kulturbetrieb für die Bildung von Einbildung. Diese wiederum umfassend technisch aktivierte Einbildung wird durch den neuen, aus der Werbung abgeleiteten Trend der Immersion, gleich einem ideologischen Lifestyle-Programm, weitergeführt. Als wäre es eine neue Kunstrichtung und dabei ist es doch nur ein künstlicher Hype, bei dem windschlüpfrig im Mainstream der Überbetonung von scheinbar neuer liberaler Form gehuldigt wird. Der auf vielen Ebenen beschäftigte Zuschauer erfährt die Übertragung von Mustern verschiedenster Art. Beeindruckbar durch die Szenen geschleust, gibt er sich unmittelbar der Manipulation preis. Von Aufklärung, der klassischen Theateraufgabe, entfernt sich dieser Art-Aktionismus immer weiter.

Bedeutet das - in die Irre abgedriftet - oder ist es doch nur der natürliche Prozess vom Werden ins Vergehen, der sich offenbart. Und am klassischen Theater vergingen sich einige, wohl um auch seine Sterblichkeit zu demonstrieren. Ist das das Ende? Nein. Es wird wieder werden … und dann wird man hoffentlich häufiger ihre Namen lesen auf den Spielplänen der Gegenwart

 ... Christoph Nußbaumeder, Antonio Fian, Moritz Rinke, Marius von Mayenburg, Sarah Kane, Neil Simon, Ingrid Lausund, Nino Haratischwilli, Robert Woelfl, Maxi Obexer, Iwan Wyrypajew, Dejan Dukowski, Petra Wintersteller, Tine Rahel Völcker, Simon Stephens, Ewald Palmetshofer, Ferdinand Schmalz, Neil LaBute, Roland Schimmelpfennig, Werner Schwab, Tom Stoppard, Theresia Walser, Wolfgang Sréter, John Osborne, Igor Bauernsima, Matthieu Delaporte, Jordi Galceran, Lukas Bärfuss, Wallace Shawn, Peter Weiss, Wolfgang Bauer, Harald Sommer, Wladimir Sorokin, Éric-Emmanuel Schmitt, Franz Xaver Kroetz, Felix Mitterer, Lutz Hübner, Gabriel Barylli, Dario Fo, Frankca Rame, Jon Fosse, Michael Frayn, David Hare, Sam Shepard, Peter Turrini, Tony Kushner, Alan Ayckbourn, Fernandeo Arrabal, Thomas Brasch, Frank Sporkmann, Luigi Pirandello, Peter Shaffer, Francisco Nieva, Alfonso Sastre, Woody Allen, Thomas Bernhard, Bernard-Marie Koltès, Terence Rattigan, Miguel Mihura, Edward Albee, Max Frisch, Friedrich Dürrenmat, Jack Rosenthal, Georges Schehadé, Jean Anouilh, Tankred Dorst, Rolf Hochhuth, Arthur Miller, Heiner Müller, George Tabori, Heinar Kipphardt, Helmut Baierl, Peter Hacks, Volker Braun, Hartmut Lange, Thornton Wilder, Antonin Artaud, Samuel Beckett, Wolfgang Borchert, Jean Genet, Eugène Ionesco, Eugene O’Neill, Harold Pinter, Tennessee Williams, William Butler Yeats, Bertolt Brecht, Ernst Toller, Elias Canetti, Hans Weigel, Rene Schikele, Federico Garcia Lorca, Jean-Paul Sartre, Albert Camus

womit das Theater vom „Theater“ befreit wird und im Theater wieder mehr Platz für Theater geschaffen wäre …

 

C.M.Meier


August 2017

Kolumne


 

Hauptsache

Es ist die Zeit für eine neue Kolumne. Ich sitze, ich notiere, ich sammle. Und als ich dann das Material sichte, stelle ich fest, dass ich zu all dem aktuell Angebotenen bereits Stellung genommen, mich geäußert hatte. Nichts, aber auch gar nichts Neues war auf den Bühnen, und rund um diese herum, passiert. Und nun laufe ich durch die Stadt, traurig, fassungslos … Liegt es an mir, meiner kleinen Weltsicht oder ist die Szene tatsächlich festgefahren und die alten Helden lassen sich immer noch feiern für ihre alten Einfälle, die längst alltäglich geworden sind zu Gepflogenheiten. Entmachtet die alten Helden! Entmachtet die in die Jahre gekommenen Helden um ihre Bilder und Akte von den Bühnen zu fegen, sie der Vergangenheit zu übergeben. Immer dieselben Namen, immer dieselben Sichtweisen, immer dieselben Muster.


Nun, es geht wohl weiter … weiter wie gewohnt, denn die Gewohnheit ist es, die immer und überall, Sekunde für Sekunde, das Geschehen dominiert. Die Gewohnheit, die beginnt wenn man morgens die Bettdecke zurückschlägt, den Fuß auf den Boden setzt, im Bad nach der Zahnbürste greift und später den Kaffee in die Maschine füllt. Es ist die Gewohnheit - die durch stete Wiederholung selbstverständlich, alltäglich gewordene Handlung – die durch den Tag führt und die immer wieder auf dieselbe Weise wahrnehmen lässt. Was unterschiede nun einen Theatermacher von all den anderen Mitmenschen in ihren Gewohnheitsschleifen? In jungen Jahren hegte er/sie aufständische Ansichten gegen die, im Marsch der Gewohnheiten, vor sich Hindämmernden. Sie mischen die Gedankenwelt der gewohnten Gepflogenheiten auf und öffnen Türen, gehen neue Wege. Sie lärmen und verrücken Stühle, sie zerstören Vorstellungen und ersetzen diese durch andere, aus denen auch irgendwann wiederum Gewohnheiten werden. Diese werden angenommen, zu einem Teil des Gelebten und damit schließt sich ein neuer Kreis. Anhänger und Gegner der Ansichtsweise platzieren sich und dann ist es, als ob der Gedankenaufbruch, die Revolution der Vergangenheit eingeholt, längst Geschichte ist. Bis wieder jemand gegen die Gepflogenheiten aufbegehrt, Worte, Sätze, Verhalten verrückt für eine neue, bessere, andere Welt. Der Spielraum Bühne, eine Erprobungsfläche für Hirngespinste, aber auch für klassische Erfahrungen, sowie gewohnte Geschichte in der Gegenwart, ist der lebendige Spiegel der Gesellschaft in ihren Gewohnheiten. Woran haben wir uns gewöhnt? Hauptsächlich an Selbstbespiegelung, und der Kreis naiver Egozentrik wird Sekunde für Sekunde enger. Längst fehlen Luft und Freiraum zwischen den glänzenden Flächen. Auch an ein formlos anstandsminimiertes Miteinander gewöhnte man, an die zur Schaustellung von Gefühlen als Maß allen Seins gewöhnte man, an Reduzierung auf naturgemäße Vorgaben gewöhnte man, an Meinungen und Textmengen anstelle von differenzierten Erkenntnissen gewöhnte man, an das Aufbrechen von Regeln und Strukturen zur umfassenden Beliebigkeit in populistischer Lautstärke gewöhnte man, an Orientierungslosigkeit auf der Suche nach sogenannter Freiheit gewöhnte man. Doch wahrhaben will man dies keinesfalls, so klammert man sich an die Gewohnheiten auf der simplen Ebene der täglich begrenzteren Möglichkeiten. Am Gipfel der Einfallslosigkeit werden klassiche Helden umdesignt mit modernen Worten, um schließlich wie Zombies durch die Zeit zu geistern. Hype in oder her, wenn es zur Leerstelle wird, füllt bestenfalls, bestenfalls Langeweile die letzten verbleibenden aktiven Partikel aus denen Gegenwelten hätten entstehen könnten und damit lebendiges Spiel um den Sinn und die Erscheinungen des Lebens. Wann  was  wie  wo  wer  warum

warum
rawum
muraw
wamur
rumaw
maruw
wumar
rawum
warum

C.M.Meier


August 2018

Kolumne


 

... oder ...

Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.“ Ludwig Wittgenstein

Und das Schweigen ist es auch, das sich ausbreitet um das Geschehen auf den Bühnen der Theater und das Theater in der Gesellschaft. Das Schweigen über das Ende des Dialoges, der auf einzigartig konstruktive Weise zu einer besonderen Entwicklung führte. Der Dialog – die Entwicklung eines Gedankens in Form von Rede und Gegenrede – der verschiedene Standpunkte zu einem Austausch und einer Quintessenz vereinte.
Die Entstehung und Entwicklung von Kultur, von Demokratie und die Übereinkunft zwischen unterschiedlichen Weltanschauungen basiert auf dem Dialog. Die Fähigkeit ihn zu nutzen, will gepflegt werden. Die Kunst des Schauspiels führte ihn vor Augen und kultivierte ihn. Was im Heute bleibt ist das Schweigen, das Schweigen über seinen Untergang.
Abgelöst wurde der Dialog durch Wortgemenge. So wie die Formlosigkeit allseits die traditionellen Formen ablöste, so löste die Vermischung, der in der Sprache enthaltenen Formmöglichkeiten wie Prosa, Poesie und Dramatik, in einfache Wortfolgen diese ab. Polemik und Dorftratsch nehmen die Ebene des einstmals frei gestalteten  Denkens ein und liegen wie ein dichter Schleier in und über den Köpfen. Was bleibt ist das Schweigen, das Schweigen und die Traurigkeit über den Verlust kultureller und intellektueller Vielfalt.
Auf den Bühnen stehen sie neuzeitlich und zwitschern durcheinander wie die Vögel im Schwarm, einfach drauflos und Einfachtext. Aber dafür werden gewaltige Textmengen bewältigt, zur Vergewaltigung von traditioneller Sprache und Kultur. Die Haltung stets lässig privat, denn auch diese hat die Gepflogenheiten des Stils der Vergangenheit übergeben. So als fände Individualität besonders über Unmanier ihren einzigartigen Ausdruck. Denn die bequeme Eigenartigkeit ist es, der allzeit und überhaupt modisch einheitlich gehuldigt wird.
Jeder für sich und doch nur der Versuch von Eigenheit in einer gemischten Gemengelage einer Massengesellschaft. Vom Verbindenden der Kultur gelöst, bleibt nur noch das Verbindende der Natur. Der Natur, zu welcher der ursprüngliche Bezug längst verloren ging. Wie im Reagenzglas praktiziert man ersatzweise das Zelebrieren von Befindlichkeiten des Individuums. Diese lösten die innere Einzigartigkeit ab, die bewahrte Individualität. Das Theater der Antike versteckte sie hinter der Maske und die humanistische Kultur ließ sie in Stil und Form auftreten. Heute wabert es im Zwischenraum des Schwarms und steuert emotional, wie die bloße Natur es vorsieht, alle und eins durch von Empathie geschwängerte Luft im Lautgemenge. Was bleibt ist das Schweigen, das Schweigen über den Lärm des Geschnatters von Massen.

„Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.“,  schrieb Ludwig Wittgenstein an das Ende seines Werkes. Dieses Ende steht auch für den Anfang einer neuen Welt

Passt. Perfekt. Super.


Eine Theaterkritik? Wozu denn das? Wenn ich die Ankündigung der Performancemit dem Auge gescannt habe, danach zwei Stunden bespaßt wurde und diskursiv einbezogen in ein multimediales Event, warum sollte ich dann noch einen spezifischen Text lesen in dem eine wissenschaftlich gebildete und künstlerisch dominierte Meinung festgehalten ist? Reflektion! Was bringt das? Die Show ist vorbei und auf meinem Smartphone sind mittlerweile fünfzig Messages eingegangen, die ebenfalls gescannt werden wollen. Das mit dem Nachdenken hat sich im Wohlfühlhimmel sowieso aufgehört. Schnee von gestern. Auf der Rückfahrt von der Location muss ich noch schnell die Raumtemperatur zuhause checken und außerdem kontrollieren, ob der Sekt im Kühlschrank die optimale Temperatur hat. Passt. Perfekt. Super. Und am nächsten Morgen geht es ins nächste Meeting, Powerpoint-Präsentation. Die mittlerweile gut trainierte Scanfunktion meiner Augen erfasst das Wichtige und speichert den Text in einen grauen Zell-Ordner. Welchen? Egal. Alle stehen unter Strom. Auf dem Smartphone sind mittlerweile fünfzig Bids eingegangen, die ebenfalls gecheckt werden wollen. Der Terminplan muss upgedatet werden und die Mittagessen-App aktiviert. Dazwischen ein Blick auf die Site mit den Theaterkritiken … Was steht da? … „Publikum war begeistert“. A ja, der empathische Applaus und die Buuh-Rufe für die Akteure – die feiern sich jetzt im Socialmedia (wie ich gecheckt habe) - am Ende der unterhaltenden Betrachtung bevor die Leute den Raum verließen. Eine dringende geschäftliche Mail und das Bild des Abends verschwindet hinter der zusätzlichen neuen Meldung des Kühlschranks, dass Sekt und Butter nachgeliefert werden müssen. In den drei Minuten meines Ausflugs ins Gestern sind mittlerweile fünf weitere Messages auf meinem Smartphone eingegangen, die ebenfalls gecheckt werden wollen. Es ist wie die Warenbewegung, die im Laufen gehalten werden muss. Die Logistik fordert Aktivität, damit alles in Butter ist - der Powerpoint. Auch Kunst wird an diesem Abend wieder konsumiert. Wir treffen uns um Acht. Passt. Perfekt. Super.

 

C.M.Meier

 


August/September 2016
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